Carl Marschütz
Carl Marschütz (* 4. September 1863 in Burghaslach; † 19. April 1957 in Los Angeles) war ein deutscher Unternehmer und Pionier der Fahrradindustrie. Er gründete die Hercules-Werke und legte damit den Grundstein für die Nürnberger Zweiradindustrie.
Leben
Carl Marschütz wurde am 4. September 1863 als Sohn eines Lehrers in Burghaslach geboren und ging nach dem Besuch der Realschule in eine Kaufmannslehre in der Eisenwarenhandlung und Kochherdfabrik von Joseph Goldschmidt in Neumarkt in der Oberpfalz.[1][2]
Er entwickelte früh eine Begeisterung für Entwicklung des Velozipeds und erwarb mit 19 Jahren ein englisches Hochrad, das erste Fahrrad in Neumarkt.
Im Jahr 1882 lernte Marschütz den Mechaniker Eduard Pirzer kennen, der in Kleinserie Hochräder aus englischen Einzelteilen fertigte. Dadurch entwickelte Marschütz die Idee, eine eigene Fahrradproduktion aufzubauen. Es gelang ihm, Goldschmidt als Geldgeber zu gewinnen und so wurde am 12. Januar 1884 unter dem Namen „Velozipedfabrik Goldschmidt & Pirzer“ in Neumarkt Deutschlands erste Fahrradfabrik gegründet, aus der später die „Express-Werke AG“ hervorgingen.[3]
Später übernahm Marschütz in Nürnberg eine Filiale mit Reparaturwerkstätte des Betriebs, verließ aber bald das Unternehmen und gründete gemeinsam mit seinen Brüdern Heinrich und Ernst am 5. April 1886 die Firma „Carl Marschütz & Co“, den Ursprung der Hercules-Werke AG.
1898 begann Marschütz, bedingt durch eine vorangegangene Absatzkrise im Fahrradbau, den Bau von elektrischen Lastautomobilen und Lastwagen mit Benzinmotor. Seit dem Jahr 1905 produzierte Marschütz auch Motorräder und gilt damit als Begründer der Nürnberger Motorradindustrie.
Nach dem Ersten Weltkrieg baute er die Motorradproduktion im Unternehmen weiter aus, während die Herstellung von Nutzfahrzeugen im Jahr 1926 eingestellt wurde.
Da Carl Marschütz Jude war, wurde sein unternehmerisches Wirken im Jahr 1938 durch die „Arisierung“ der Nationalsozialisten beendet. Die Gebrüder Marschütz waren gezwungen, ihre Aktien am Unternehmen weit unter Wert zu verkaufen und wanderten daraufhin in die USA aus.[4] Von diesen Ereignissen berichtet Hilde Marshall, die Schwiegertochter von Carl Marschütz, als Zeitzeuge im Nürnberger Videoarchiv.[5]
Am 19. April 1957 verstarb Marschütz in Los Angeles. Auf seinen Wunsch hin wurde seine Urne im neuen jüdischen Friedhof in Nürnberg beigesetzt.[6]
Ehrungen
In Nürnberg wurde die Carl-Marschütz-Straße nach dem Unternehmer benannt, die sich in der Nähe des ehemaligen Hercules-Werksgeländes befindet.
Literatur
- Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß: Marschütz, Carl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-00197-4, S. 258 (Digitalisat).
Weblinks
- Nürnberger Fahrradgeschichte von Peter Ullein
- Im neuen Mesusa dreht sich alles um Hercules auf Nordbayern.de
Einzelnachweise
- Deutsche Biographie: Marschütz, Carl - Deutsche Biographie. Abgerufen am 20. Januar 2021.
- Express-IG: Historie der Express-Werke. Abgerufen am 20. Januar 2021.
- Carl Marschütz und die Hercules Werke. Abgerufen am 20. Januar 2021.
- Pressemitteilung: 125 Jahre Zweiradgeschichte: Von Carl Marschütz bis SFM. 28. April 2011, abgerufen am 20. Januar 2021.
- Nürnberger Videoarchiv der Erinnerung - Hilde Marshall. Abgerufen am 22. Januar 2021.
- HERCULES - Interessengemeinschaft e.V.: Hercules - Über hundert Jahre für zwei Räder. Abgerufen am 20. Januar 2021.