Calida
Die Calida Gruppe ist ein börsennotiertes, international tätiges Wäscheunternehmen mit Sitz in Sursee. Neben der Schweizer Stammmarke Calida gehört auch die 2005 übernommene französische Marke Aubade mit Sitz in Paris zur Gruppe. Die beiden Marken sind hauptsächlich auf luxuriöse Lingerie sowie Tag- und Nachtwäsche spezialisiert. In rund 70 Ländern werden beide Marken über den gehobenen Fachhandel, Warenhäuser sowie in den Heimmärkten Schweiz und Deutschland, respektive Frankreich, über eigene Verkaufsläden vertrieben. Die Gruppe beschäftigte 2013 insgesamt rund 1'600 Mitarbeiter und erzielte im ersten Halbjahr einen Umsatz von rund 95,7 Mio. Schweizer Franken (rund 77 Mio. Euro). Die Calida Holding AG ist am SIX Swiss Exchange in Zürich notiert.
Calida Holding AG | |
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
ISIN | CH0126639464 |
Gründung | CALIDA 1941 / Holding 1986 |
Sitz | Sursee, Schweiz |
Leitung | Timo Schmidt-Eisenhart (CEO) Hans-Kristian Hoejsgaard (VR-Präsident) |
Mitarbeiterzahl | 3'000[1] |
Umsatz | 332.7 Mio. CHF (2019)[2] |
Branche | Textilindustrie, Gartenmöbel |
Website | www.calidagroup.com |
Stand: 30. Juni 2021 |
Nachdem Calida zur Jahrtausendwende in finanzielle Schieflage geraten war, konnte sie durch einen Führungs- und Strategiewechsel sowie Restrukturierungsmaßnahmen, die auch die Schließung der Produktion in der Schweiz beinhalteten, wieder auf Kurs gebracht werden. Das 2005 übernommene, damals angeschlagene Unternehmen Aubade wurde ebenfalls restrukturiert und trägt heute zu über einem Viertel zum Umsatz bei. 2013 wurde zudem angekündigt, den französischen Sportbekleidungs-Hersteller Lafuma übernehmen zu wollen, an dem es bis dahin eine Beteiligung gab.
Geschichte
Das Unternehmen wurde 1941 als Strickwarenfabrik Sursee A.G. von Max Kellenberger und Hans Joachim Palmers gegründet. 1946 wurde die bereits 1929 im Handelsregister eingetragene Wortmarke Calida an die Strickwarenfabrik Sursee AG übertragen und dann die Firma selbst in Calida AG umbenannt.
In der Kriegs- und Nachkriegszeit wurde zunächst funktionale Damenunterwäsche produziert. Calida gewährte eine „Wäsche Garantie“ und reparierte beschädigte Wäsche kostenlos. In den 1950er Jahren rückten vermehrt auch modische Aspekte ins Zentrum. Calida wurde unter anderem bekannt für ihren nahtlosen Damenslip, der zu einer schlanken Silhouette verhelfen sollte und ihrem Pyjama mit Patentbund, welcher das Hochrutschen verhindern sollte.[3]
Anlässlich des 1987 erfolgten Börsengangs an der Schweizer Börse SWX Swiss Exchange organisierte sich das Unternehmen neu als Holdinggesellschaft, wobei zunächst 70 % des Kapitals bei den Gründerfamilien verblieb.
Krise um die Jahrtausendwende
In den 1990er-Jahren wurden Investitionen in eine Strickerei und ein vollautomatisiertes Vertriebszentrum in der Schweiz getätigt. Außerdem wurden in Ungarn und in Portugal je eine Näherei sowie eine Fabrik in Indien in Betrieb genommen. Während andere Hersteller im Zuge der Globalisierung ihr Garn von Auftragsherstellern aus Osteuropa oder Asien bezogen oder auch gleich die ganze Produktion von diesen besorgen liessen, investiert Calida in eigene Produktionsbetriebe an vier verschiedenen Standorten. Neben den daraus resultierenden, vergleichsweise hohen Produktionskosten machten dem Unternehmen auch das angestaubte Image und fehlendes Wachstum Mühe. Obwohl zwei Drittel der Produktion auf Dessous, Unterwäsche und Sportwäsche entfällt, ist das Image der Firma vor allem durch Pyjamas und funktionale Wäsche geprägt.
Nachdem 1999 der erste Verlust der Unternehmensgeschichte eingefahren wurde, verliess die Familie Palmers ein Jahr später das Unternehmen und die Familie Kellenberger übernahm die Mehrheitsbeteiligung. Ein neuer Aufsichtsrat wurde gewählt. Nach einem Rekordverlust von 43 Millionen bei einem Umsatz von 191 Millionen Franken im Jahr 2001 wurde auch ein neues Management eingesetzt.[4] Neuer Konzernchef wurde Felix Sulzberger. Der gebürtige Berner und studierte Ökonom war vorher unter anderem im Marketingbereich bei Philip Morris sowie im Management von Reebok und Levi's tätig und gilt als Marketingspezialist.
