Charles Frohman
Charles Frohman (* 17. Juni 1860 in Sandusky, Erie County, Ohio; † 7. Mai 1915 im Atlantischen Ozean vor Irland) war ein US-amerikanischer Theaterdirektor und Produzent.
Herkunft und Werdegang
Charles Frohman kam als sechstes von sieben Kindern eines jüdischen Ehepaares in Sandusky, Ohio zur Welt. Er war der Bruder von Daniel (1851–1940), Gustave (1854–1930), Caryl, Emma, Etta und Rachel. Als Charles 14 war, zogen die Frohmans nach New York City und Charles nahm einen Job als Zeitungsausträger beim New York Graphic an. Später wechselte er zur New York Tribune, wo auch sein Bruder Daniel arbeitete. Ein Jahr später stieg er in das Management der Zeitung ein. Er entwickelte eine Vorliebe für das Theater und arbeitete sich bis zum Produzenten und Eigentümer eines eigenen Theaters hoch. 1880 sicherte er sich die Rechte an dem Stück Shenandoah, der erste Schritt zu weltweitem Ruhm.
Theaterimpresario
Frohman ging an die Börse, gründete 1890 die Charles Frohman Stock Company und zwei Jahre später die Empire Theatre Stock Company. Beides rentierte sich und ebnete seinen Weg zu Wohlstand und Privilegien. 1893 produzierte er seine erste Broadway-Aufführung, Clyde Fitchs Masked Ball mit Frohmans Neuentdeckung Maude Adams. Im Laufe seiner Karriere entdeckte Frohman auf beiden Seiten des Atlantiks Dutzende neuer Schauspieltalente, darunter John Drew, Edna May Oliver, Ethel Barrymore, Marie Tempest, Amelia Herbert, Rita Jolivet und viele andere. Zudem arbeitete er mit Henry Miller, William Gillette und Julia Marlowe. Er kümmerte sich persönlich um das Wohlergehen seiner Schützlinge, verschenkte zuhauf Bücher, Pralinen, Blumen und andere Aufmerksamkeiten. Außerdem suchte er viele Kostüme und Requisiten selbst aus, um sicherzugehen, dass die Stücke hundertprozentig seinen Vorstellungen entsprachen.
1896 gründete Frohman mit seinen Kollegen Al Hayman, Abraham L. Erlanger, Marc Klaw, Samuel F. Nixon und Fred Zimmerman das Theatrical Syndicate, eine Organisation, die das Vertragswesen in der amerikanischen Theaterwelt monopolisieren sollte. Zu seinen erfolgreichsten Stücken zählte James M. Barries Peter Pan im Jahr 1905, wieder mit Maude Adams. Frohman hatte vor allem einen Hang zu Komödien und heiteren Stücken, was in Zeiten groß inszenierter Dramen eine Seltenheit war. Er hatte eine Abneigung gegen die vielen „blutigen, überdramatisierten Stücke“, die Amerika zu dieser Zeit beherrschten. Als die Konkurrenz der Shubert Brothers spürbar wurde, wandte sich Frohman dem europäischen Markt zu und gründete 1910 ein Theater in London, wo er Stars wie George du Maurier entdeckte und mit der Opern-Aktrice Josephine Brandell in Kontakt kam. Bis 1915 hatte Frohman über 700 Shows produziert und beschäftigte mehr als 700 Schauspieler pro Saison. Jedes Jahr im Herbst besuchte er sein Theater in London, um neue Aufführungen auf die Beine zu stellen und neue Talente aufzuspüren.
Frohman war sehr darauf bedacht, sein Privatleben privat zu halten, und zeigte sich nur selten in der Öffentlichkeit. Es gab fast keine Details über den berühmten New Yorker. Er riet seinen Schauspielern oft, es ihm gleichzutun. Gerüchten zufolge hatte er heimlich Maude Adams geheiratet, was aber weder von Adams noch von Frohman selbst je bestätigt wurde. Das Einzige, was man über ihn wusste, war seine Vorliebe für Süßigkeiten.
