Claude Grandjean
Claude Grandjean (* 7. September 1943 in Granges) ist ein Schweizer Politiker (SP) und Staatsrat des Kantons Freiburg.
Leben
Claude Grandjean ist der Sohn des Lehrers Marcel Grandjean und der Germaine geb. Sallin. Claude Grandjean verbrachte seine Jugend in Granges.
1962 legte er am Kollegium St. Michael die Handelsmatura ab und schrieb sich an der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg ein, um insbesondere Geschichte zu studieren. So befasste er sich mit den Manuskripten des Generals Henri Dufour. Er unterrichtete in der Orientierungsschule des Vivisbachbezirks (Handelsfächer, Geschichte, Französisch, Staatskunde).
Von 1978 bis 1991 war er Generalrat in Châtel-Saint-Denis. 1991/92 war er während kurzer Zeit als Gemeinderat dieser Stadt für den Schulbereich verantwortlich. Von 1986 bis 1996 war er sozialdemokratischer Abgeordneter des Vivisbachbezirks im Grossen Rat. Mit Erfolg bekämpfte er 1987 das Projekt eines eidgenössischen Sportzentrums in Muntelier. Er kandidierte 1991 für die Kantonsregierung und 1995 für den Nationalrat und wurde 1996 in den Staatsrat gewählt, in dem er zehn Jahre tätig war. Er leitete die Justiz-, Polizei und Militärdirektion, die 2002 zur Sicherheits- und Justizdirektion wurde. Unter seiner Leitung wurde die erste kantonale Stelle für Mediation im Jugendstrafrecht eingerichtet. Er reorganisierte das Amt für Strassenverkehr und Schifffahrt, das einen autonomen Status erhielt; zwei Zweigstellen wurden in Domdidier und Vuadens eröffnet. Er schuf eine Fachstelle für die Integration der Migranten und für Rassismusprävention. Auf seine Anregung machte die bürgernahe Polizei ihre ersten Schritte, während die Gendarmerie in drei regionalen Einsatzzentren organisiert war. Darüber hinaus restrukturierte er das Zivilstandswesen und die Friedensrichterämter.
Dem Grossen Rat unterbreitete Claude Grandjean folgende Gesetze: Handelspolizei (1997), ein einziges kantonales Handelsregisteramt anstelle der alten Bezirksregister (2000), Ausübung des Handels (2005), Spielapparate und Spielsalons (Teilrevision 2006), Justizrat (2006), Konkordat über den Vollzug der Freiheitsstrafen und Massnahmen an Erwachsenen und jungen Erwachsenen in den Kantonen der lateinischen Schweiz (2006) und öffentliche Gaststätten (Teilrevision 2006).
Unter seiner Direktion wurde eine neue Haftanstalt für vorzeitigen Strafvollzug in Bellechasse und eine Sporthalle geplant, deren Eröffnung im August 2010 stattfand.
Im Militärbereich präsentierte Claude Grandjean 2005 das neue Stationierungskonzept der Armee. Zwar wurde der Automobilpark in Romont geschlossen, doch die Westschweizer Konzentration auf das Infrastruktur-Center Grolley ermöglichte die Erhaltung der dortigen Arbeitsplätze. Grandjean engagierte sich sehr für dieses Dossier und erreichte, dass Grolley zu einem der wichtigsten Logistik-Centers der Schweiz wurde.
Mehrere Affären, welche die Justiz und die Polizei betreffen, wurden in seinen beiden Amtszeiten öffentlich bekannt. 2000 präsentierte er die Schlussfolgerungen der Untersuchung zweier kantonsexterner Experten über die schweren Missstände in der Strafjustiz zwischen 1988 und 1998. Darin war die Rede von untolerierbaren Verspätungen, Machtmissbrauch der Polizei, Missbräuchen in der Untersuchungshaft, direkten Kontakten zwischen Untersuchungsrichtern und Informanten, Vorgängen, welche die Unabhängigkeit der Untersuchungsrichter gefährden, und illegalen Ermittlungen im Ausland. Die Experten schlugen Massnahmen vor, um die Arbeit der Untersuchungsrichter und der Justizpolizei zu verbessern.
