Charles Martin Loeffler
Charles Martin Loeffler, nach dem Pseudonym seines Vaters auch Charles Martin Tornov Loeffler (* 30. Januar 1861 als Karl Martin Loeffler in Schöneberg bei Berlin; † 19. Mai 1935 in Medfield (Massachusetts)) war ein deutschstämmiger US-amerikanischer Komponist, Geiger und Bratscher.
Leben
Loeffler wurde, wie seine Biografin Ellen Knight nachwies, als Sohn Berliner Eltern in Schöneberg bei Berlin geboren. Während seiner Kindheit zog die Familie mit dem Vater, einem Ingenieur und (unter dem Namen Tornow) Schriftsteller vielfach in Europa um, unter den Aufenthaltsorten befinden sich Paris, das Elsass, der Ort Smila im russischen Gouvernement Kiew sowie Ungarn und die Schweiz. Der Vater wurde im preußischen Staat wegen seiner republikanischen Gesinnung inhaftiert und offenbar auch gefoltert, als Loeffler 12 Jahre alt war. Kurz vor seiner Entlassung starb der Vater in Haft. So entstand bereits in dem Jugendlichen eine Abneigung gegen seine deutsche Herkunft. Loeffler wandte sich stark der französischen Kultur und Sprache zu und behauptete später, in Mülhausen im Elsass geboren zu sein, was in nahezu alle Musiklexika übernommen wurde. Die Fachpresse attestierte ihm zu Lebzeiten gar ein typisch elsässisches Temperament.
Loeffler, der neunjährig in der Ukraine mit dem Violinspiel begonnen hatte, entschied sich mit 13 Jahren für eine Karriere als Musiker. Er studierte Violine in Berlin bei Joseph Joachim sowie Komposition bei Friedrich Kiel und Woldemar Bargiel, anschließend bei Lambert Joseph Massart (Violine) und Ernest Guiraud (Komposition) in Paris. Er spielte zunächst in einigen Pariser Orchestern, emigrierte dann aber im Juni 1881 in die USA, wo er Mitglied des Orchesters von Leopold Damrosch in New York City und schließlich des Boston Symphony Orchestra wurde, wo er 1882 bis 1903 Zweiter Konzertmeister war. Er trat zunächst als Violinkomponist in Erscheinung, indem er mit seinem Orchester 1891 eine Suite Les Vieilles du Ukraine uraufführte. Später wurden seine Werke regelmäßig vom Boston Symphony Orchestra sowie von anderen amerikanischen Orchestern gespielt. 1887 wurde Loeffler US-amerikanischer Staatsbürger. 1903 zog er sich aus dem Orchester zurück und arbeitete als freier Komponist, ab 1910 zurückgezogen auf seinem Landsitz in Medfield, Massachusetts. 1908 wurde er in die American Academy of Arts and Letters[1] und 1921 in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. Er pflegte Freundschaft dem Maler John Singer Sargent, den Komponisten Eugène Ysaÿe und George Gershwin sowie Gabriel Fauré und Ferruccio Busoni, die ihm Werke widmeten. Zu seinen Schülern zählt der amerikanische Komponist Francis Judd Cooke. Seinen Nachlass vermachte Loeffler dem Pariser Konservatorium und der Académie Française.
Werk
Loeffler war ein akribischer, selbstkritischer und langsam arbeitender Komponist. Einige seiner Werke (darunter ein Cellokonzert) sind verschollen. Sein musikalischer Stil war vor allem von der zeitgenössischen französischen Musik des fin de siècle (Franck, Chausson, Debussy), aber auch von Anklängen an ukrainische Folklore beeinflusst. Eine gewisse lyrische Eleganz mit impressionistischen Strukturen verbindet sich mit häufig düsteren, schwermütigen Inhalten: Viele der von ihm vertonten Texte entstammen dem Symbolismus, unter den vertonten Autoren befinden sich neben Paul Verlaine und Charles Baudelaire auch Edgar Allan Poe und Walt Whitman.
Loeffler pflegte in seiner Kammermusik häufig ausgefallene Instrumentalbesetzungen, so war er einer der ersten modernen Anhänger der Viola d’amore, die er 1894 für sich entdeckte und für die er mehrere Werke komponierte und arrangierte. Später begeisterte er sich auch für die aufkommende Jazz-Musik und verfasste einige Werke für Jazzband.
Neben einigen Symphonischen Dichtungen hinterließ Loeffler ein breites kammermusikalisches Werk der unterschiedlichsten Besetzungen sowie etwa 40 Liedkompositionen.
Werkauswahl (chronologisch)
- Streichquartett a-moll (1889)
- Les Vieilles de l'Ukraine, Suite für Violine und Orchester (1891)
- Vier Lieder op. 5 (1893, veröff. 1904)
- Neun Lieder mit Bratsche und Klavier, (1893–94, veröff. 1903)
- Streichquintett für drei Violinen, Viola und Violoncello (ca. 1894)
- Oktett für zwei Klarinetten, zwei Violinen, Viola, Violoncello, Kontrabass und Harfe (ca. 1896)
- La Mort de Tintagiles op. 6, Symphonische Dichtung nach Maeterlinck für zwei Viole d'amore und Orchester (1896–7; Fassung von 1901 für eine Viola d'amore und Orchester)
- Three Rhapsodies für Gesang, Klarinette, Bratsche und Klavier (1898), diese bearbeitet als
- Deux Rhapsodies für Oboe, Viola und Klavier (1901)
- La Villanelle du Diable op. 9 für Orchester (1901)
- Psalm 137: By the Waters of Babylon op. 3 für Gesang, zwei Flöten, Harfe, Orgel und Violoncello (1901)
- Ballade carnavalesque für Flöte, Oboe, Saxofon, Fagott und Klavier (1902)
- Poeme paien (d'après Virgile) für 13 Instrumente (1901–02) dieses orchestriert als
- A Pagan Poem (after Virgil) für Orchester mit obligatem Klavier, Englischhorn und drei Trompeten (1907)
- Four Poems op. 15 für Gesang, Viola und Klavier (1905)
- The Passion of Hilarion, Oper in einem Akt (nach William Sharp) (1912–13)
- Music for Four Stringed Instruments für Streichquartett (1917, 1918–20)
- Five Irish Fantasies für Gesang und Orchester (1906–20) auf Texte u. a. von Yeats
- Memories of my Childhood (Life in a Russian Village) für Orchester (1923)
- Clowns, Intermezzo für Jazzband (1928)
- Partita für Violine und Klavier (1930)
- The Lone Prairee, Paraphrase auf zwei Cowboy Songs für Saxofon, Viola d'amore und Klavier (1930)
Literatur
- Ellen Knight, Charles Martin Loeffler: A Life Apart in American Music, University of Illinois Press 1993, ISBN 0-252-01908-3
- Marianne Betz: Loeffler, Charles Martin. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): MGG. Band 11. Bärenreiter Verlag, 2004, Sp. 375–378.
Weblinks
Einzelnachweise
- Members: Charles Martin Loeffler. American Academy of Arts and Letters, abgerufen am 10. April 2019.