Carl Friedrich Naumann
Carl Friedrich Naumann (* 30. Mai 1797 in Dresden; † 26. November 1873 ebenda) war ein deutscher Geologe und Kristallograph. Durch die Entdeckung der Gletscherschliffe auf den Porphyrkuppen der Hohburger Berge hat er den Beweis für die pleistozäne fennoskandische Inlandvereisung erbracht.
Leben und Wirken
Der älteste Sohn des Komponisten Johann Gottlieb Naumann studierte von 1816 bis 1820 an der Bergakademie Freiberg sowie in Jena und Leipzig. Im Anschluss an eine mehrjährige Reise nach Norwegen wurde er 1823 zum Doktor der Philosophie promoviert (entspricht heute dem Dr. rer. nat.) und habilitierte sich in Jena. 1824 erhielt er eine außerordentliche Professur in Leipzig. Er war der Vater des Musikers Ernst Naumann.
Als Nachfolger von Carl Amandus Kühn wechselte er 1826 nach Freiberg und lehrte Kristallographie und ab 1835 auch Geologie. Zu diesem Zeitpunkt übernahm Naumann gemeinsam mit Bernhard von Cotta die Bearbeitung der Geognostischen Karte von Sachsen. Im Jahre 1842 nahm er eine Berufung auf die neu geschaffene Professur an die Universität Leipzig an und lehrte dort Mineralogie und Geologie.
Im Frühjahr des Jahres 1844 entdeckte er in den Hohburger Bergen auf dem anstehenden Porphyr "Fels-Schliffe".[1] Für ihre Erklärung hat er zunächst nur die damaligen Lehrmeinungen einer "petridelaunischen Geröllflut" von Nils Gabriel Sefström[2][3] sowie die Drifttheorie von Charles Lyell zitiert. Nach der eingehenden Untersuchung[4] kam er aber zur Schlussfolgerung, dass nur ein Gletscher diese Schliffmale erzeugt haben konnte. Durch den schweizerischen Geologen Adolphe von Morlot wurden sie als nur mit den Gletscherschliffen in den Alpen vergleichbar bestätigt.[5] Damit war der untrügliche Beweis für die einstmalige Vergletscherung des Gebiets und die bereits im Jahr 1832 von Albrecht Reinhard Bernhardi[6] abgeleitete Inlandvergletscherung erbracht. Der Einfluss der Autoritäten verhinderte aber die Anerkennung um weitere 30 Jahre.
Im Jahr 1866 wurde er zum Bergrat ernannt. Nach seiner Emeritierung im Jahre 1870 kehrte er in seine Heimatstadt Dresden zurück. Im gleichen Jahr wehrte er sich gegen die falsche Deutung aller Felsschliffe in den Hohburger Bergen als Windschliffe durch Albert Heim.[7] Die Publikation eines weiteren Versuchs, der Inlandeistheorie zum Durchbruch zu verhelfen, konnte erst posthum erscheinen.[8] Der Ruhm des Entdeckers blieb ihm verwehrt, den erntete wenig später Otto Martin Torell nach seinem denkwürdigen Vortrag im Jahre 1875.[9]
Siehe auch:
Er war mit Emma Amalie Demiani verheiratet, einer Schwester des Künstlers Carl Theodor Demiani, der von 1855 bis zu seinem Tod 1869 bei ihnen lebte.[10]
Ehrungen und Mitgliedschaften
- 1845 wurde das Mineral Naumannit nach ihm benannt.
- 1868 wurde er mit der Wollaston Medal der Geological Society of London ausgezeichnet.
- 1935 wurde der Mondkrater Naumann nach ihm benannt.
- 1844 wurde er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und 1859 zum auswärtigen Mitglied ernannt.
- 1846 wurde er korrespondierendes Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Zudem wurde er im gleichen Jahr, dem Gründungsjahr der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, als ordentliches Mitglied in diese Gesellschaft aufgenommen.[11]
- 1851 wurde er zum Ehrenmitglied des Nassauischen Vereins für Naturkunde ernannt.
- 1853 wurde er zum auswärtigen Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.[12]
- 1857 Wahl zum korrespondierenden Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg.
- 1857 war er Mitglied der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte.[13]
- 1863 Wahl zum Mitglied der Leopoldina[14]
- 1870 Aufnahme als korrespondierendes Mitglied in die Académie des sciences.[15]
- 1873 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.
