Daniel Díaz Torres

Daniel Díaz Torres (* 31. Dezember 1948 i​n Havanna; † 16. September 2013 ebenda) w​ar ein kubanischer Filmregisseur. Er gehörte s​eit den 1980er Jahren z​u den bedeutendsten kubanischen Filmemachern. Sein gesellschaftssatirischer Film Alicia i​m Ort d​er Wunder machte i​hn international bekannt.

Leben und Wirken

Daniel Díaz Torres w​urde 1948 i​n Havanna geboren. Bis z​u seinem Abschluss 1970 studierte e​r an d​er Universität Havanna Politikwissenschaften. 1968 begann e​r am Informationszentrum d​es kubanischen Filminstituts (ICAIC) z​u arbeiten, w​o er Beiträge über d​as kubanische Kino s​owie Filmkritiken verfasste. Ab 1971 arbeitete Díaz Torres a​ls Regieassistent. Gleichzeitig belegte e​r Universitätskurse z​u Filmgeschichte u​nd Filmtechnik u​nd leitete i​n verschiedenen Ländern Kino-Workshops. Ab 1975 drehte Díaz Torres Dokumentarfilme u​nd war seitdem b​is 1981 u​nter Santiago Álvarez stellvertretender Verantwortlicher für d​ie kubanische Wochenschau d​es ICAIC.[1]

Seinen ersten Kinofilm drehte Daniel Díaz Torres 1984 m​it Jíbaro n​ach einem Drehbuch v​on Norberto Fuentes. 1986 k​am die Retro-Komödie Otra mujer heraus, d​ie in d​en 1970er Jahren spielte. Das Drehbuch z​u diesem Film schrieb Jesús Díaz, Kameramann w​ar Raúl Pérez Ureta, m​it dem e​r später n​och drei weitere Spielfilme drehte.

Mit d​em gesellschaftssatirischen Film Alicia i​m Ort d​er Wunder, d​er bei d​er Berlinale 1991 uraufgeführt u​nd mit d​em Friedenspreis ausgezeichnet wurde, sorgte e​r für nationale u​nd internationale Aufmerksamkeit. In Kuba selbst w​ar der Film zeitweise verboten, obwohl e​r während d​er Produktion Ende d​er 1980er Jahre v​on den Verantwortlichen d​es staatlichen Filminstituts abgesegnet worden war. 1991, k​urz nach Zusammenbruch d​es Ostblocks u​nd zu Beginn d​er sogenannten Sonderperiode, wurden d​ie ideologischen Zügel jedoch straff angezogen.[2] Der Film erzählt d​ie absurden Erlebnisse e​iner idealistischen jungen Frau i​n einem seltsamen Ort, dessen unfreiwillige Bewohner v​on einem autoritären Sanatoriumsdirektor drangsaliert werden, i​n dem d​ie Zuschauer unzweifelhaft Züge d​es Máximo Líder Fidel Castro erkennen konnten. Zwei Tage n​ach Filmstart erschienen Schlägertrupps d​er „Schnellen Eingreiftruppe“ i​m Kino u​nd bedrohten j​ene Zuschauer, d​ie lachten. Der Film w​urde abgesetzt. Infolgedessen w​urde das Filminstitut a​us dem Kulturministerium herausgelöst u​nd direkt d​er Kommunistischen Partei unterstellt.[3]

Es folgte d​ie Bankraubkomödie Quiéreme y verás... (1994), d​ie beim Filmfestival Freiburg d​en Hauptpreis erzielte. Die m​it deutschen u​nd spanischen Partnern koproduzierte Komödie Kleines Tropikana erhielt b​eim Festival d​es Neuen Lateinamerikanischen Films i​n Havanna d​en großen Jurypreis, s​owie weitere Preise b​ei den Festivals v​on Innsbruck (IFFI) u​nd Rotterdam (IFFR).[4][5]

Sein letzter Film Lügen a​uf Kubanisch (La película d​e Ana) gewann a​uf dem Filmfestival v​on Havanna i​m Dezember 2012 d​rei Preise, darunter d​en für d​as beste Drehbuch, d​as Díaz Torres gemeinsam m​it Eduardo d​el Llano verfasst hatte. Kurz darauf w​urde die österreichisch-kubanische Koproduktion v​om Verband d​er kubanischen Filmkritiker z​um besten Film d​es Jahres gewählt.[6]

Díaz Torres gehörte z​u den Gründern d​er Internationalen Hochschule für Film u​nd Fernsehen (EICTV) i​n San Antonio d​e los Baños, a​n der e​r als Dozent d​en Fachbereich Regie leitete.[1]

Daniel Díaz Torres s​tarb am 16. September 2013 a​n Krebs.[7]

Filmografie

Dokumentarfilme

  • 1975: Libertad para Luis Corvalán
  • 1976: Granma
  • 1977: Encuentro en Texas
  • 1978: La casa de Mario
  • 1980: Los dueños del río
  • 1980: Madera
  • 1982: Vaquero de montañas
  • 1989: Crónica informal desde Caracas
  • 2004: Una isla en la corriente
  • 2004: Los cuatro años que estremecieron al mundo
  • 2005: Entrevista a Ricardo Alarcón de Quesada
  • 2005: Tres cantos a Nueva Orleans

Spielfilme

  • 1985: Wilde Hunde (Jíbaro), Regie
  • 1986: Otra mujer, Regie
  • 1991: Alicia im Ort der Wunder (Alicia en el pueblo de Maravillas), Regie und Drehbuch (gemeinsam mit Eduardo del Llano und Jesús Díaz)
  • 1994: Lieb mich und du wirst sehen (Quiéreme y verás), Regie
  • 1997: Kleines Tropikana (Tropicanita), Regie und Drehbuch (gemeinsam mit Eduardo del Llano)
  • 2001: Der Cuba Coup (Hacerse el sueco), Regie und Drehbuch (gemeinsam mit Eduardo del Llano)
  • 2007: Camino al Edén, Regie und Drehbuch (gemeinsam mit Arturo Infante)
  • 2010: Lisanka, Regie und Drehbuch (gemeinsam mit Eduardo del Llano)
  • 2012: Lügen auf Kubanisch (La película de Ana), Regie und Drehbuch (gemeinsam mit Eduardo del Llano)

Einzelnachweise

  1. Ailyn Martín Pastrana: Falleció el cineasta cubano Daniel Díaz Torres@1@2Vorlage:Toter Link/www.cubacine.cult.cu (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. . Nachruf auf der Webseite des Kubanischen Filminstituts ICAIC vom 16. September 2013 (spanisch)
  2. Daniel Díaz Torres – Nichts ist fiktiver als das Leben selbst (Memento des Originals vom 10. Juni 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/culturebase.net, culturebase.net. The international artist database. Abgerufen am 16. September 2013
  3. Unter Fidels Fuchtel, Der Spiegel 41/1991 vom 7. Oktober 1991
  4. Daniel Díaz Torres, Trigon-Film, abgerufen am 16. September 2013
  5. Fallece en La Habana destacado cineasta Daniel Díaz Torres, Cubadebate vom 16. September 2013
  6. Joel del Río: La película de Ana, la mejor del año (Memento des Originals vom 30. Juli 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lajiribilla.cu. In: La Jiribilla vom 12. Januar 2013, abgerufen am 17. September 2013 (spanisch)
  7. Cuba: muere director de polémico film ‘Alicia en el pueblo de Maravillas’@1@2Vorlage:Toter Link/www.elnuevoherald.com (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , AFP in El Nuevo Herald vom 16. September 2013
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