Claude Grandjean sah sich 2001 mit einer schwierigen Situation konfrontiert, als die Asylbewerber massiv zunahmen und Sans-Papiers die Kirche St. Paul und die Kunsthalle Fri-Art in Freiburg besetzten. Zwischen dem Staatsrat und einigen SP-Grossräten kam es zu Spannungen, und seine Partei forderte die Regelung der Situation jener Sans-Papiers, die gewissen Kriterien entsprechen und deren Anliegen sich rechtfertigen lässt. Der Justiz- und Polizeidirektor bemühte sich, die Fälle menschlich zu behandeln, und erreichte zahlreiche positive Entscheide in diesem Bereich, indem er bei den Bundesbehörden intervenierte, um bestimmten Sans-Papiers zu einem geregelten Leben zu verhelfen. Die Geschehnisse wirkten sich auf politischer Ebene aus: Claude Grandjean wurde am 11. November 2001 glanzvoll wiedergewählt, und die Sozialdemokraten verloren sechs Sitze im Grossen Rat.
Ein weiterer Fall war die «Affäre Grossrieder», so genannt nach dem Leiter der Freiburger Drogenbrigade, der im März 1998 verhaftet wurde. Grandjean war von der Bundesanwältin Carla Del Ponte auf die Sache aufmerksam gemacht worden. Schliesslich wurde der Polizeioffizier vom Bezirksgericht Saane freigesprochen (4. Juli 2000), doch vom Staatsrat «aus berechtigten Gründen» entlassen (23. November 2000). Nach seinen Beschwerden vor Gericht musste ihm der Staat Entschädigungen in Höhe von ca. 330'000 Franken entrichten.
Im November 2000 richtete der Personalverband der Sicherheitspolizei ein Schreiben an den Polizeidirektor, um die Verschlechterung der Beziehungen zwischen der Polizei und ihren Vorgesetzten Claude Grandjean und Pierre Nidegger anzuprangern. Ein Gutachten über die Funktionsweise der Sicherheitspolizei kam zum Schluss, dass es zwar keine schweren Missstände, doch eine Anhäufung interner Probleme aufgrund mangelnder Kommunikation gab. Rund 40 Vorschläge wurden der Polizeidirektion unterbreitet. 2001 erhielt die Polizei einen Kodex der Standespflichten, der verschiedene Aspekte umfasst, wie Dienst für die Gemeinschaft, Respekt vor Personen, Gehorsam, Integrität und Unparteilichkeit, würdiges Verhalten, Berufsgeheimnis und Loyalitätspflicht.
2001 und 2006 präsidierte Claude Grandjean den Staatsrat. Von 1988 bis 1996 war er Mitglied des Verwaltungsrats der Freiburger Kantonalbank. In seiner Abschiedsrede hob der Grossratspräsident die Rechtschaffenheit und Sensibilität des scheidenden Staatsrats hervor.
Nach seinem Rücktritt präsidiert er die kantonale Kommission für Jugendliche mit Schwierigkeiten bei der beruflichen Eingliederung und erteilt ausländischen Personen Französischunterricht im Rahmen der vom Freiburgischen Roten Kreuz organisierten ehrenamtlichen Aktivitäten. Zudem ist er Präsident des Freiburger Kammerorchesters.
Privates
Grandjean ist seit 1968 mit Danielle Sulmoni verheiratet. Das Paar hat drei Kinder.
Literatur
- Georges Andrey, Hubertus von Gemmingen (Übersetzung): Der Freiburger Staatsrat: 1848–2011; Geschichte, Organisation, Mitglieder. Hrsg.: John Clerc, Jean-Pierre Dorand, Nicholas Gex. Paulus, Freiburg 2012, ISBN 978-3-7228-0815-4.