Unfall
1912 stürzte Frohman, der mit zunehmendem Alter an Arthritis litt, in seinem Haus in White Plains, New York eine Treppe herab und musste fortan am Stock gehen, den er sarkastisch „meine Frau“ nannte. Er hatte große Schmerzen in den Gelenken und konnte sich nur noch mit Mühe selbstständig fortbewegen. Trotz guter ärztlicher Behandlung besserte sich sein Zustand nicht.
Tod
1915 unternahm Frohman seinen jährlichen Trip nach England, unüblicherweise im Frühjahr, um sich Gaby Deslys in James Barries Rosy Rapture: The Pride of the Beauty Chorus am Duke of York Theatre in London anzusehen. Er buchte für sich und seinen Dienstboten William Stainton eine Passage Erster Klasse auf dem Luxusliner Lusitania, der am 1. Mai New York verließ und planmäßig am 8. Mai in Liverpool einlaufen sollte. Frohman wurde von einer großen Schar Bekannter aus der New Yorker Schauspielszene begleitet, wie Justus Forman, Charles Klein oder Rita Jolivet. Auch Frohmans Bekannte Josephine Brandell war an Bord sowie die unter seinem Management stehenden Schauspielerinnen Millie Baker und Amelia Herbert. Frohman belegte die Luxussuite B-75 (Ticket-Nr. 46052), die ein eigenes Badezimmer hatte. William Stainton war in B-61 untergebracht.
Der zunehmend aggressive U-Boot-Krieg und die vielen Warnungen Deutschlands, nicht auf einem britischen Schiff zu reisen, hatten bei vielen ihre Spuren hinterlassen und viele Freunde hatten Frohman geradezu angefleht, nicht mit der Lusitania nach England zu fahren. John Drew telegrafierte kurz vor der Abfahrt an Frohman: „Ich werde dir niemals vergeben, wenn du von einem U-Boot in die Luft gejagt wirst.“ Ein anderer fragte ihn: „Hast du keine Angst vor den U-Booten?“ Frohman antwortete: „Nein, das Einzige, wovor ich Angst habe, sind Schuldscheine.“
An Bord verbrachte er die meiste Zeit in seiner Kabine und arbeitete ununterbrochen an laufenden und neuen Produktionen. Am 4. Mai rief er wegen starker Schmerzen im Bein den Schiffsarzt. Zwei Tage später gab er in seiner Suite eine private Party, die von vielen berühmten Persönlichkeiten frequentiert wurde. Als die Lusitania am 7. Mai die irische Küste passierte, wurde sie von dem deutschen U-Boot U 20 angegriffen und versenkt. Frohman befand sich mit einigen Mitgliedern seiner Entourage an Deck. Er versuchte noch, die Schauspielerin Rita Jolivet zu beruhigen, und gab ihr Tipps, wie sie sich an der Reling festhalten sollte („Als ob er mir nur ganz gewöhnliche Bühnenanweisungen gab“, sagte sie später aus). Er überließ seine Schwimmweste einer Frau und zündete sich eine Zigarre an. Die Gruppe blieb zusammen, bis das Wasser sich über dem Schiff schloss und sie auseinanderriss.
Der gehbehinderte Frohman überlebte den Untergang nicht. Seine letzten Worte zeugten von seinem theatralischen Charakter: To die would be an awfully big adventure. („Sterben wäre ein ungeheuer großes Abenteuer.“ – Zitat aus Peter Pan.) Seine Leiche wurde als #24 identifiziert, nach Amerika überführt und auf dem Union Field Cemetery in Ridgewood, New Jersey beigesetzt. Fälschlicherweise wird auf seinem Grabstein der 16. Juni als Geburtsdatum angegeben.
Literatur
- Isaac F. Marcosson, Daniel Frohman: Charles Frohman: Manager and Man. New York, London: Harper & Bros. 1916
Weblinks
- Biografie von Marcosson bei gutenberg.org
- Charles Frohman in der Internet Broadway Database (englisch)