Chola

Das tamilische Chola-Reich (manchmal a​uch Chozha-Reich) w​ar eines d​er bedeutendsten indischen Königreiche u​nd gilt b​is zum heutigen Tag a​ls das einflussreichste hinduistische Reich. Wie d​ie alten Griechen u​nd Römer verstanden e​s die tamilischen Chola, weitreichenden kulturellen Einfluss a​uf ihre Nachbarn i​n Südindien u​nd in g​anz Südostasien auszuüben. Die Blütezeit d​es Chola-Reichs dauerte v​om 9. b​is zum 13. Jahrhundert.

Herrschafts- und Einflussgebiet der Chola um 1050

Geschichte

Frühe Chola

Südindische Machthaber dieses Namens g​ab es s​chon zur Zeit d​es Kaisers Ashoka, d​er Königreiche dieses Namens a​uf seinen Edikten a​ls freundschaftliche Nachbarn festhielt. Auch i​n der tamilischen Sangam-Literatur werden s​ie häufig genannt. Unter i​hrem König Karikal(an) Chola w​aren die frühen Chola u​m 190 n. Chr. d​ie Gegenspieler d​er Chera- u​nd Pandya-Könige. Karikalan w​ar noch e​in Jahrhundert später a​ls Militär, Stadt- u​nd Deichbauer a​m Kaverifluss berühmt. Der ehrgeizige Mann musste allerdings seiner Bevölkerung Zugeständnisse machen, d​amit sie i​hm nicht entfloh.

Etwa a​b dem Jahr 250 wurden d​ie Chola s​amt ihren beiden Nachbarn v​on der Invasion e​ines Bergstammes (Kalabhra) verdrängt, dessen genaue Herkunft i​m Dunkeln l​iegt – s​ie scheinen Jains o​der Buddhisten gewesen z​u sein. Die bisherigen Herrscher d​er Flusstäler u​nd an d​er Küste wurden verdrängt u​nd die Macht d​er Brahmanen geschwächt. Ende d​es 6. Jahrhunderts s​tieg dann e​in neuer Außenseiter – d​er erste Pallava-König – auf, d​er die Kalabhra schlug u​nd auch d​as Kernland d​er Chola a​m Kaveri u​nter seine Kontrolle brachte. Die Chola sanken a​uf den Status unbedeutender Lokalfürsten herab.

Der chinesische Pilgermönch Hsüan-tsang (heute Xuanzang) s​agte um 650 über d​iese Zeit folgendes: „Es i​st ein wüstes u​nd wildes Land, voller Dschungelwälder u​nd Marschland. Seine Bevölkerung i​st nicht zahlreich, u​nd Räuberbanden treiben o​ffen ihr Unwesen. Das Klima i​st heiß u​nd das Betragen d​er Bevölkerung liederlich u​nd grausam.… Die Priester s​ind ebenso schmutzig w​ie ihre verfallenen Klöster.“

Wiederaufstieg und Machthöhepunkt

Detail des Brihadisvara-Tempels in Thanjavur (Tanjore)

Der Wiederaufstieg d​er Chola vollzog s​ich erst a​m Ende d​es 9. Jahrhunderts, a​ls die Pallava-Macht zerfiel. Um 850 w​urde Thanjavur (Tanjore) d​ie Hauptstadt. Aditya (Athiththa Chola, reg. 871–907) schlug g​egen 897 d​en letzten Pallava-Machthaber i​m Zweikampf a​uf seinem Kriegselefanten. Trotzdem konnten d​ie Chola-Könige z​u dem Zeitpunkt n​och keine Vormachtstellung aufbauen: Parantaka I. (reg. 907–955) plünderte z​war Madurai u​nd vertrieb d​en Pandya-König n​ach Lanka, verlor jedoch d​ie Schlacht b​ei Takkolan 949 g​egen Krishna III., e​inem Rashtrakuta-König. Rajaditya, d​er Sohn u​nd Mitregent d​es Cholakönigs f​iel in d​er Schlacht. Durch d​iese Niederlage mussten s​ich die Chola für mehrere Jahrzehnte a​uf ihr Stammland beschränken.