Restrukturierung und Ende der Produktion in der Schweiz
Felix Sulzberger unterzog die Firma einer grundlegenden Restrukturierung. Verlustbringende Produkte wurden aus dem Sortiment genommen, Betriebs- und Investitionsausgaben zusammengestrichen, Vorräte an Ladenhütern abgeschrieben und die Anzahl an Verkaufspunkten reduziert. Calida investierte zudem in seinen Markenauftritt. Man wollte modisch und aktuell wirken und vermehrt Damenunterwäsche und Sportbekleidung in den Vordergrund rücken. Zudem wurden die Produktionsbetriebe in Indien und Portugal veräussert und sowohl die Strickerei als auch Näherei in Sursee stillgelegt. Der neue Besitzer der Fabrik in Portugal produziert weiterhin als unabhängiger Zulieferer für Calida. Calida lässt ausserdem erstmals in großem Umfang von Dritten in Osteuropa und Fernost produzieren.
Von den ehemals 1400 Mitarbeitern Calidas verblieben noch 600, die Hälfte davon in Sursee, 250 in Ungarn und der Rest in den Verkaufsläden. Im Januar 2003 verliess das letzte in der Schweiz gefertigte Pyjama Calidas Fabrikhallen. Vorübergehend wurden noch Musterkollektionen und Kleinserien sowie maschinell geschnittene Stoffteile zur Weiterverarbeitung im Ausland in Sursee gefertigt.
Der Umsatz schrumpfte auf 140 Millionen Franken zusammen. Dafür konnte Calida 2003 erstmals seit vier Jahren wieder Gewinn schreiben, verzeichnete einen positiven Cashflow und hatte bald netto seine Schulden bereinigt. Obwohl Calida wieder Gewinn schrieb und steuerlich vom Gewinnvortrag profitierte, wurde die Produktion in der Schweiz 2005 ganz eingestellt und auch die letzten 40 Mitarbeiter in der Produktion verloren ihre Stelle. Seit 2010 lässt Calida nicht mehr in Portugal produzieren.[5][6][7]
In einem Interview mit der Berner Zeitung meinte Sulzberger 2005, die Verlagerung habe auch mit der vollständigen Deregulierung des Textilmarktes infolge der Anfang des Jahres in Kraft getretenen neuen WTO-Regeln zu tun. Da es keine Zölle, Handelsbarrieren oder Quoten mehr gebe, sei man einem verschärften Konkurrenzkampf, besonders mit Asien, ausgesetzt. Die Produktion in der Schweiz koste vier Mal mehr als jene in Portugal und selbst diese sei für Calida nun zu teuer.[8]
Andere Schweizer Hersteller von Unterwäsche produzieren indes bis heute ganz oder teilweise in der Schweiz, so der Aarburger Hersteller von Luxusunterwäsche Zimmerli mit Schneiderei im Tessin oder der Premium Wäschehersteller ISA Bodywear, welche zwar Näharbeiten im Werk in Portugal ausführt, die anderen Produktionsschritte aber in der Schweiz besorgt.
Übernahme Aubades
2005 übernahm Calida den traditionsreichen französischen Hersteller von Luxus-Dessous Aubade mit Sitz in Paris. Die Mittel dafür stammten aus einer Kapitalerhöhung und aus Bankkrediten. Die im Luxussegment angesiedelten Produkte Aubades, vornehmlich Dessous, sind wesentlich teurer als die im Premiumsegment positionierte Tag- und Nachtwäsche Calidas und sollten so das Sortiment erweitern. Während bei Calida je rund 40 % des Absatzes auf die Schweiz und Deutschland entfällt, setzt Aubade etwa 60 % in Frankreich ab und vertreibt unter anderem auch in Spanien und Russland. Die Übernahme sollte auch eine Ausweitung und Internationalisierung der Absatzmärkte und Synergien bei Vertrieb und Logistik schaffen. Aubade lag mit einem Umsatz von 75 Mio. Franken bezogen auf das Jahr 2004 hinter Calidas Ergebnis von 138 Mio. Franken Umsatz im selben Zeitraum zurück, verfügte aber über eine deutlich höhere Marge. Die Familie Pasquier, seit 1939 Besitzerin Aubades, begründete den Verkauf damit, sich finanziell und personell vom Unternehmen lösen zu wollen. Zudem solle durch den Zusammenschluss die kritische Größe für das Überleben im zunehmenden Verdrängungswettkampf erreicht werden.[9]
Restrukturierung und Ende der Produktion in Frankreich
