Consultatio veteris cuiusdam iurisconsulti
Die sogenannte consultatio veteris cuiusdam iurisconsulti (kurz: consultatio) ist eine mutmaßlich um 450 n. Chr. im weströmischen Gallien[1][2] erschienene[3] Schriftensammlung von Rechtsgutachten und sonstigen Bescheiden von Rechtsgelehrten (Juristenliteratur).[4] Sie überträgt diokletianisches Rechtsgedankengut in die posttheodosianische Rechtswirklichkeit. Zugeordnet wird das Werk dem nachklassischen Recht.
Aufgrund der großen historischen Bedeutung des kurz zuvor im Jahr 438 n. Chr. entstandenen Codex Theodosianus werden diverse in der Folge entstandene Werke, wie die Constitutiones Sirmondianae, die leges novellae oder auch die consultatio zur sogenannten posttheodosianischen Rechtsliteratur gezählt. Ein neues Zeitalter für das römische Rechtswesen eröffneten dann die iustinianischen Rechtskompilationen.
Der französische Kirchenreformer und Heilige Ivo von Chartres soll die Sammlung im 11./12. Jahrhundert verwendet haben.[4] Dem vielen als Begründer einer historischen Schule des römischen Rechts – nicht zu verwechseln mit der Historischen Rechtsschule des 19. Jahrhunderts – geltende französische Experte Jacques Cujas gelangte um 1563 an eine Handschrift der Sammlung, die er unter dem Titel veteris cuiusdam iurisconsulti consultatio herausgab.[4] Mit der Veröffentlichung klärte er auf, dass die Schriften viele angemerkte Gesetzesstellen und Rechtshinweise aufwiesen, die sich auf aktuell schwebende Verfahren bezogen und Bedeutung auch für zukünftige Gerichtsverfahren haben sollten. Wer die Verfasser der an Advokaten (causidici) gerichteten Bescheide waren und welchen Rechtsschulen sie zugehörig waren, ist bis heute ungewiss. Allein die in der Sammlung angeführten Belege sind nachgewiesen und entstammen den diokletianischen Kodizes Gregorianus und Hermogenianus beziehungsweise den daraus abgeleiteten und zunehmenden Ansprüchen der Rechtssimplifizierung dienenden Florilegien der pseudopaulinischen Sentenzen.[4]
Literatur
- Gustav Ernst Heimbach: Die Consultatio veteris cuiusdam iurisconsulti, Leipziger Repetitorium 3, 1843, S. 154.
- Paul Krueger (Hrsg.), Theodor Mommsen (Bearb.): Consultatio veteris cuiusdam iurisconsulti codices gregorianus et hermogenianus alia minora. Berolini: Weidmann, 1890. (Hochschule Berlin).
Anmerkungen
- Gesichert ist, dass Gallien mit Narbonne (Colonia Narbo Martius) und Lyon (Lugdunum ) zwei juristische Kulturzentren besaß; vgl. zu Narbonne: Sidonius Apollinaris, Leo und Marcellinus in Carmina 23, Einleitung, Text und Kommentar von Norbert Delhey. Berlin 1993 (Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte 40), S. 446 ff. und 465 ff; zu Lyon: Sidonius Apollinaris, Philomathius in Epistulae 1, 3 und 5, 17, 2 und 7.
- Eine andere Auffassung vertritt Franz Wieacker, der in einem Otto Lenel gewidmeten Aufsatz auf Rom verweist.
- Detlef Liebs: Die Jurisprudenz im spätantiken Italien (260-640 n.Chr.) (= Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen. Neue Folge, Band 8). Duncker & Humblot, Berlin 1987, S. 175 f.
- Martin Schanz, Carl Hosius: Geschichte der römischen Literatur. Vierter Teil, 2. Band: Die Literatur des fünften und sechsten Jahrhunderts. C. H. Beck, München 1920, ISBN 3-406-01398-8, S. 175.