Dammbruch
Bei einem Dammbruch oder Deichbruch wird ein Damm beziehungsweise ein Deich durch Wasser oder Schlammmassen, etwa bei Sedimentationsanlagen, beschädigt oder zerstört. Charakteristisch ist, dass eine kleine undichte Stelle sich rasant vergrößert, immer mehr Wasser oder Schlamm über den Damm oder Deich strömt und ihn weiter zerstört. Dabei kommt es zu einer Kettenreaktion.
Beschreibung
Es handelt sich um das Versagen eines Dammes beziehungsweise eines Deiches. Dies ist ein Problem des Wasserbaus. Die ungenaue Bezeichnung bedeutet nicht, dass etwas zerbricht. Vielmehr bahnt sich ein Dammbruch in der Regel dadurch an, dass das Erdreich entweder durch zu hohen hydrostatischen Druck oder durch innere Schäden so weit aufgeweicht wird, dass es die Schubspannungen nicht mehr übertragen kann und horizontal weggedrückt wird. Auch bei Erdbeben kann durch Bodenverflüssigung ein Damm brechen.
Schutzmaßnahmen
Droht ein Damm zu brechen, versucht man ihn mit Steinplatten oder Textilmaterial zu verstärken. In akuten Fällen wird die Landseite mit Sandsäcken verstärkt. Eine weitere Maßnahme ist das Beschweren durch das Aufschütten mit Erdreich.
Gefährdungen
Einige Tiere wie die Bisamratte, aber auch Biber und Kaninchen, gefährden Dämme, indem sie sie beim Höhlenbau aushöhlen.
Bekannte Dammbrüche
- 18. September 1916 – Talsperre an der Weißen Desse, Böhmen, heute Tschechien
- 1. Dezember 1923 – Gleno-Talsperre bei erster Flutung, technisches Versagen; möglicherweise Anschlag
- 29. Juni 1925 – Dammbruch an der Sheffield-Talsperre, USA, durch Erdbeben
- 31. Januar 1953 – Sturmflut an der holländischen, britischen und Teilen der belgischen Küste
- 2. Dezember 1959 – Bruch der Barrage de Malpasset, Frankreich, etwa 400 Tote
- 16. Februar 1962 – bei einer großen Sturmflut ging Hamburg-Wilhelmsburg durch Deichbrüche landunter, rund 300 Menschen starben.
- 9. Juli 1987 – Heftige Monsun-Regenfällen waren der Auslöser für den Dammbruch des Amaravada-Wasserreservoir im indischen Bundesstaat Telangana. Die Wassermassen rissen eine Eisenbahnbrücke weg, über die gerade ein Zug fuhr; 70 Menschen starben dabei.
- 24. Juli 1997 – Deichbruch in der Ziltendorfer Niederung in Brandenburg während des Oderhochwassers 1997
- 30. Januar 2000 – Der Baia-Mare-Dammbruch in Rumänien löste eine Umweltkatastrophe aus.
- 12. August 2002 – Das Rückhaltebecken Glashütte brach während des Elbehochwassers im August 2002
- 30. August 2005 – Der Hurrikan Katrina zerstörte nicht den Deich der Stadt New Orleans, die zu großen Teilen unterhalb des Meeresspiegels liegt, aber die Wände von zwei Kanälen aus dem Lake Pontchartrain, so dass die Stadt daraufhin weiträumig überflutet wurde.
- 4. Oktober 2010 – Kolontár-Dammbruch bei Kolontár im Westen Ungarns. 150 Menschen wurden verletzt, 10 starben. 40 Quadratkilometer wurden in Mitleidenschaft gezogen, als rund eine Million Kubikmeter Rotschlamm das Land überschwemmte.
- 5. November 2015 – Dammbruch von Bento Rodrigues, Brasilien: Dämme eines Absetzbeckens einer Eisenerzmine brachen. 16 Menschen starben; 32 Millionen Kubikmeter Schlamm flossen über mehrere Flüsse in Richtung Atlantik.
- 25. Januar 2019 – Beim Dammbruch von Brumadinho brach wiederum der Damm eines Absetzbeckens an einem Eisenerzbergwerk in Brasilien. Hunderte Vermisste.
Prognose und Berechnung von Dammbrüchen
Da das Versagen von Dämmen trotz hoher Sicherheitseinrichtungen niemals absolut ausgeschlossen werden kann, wird die Dammbruchprognose für große Speicher in Europa behördlich gefordert. Dafür stehen derzeit verschiedene Modelle zur Verfügung. Am genauesten wird der komplizierte Prozess des Erosionsbruches mit numerischen Modellen wiedergegeben. Ein Beispiel dafür ist das Modell 2dMb der ETH Zürich. Dieses Programm kann sowohl das Ausfließen (Hydraulik) als auch das Abtragen von Dammmaterial (Erosion) erfassen. Das Ziel solcher Simulationen ist die Ausflussganglinie des Dammbruches. Damit kann der weitere Verlauf der Flutwelle berechnet und somit die Zerstörungskraft eines Dammbruches abgeschätzt werden.[1]
Metapher
Dammbruch wird auch gerne metaphorisch benutzt. Dabei kann von einem Dammbruch gesprochen werden, wenn etwas lange strikt Eingehaltenes ein einziges Mal nicht befolgt wird. Die Sorge ist, dass sich dies danach wiederholen könnte.
Siehe auch
Literatur
- Bernhard Odenwald: Vom Schadensfall am ESK zum MSD 2010. In: Bundesanstalt für Wasserbau (Hrsg.): Aktueller Stand und Herausforderungen der Geotechnik im Verkehrswasserbau. 2009, S. 27–37. hdl.handle.net
- Bundesanstalt für Wasserbau (Hrsg.): BAW Merkblatt Standsicherheit von Dämmen an Bundeswasserstraßen (MSD). Karlsruhe: Bundesanstalt für Wasserbau (BAW-Merkblätter, -Empfehlungen und -Richtlinien), 2011.<hdl.handle.net