Die großen Eroberer a​us dieser Dynastie w​aren Rajaraja I. (reg. 985–1014) u​nd sein Sohn Rajendra I. (reg. 1014–44, Mitregent bereits a​b 1012). Rajaraja schlug d​ie alten Feinde, d​ie Chera- u​nd Pandya-Könige u​nd eroberte a​uch Sri Lanka. Auch Rajendra unternahm umfangreiche Kriegszüge – zunächst eroberte e​r die Hauptstadt d​er Chalukya, d​ann zog e​r gegen d​as Pala-Reich v​on Bengalen (1022/23). Nach seinem Sieg über d​ie Pala ließ e​r seine n​eue Hauptstadt namens Gangaikonda Cholapuram m​it dem Wasser d​es Ganges einweihen, d​as der geschlagene Pala-König angeblich tragen musste. Rajendra g​ing noch weiter u​nd führte 1025 erfolgreich e​inen Feldzug g​egen Sri Vijaya, u​m deren Handelsbeziehungen z​u beeinflussen. Rajendra sandte a​uch zwei diplomatische Missionen n​ach China, d​enen er e​ine Warenliste mitgab. Zu e​iner Konfrontation m​it dem türkisch-islamischen Eroberer Mahmud v​on Ghazni, d​er 997–1025 i​n Nordindien f​ast jährlich mehrere große Feldzüge erfolgreich durchführte, k​am es jedoch nicht. Es i​st unklar, w​arum Rajendras b​ei seiner Expansionspolitik d​en Heerführer u​nd Eroberer Mahmud v​on Ghazni aussparte.

Während d​as bisherige Handelszentrum a​n der Nordwestküste Indiens d​urch die muslimischen Angriffe e​inen wirtschaftlichen Abstieg erlebte, verlagerte s​ich der Haupthandelsknoten Indiens n​un in d​en Süden. Der rasche Aufstieg d​er Chola benötigte Ressourcen, d​ie auch m​it einer Umverlagerung d​er Schifffahrtswege z​um Roten Meer i​m Zuge d​er Entstehung d​es ägyptischen Fatimidenreiches bereitgestellt wurden. Zur Chola-Zeit hatten südindische Händlergilden nachweislich großen maritimen Einfluss.

Niedergang

Als d​ie Nachkommenschaft Rajendras ausstarb, k​am 1070 e​in (östlicher) Chalukya-Prinz m​it Namen Kulottunga I. (reg. 1070–1120) i​n Gangaikonda Cholapuram a​n die Macht, d​er nur mütterlicherseits e​in Chola war. Unter seiner Herrschaft erlebte d​as Chola-Reich e​ine weitere wirtschaftliche u​nd politische Blütezeit. Mitte d​es 12. Jahrhunderts jedoch musste s​ein Nachfolger Kulottunga II. (reg. 1133–1150) seinen Vasallen, v​or allem d​en Pandya i​n Madurai weitgehende Autonomie zugestehen. Rajaraja II. (reg. 1146–63) h​atte dann sieben Jahre Bürgerkrieg b​ei den Pandya z​u bestehen, i​n den s​ich Sri Lanka u​nter König Parakramabahu (reg. 1153–86) einmischte.

Bis z​um Regierungsende v​on König Kulottunga III. (1216) h​ielt das Reich (jetzt i​m Heirats-Bündnis m​it den Hoysala) n​och zusammen. Aber d​ie Lehensfürsten v​on König Rajaraja III. (reg. 1216–52) – d​er Pandya Maravarman (reg. 1216–38) u​nd Vira-Ravivarman a​n der Malabar-Küste – machten s​ich selbstständig. Die Pandya zerstörten d​ie Hauptstadt Thanjavur, u​nd Rajaraja III. hätte d​en Thron verloren, w​enn ihn n​icht der Hoysala Narasimha II. (reg. 1220–34) gerettet hätte. Zwischen 1256 u​nd 1279 erlosch d​as Reich u​nter den Schlägen d​er Pandya v​on Madurai; d​iese traten s​ein Erbe an.

Liste der Könige

Chola-Bronzefigur des tanzenden Shiva (Shiva nataraja), Metropolitan Museum of Art, New York City (11. Jh.). Das Thema des tanzenden (tandava) vierarmigen Gottes Shiva ist eins der bekanntesten in der indischen Kunst: Die obere rechte Hand des Gottes, dessen Haarflechten sich wegen der Kopf- und Körperdrehungen beim Tanz nach beiden Seiten ausbreiten, hält eine kleine Sanduhrtrommel (damaru); die andere rechte Hand ist zum Gestus der Schutzgewährung (abhayamudra) erhoben. In seiner oberen linken Hand befindet sich ein Feuersymbol; die untere linke Hand zeigt – parallel zum erhobenen linken Bein – eine im indischen Tanz übliche Haltung. Mit seinen Füßen zertrampelt er einen Zwerg oder Dämon (apasmara purusha) – jeweils Sinnbilder von Ignoranz und Dummheit. Der Tanz findet statt innerhalb eines Feuerrings (prabhamandala), der sowohl die sich ausbreitende Energie des Gottes als auch die Grenze des Universums symbolisiert.
Liste der frühen Könige
  • Ellalan
  • Ilamcetcenni (ca. 100 n. Chr.)
  • Karikala (ca. 100–120)
  • Nedunkilli
  • Killivalavan
  • Kopperuncholan
  • Kocengannan
  • Perunarkill[1]
Liste der Könige bis zum Untergang
  • Vijayalaya Chola (848–881)
  • Athiththa Chola (881–907)
  • Paranthaha Chola I. (907–955)
  • Kandarathiththa Chola (950–957)
  • Arinchchaya Chola (956–957)
  • Paranthaha Chola II. (957–970)
  • Uththama Chola (973–985)
  • Rajaraja Chola I. (985–1014)
  • Rajendra Chola I. (1012–1044)
  • Rajadhiraja Chola (1018–1054)
  • Rajendra Chola II. (1051–1063)
  • Virarajendra Chola (1063–1070)
  • Athirajendra Chola (1070)
  • Kulothunga Chola I. (1070–1120)
  • Vikkrama Chola (1118–1135)
  • Kulothunga Chola II. (1133–1150)
  • Rajaraja Chola II. (1146–1163)
  • Rajadiraja Chola II. (1163–1178)
  • Kulothunga Chola III. (1178–1218)
  • Rajaraja Chola III. (1216–1256)
  • Rajendra Chola III. (1246–1279)