Schriften
- Versuch einer Gesteinslehre, 1824
- Entwurf einer Lithurgik der ökonomischen Mineralogie, 1828
- Grundriss der Kristallographie, 2 Bde., 1830
- Lehrbuch der reinen und angewandten Kristallographie, 2 Bde., 1830
- Beiträge zur Kenntnis Norwegens, 2 Bde., 1834
- Geognostische Spezialkarte des Königreiches Sachsen, 1835–43 (12 Sektionen)
- Anfangsgründe der Kristallographie, 1841 u. 1854
- Elemente der Mineralogie, 1846 (12 Auflagen bis 1885)
- Lehrbuch der Geognosie, 1850–1872 2/3 Bde. (2 Auflagen)
- Geognostische Beschreibung des Kohlenbassins von Flöha in Sachsen, 1865
- Geognostische Karte des Erzgebirgischen Bassins, 1866 (2 Sektionen)
- Geognostische Karte der Umgebung von Hainichen, 1871
Literatur
- Wilhelm von Gümbel: Naumann, Carl Friedrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 23, Duncker & Humblot, Leipzig 1886, S. 316–319.
- Hans-Werner Schütt: Naumann, Carl Friedrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 18, Duncker & Humblot, Berlin 1997, ISBN 3-428-00199-0, S. 765 (Digitalisat).
- C. Schiffner: Aus dem Leben alter Freiberger Bergstudenten. E. Maukisch, Freiberg 1935, S. 30f.
Weblinks
- Literatur von und über Carl Friedrich Naumann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Übersicht der Lehrveranstaltungen von Carl Friedrich Naumann an der Universität Leipzig (Sommersemester 1825 bis Sommersemester 1870)
- Carl Friedrich Naumann im Professorenkatalog der Universität Leipzig
- Literatur von und über Carl Friedrich Naumann in der Sächsischen Bibliografie
Einzelnachweise
- Carl Friedrich Naumann: Fels-Schliffe an Porphyr-Hügeln bei Kollmen. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefaktenkunde. Jahrgang 1844, Stuttgart 1844. S. 557–558, 561–562.
- Nils Gabriel Sefström: Ueber die Spuren einer sehr großen urweltlichen Fluth. In: Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie. Band 38 Nr. 8. Leipzig (Barth) 1836. S. 614–618.
- Nils Gabriel Sefström: Untersuchung über die auf den Felsen Skandinaviens in bestimmter Richtung vorhandenen Furchen und deren wahrscheinliche Entstehung. In: Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie. Band 43. Leipzig (Barth) 1838. S. 533–567
- Carl Friedrich Naumann: Über die Felsenschliffe der Hohburger Berge unweit Wurzen. In: Berichte über die Verhandlungen der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. 1. Band. Leipzig 1847. S. 392–410.
- Adolph von Morlot: Ueber die Gletscher der Vorwelt und ihre Bedeutung. Bern (Rätzer) 1844. S. 1–18.
- Albrecht Bernhardi: Wie kamen die aus dem Norden stammenden Felsbruchstücke und Geschiebe, welche man in Norddeutschland und den benachbarten Ländern findet, an ihre gegenwärtigen Fundorte? In: Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefaktenkunde. 3. Jahrgang. Heidelberg 1832. S. 257–267.
- Carl Friedrich Naumann: Die Felsenschliffe der Hohburger Berge. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefaktenkunde. Jahrgang 1870. Stuttgart 1870. S. 988–989.
- Carl Friedrich Naumann: Über die Hohburger Porphyrberge in Sachsen. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefaktenkunde. Jahrgang 1874. Stuttgart 1874. S. 337–361.
- Otto Torell: Über einen gemeinschaftlich mit den Herren Behrendt und Orth nach den Rüdersdorfer Kalkbergen unternommenen Ausflug. In: Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. Band 27. Berlin 1875. S. 961–962.
- Demiani, Carl Theodor. In: Carl Maria von Weber Gesamtausgabe. Abgerufen am 6. November 2019.
- Mitglieder der SAW: Carl Friedrich Naumann. Sächsische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 18. November 2016.
- Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 177.
- Mitglieder der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte 1857
- Mitgliedseintrag von Georg Amadeus Carl F. Naumann bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 6. September 2016.
- Verzeichnis der Mitglieder seit 1666: Buchstabe N. Académie des sciences, abgerufen am 27. Januar 2020 (französisch).