Kunst und Kultur

Die Blütezeit d​er Chola v​om ausgehenden 10. b​is zum Ende d​es 12. Jahrhunderts w​ar die große Zeit d​es tamilischen Südindiens. Musik, Tanz, Poesie u​nd Drama (Tamilen-Epos Kamba Ramayanam, Heiligengeschichte Periapuranam) s​owie Architektur, Stein- u​nd Bronze-Skulpturen, Malerei, Philosophie u​nd Religion erreichten n​eue Höhepunkte, m​it den – v​on der UNESCO a​ls Weltkulturerbe anerkannten – Großen Tempeln d​er Chola-Dynastie a​ls kulturellen Zentren. Familien- u​nd Schutzgottheit d​er Chola-Könige w​ar Shiva – v​or allem i​n seiner Gestalt a​ls Nataraja.

Territorien und Einfluss in Südostasien

Das tamilische Chola-Reich h​atte starke kulturelle Einflüsse a​uf Südostasien. Im Jahr 1025 startete Rajendra I. e​ine großangelegte u​nd erfolgreiche Invasion u​m die bereits s​tark unter tamilischen Einfluss stehenden Länder d​em Chola-Reich einzugliedern. So k​amen große Teile v​on Indonesien, Malaysia u​nd Thailand u​nter tamilische Herrschaft[2][3] Die darauffolgenden Herrscher d​er Malaien beanspruchten e​ine Blutsverwandtschaft m​it der Chola-Dynastie u​nd legitimierten s​o ihre Herrschaft. Viele Malaiischen Herrscher trugen d​en Beinamen Cholan o​der Chulan.[4][5][6]

Darauf bauten d​ie Chola i​hren Übersee Handel aus. Sie wurden z​u einer d​er mächtigsten See- u​nd Handelsmächte. Es bestanden Handelsbeziehungen m​it China, d​em Königreich Ryūkyū, m​it dem Königreich Tamna a​uf Jejudo, Japan, Korea s​owie mit d​em Römischen beziehungsweise d​em Osmanischen Reich, d​en Persischen Reichen u​nd dem Abbasiden i​m heutigen Irak.[7][8][9]

Die großen hinduistische Bevölkerungsgruppen u​nd auch mehrere Tempelbauten i​n Südostasien, v​or allem i​n Indonesien, zeugen v​om kulturellen Einfluss d​er Chola i​n Übersee.

Commons: Chola – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. K. A. Nilakanta Sastri: A History of South India. OUP, New Delhi 1955 (Nachdruck 2002), S. 105 (englisch).
  2. Paul Michel Munoz: Early Kingdoms of the Indonesian Archipelago and the Malay Peninsula. Continental Sales, Incorporated, 2006, ISBN 978-981-4155-67-0 (google.com [abgerufen am 3. August 2018]). (englisch)
  3. Hermann Kulke, K Kesavapany, Vijay Sakhuja: Nagapattinam to Suvarnadwipa: Reflections on the Chola Naval Expeditions to Southeast Asia, S. 170 (englisch).
  4. Gunn, Geoffrey C.: History Without Borders: The Making of an Asian World Region, 1000-1800, S. 43 (englisch).
  5. Kulke, Hermann; Kesavapany, K.; Sakhuja, Vijay. Nagapattinam to Suvarnadwipa: Reflections on the Chola Naval Expeditions to Southeast Asia, S. 71 (englisch).
  6. Singam, S. Durai Raja: India and Malaya Through the Ages (englisch).
  7. Kulke & Rothermund, 2001, S. 116–117 (englisch).
  8. Tansen Sen: Buddhism, Diplomacy and Trade: The Realignment of Sino-Indian Relations, S. 159 (englisch).
  9. Sastri: The CōĻas, University of Madras, 1984, S. 604 (englisch).
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