Im Zuge der eingeleiteten Restrukturierungsmassnahmen wurden 2006 zunächst die Näharbeiten vollständig aus Frankreich ausgelagert. Sie werden neu in Tunesien ausgeführt wo bereits rund 70 % der Stücke genäht werden, zur Hälfte in einer eigenen Fabrik und zur Hälfte bei Zulieferern. Mit der Schließung des Werkes im Dorf La Trimouille im Westen Frankreichs verloren rund 180 Angestellte ihren Arbeitsplatz und die Region den weitaus grössten Arbeitgeber. Der Zuschnitt der Einzelteile verblieb noch in Frankreich. Da die Anzahl der Fachhändler abnahm, nahm Aubade mit eigenen Verkaufsläden wie bei Calida den Vertrieb teilweise selber in die Hand.[10]
Der durch die Wirtschaftskrise verursachte Nachfrageeinbruch setzte auch Aubade zu. Im ersten Halbjahr 2009 verursachte Aubade der Calida-Gruppe mit einem Verlust von über 50 Mio. Franken rote Zahlen. Den Sparmassnahmen fielen 104 Arbeitsplätze am Standort St. Savin zum Opfer, der nur noch als Logistikplattform dient. Während die technische Entwicklung und die vorindustriellen Arbeitsprozesse am Hauptsitz in Paris zusammengezogen wurden, lagerte man den Zuschnitt und die Mustergestaltung nach Tunesien aus.[11]
Laut einem 2013 in Frankreich gefällten Urteil, waren Entlassungen 2009 missbräuchlich. Laut der Berufungsinstanz sollte Calida mit 2,1 Mio. Euro gebüsst werden. Calida zog das Urteil weiter und bildete Rückstellungen. Das Ende des Prozesses wurde nicht vor 2015 erwartet.[12]
Nach einer mehrjährigen Restrukturierungsphase sowie Abschreibungen in zweistelliger Millionenhöhe fand Aubade zurück in die Gewinnzone und wurde zu einem bedeutenden Wachstumstreiber der Gruppe.[13]
Übernahme Lafumas
Seit 2004 sitzt Calidas Konzernchef Felix Sulzberger im Verwaltungsrat Lafumas, eines französischen Herstellers von Sportbekleidung und -geräten sowie Gartenmöbeln. 2011 übernahm er zudem die operative Leitung von seinem Vorgänger Philippe Joffards, welcher ein Enkel eines der Gründungsmitglieder Lafumas ist. 2013 beteiligte sich Calida mit 17,5 Mio. bei Lafuma und wurde damit Minderheitsaktionärin mit rund 15,3 % der Anteile. Im Oktober des gleichen Jahres wurde bekannt gegeben, die Mehrheit der Anteile übernehmen zu wollen. Eine ausserordentliche Generalversammlung stimmte im Dezember einer Kapitalerhöhung zu, welche die Voraussetzung für die Übernahme bildete. Der Umsatz der Lafuma Gruppe belief sich 2012 auf 225 Mio. Euro, womit er jenen der Calida Gruppe übertraf. Auch die Verkäufe lagen über dem Niveau Calidas. Jedoch wurde im gleichen Zeitraum ein Verlust von 15 Mio. Euro eingefahren. In der ersten Hälfte des Jahres 2013 betrug dieser 60 Mio., weshalb Restrukturierungsmassnahmen angekündigt wurden. Während bei der Calida Gruppe nur rund ein Fünftel des Absatzes auf Frankreich entfällt, beträgt dieser Anteil bei Lafuma über die Hälfte.[14][15][16]
Gegenwart
Marke Calida
Unter der Marke Calida wird ein breites Nachtwäsche-Sortiment, mit Tagwäsche, Loungewear, Funktionswäsche sowie Shirts und Strickteilen vertrieben. Der Vertrieb findet über rund 125 Marken-Stores in der Schweiz, in Deutschland, Österreich, Frankreich, Luxembourg und den Niederlanden, aber auch über den Fach- sowie Versandhandel und in Warenhäusern statt. Mit 3'000 Vertriebspartnern weltweit verkauft Calida täglich mehr als 20'000 Produkte. Von den 855 direkt für Calida Bodywear arbeitenden Angestellten, sind rund 400 in der Schweiz und etwa 310 in der Produktion im Hauptwerk in Ungarn tätig. Rund 120 Mitarbeiter sind im Verkauf in Deutschland tätig. Die restlichen Angestellten sind in verschiedenen europäischen Ländern tätig.[17]
Ebenfalls mit Stand 2011 entfällt rund zwei Dritteln der Produktion Calida Bodywears auf Europa, während ein Drittel in Asien hergestellt wird. Etwa 40 % der Produktion entfällt auf das firmeneigene Werk in Ungarn, der Rest wird nicht selber produziert, sondern von Zuliefererbetrieben zugekauft. Calida arbeitet hierzu mit etwa 19 Partnern in Europa und Asien zusammen.
Etwa 29 % der verarbeiteten Materialien stammen aus der Schweiz. Sowohl das Entwerfen neuer Kollektionen wie auch die Stoffauswahl und das Erstellen der Passformen findet in der Schweiz statt. Auch das Zentrallager wird dort unterhalten.[17]
Der Verwaltungsrat der Calida Holding AG ernannte Timo Schmidt-Eisenhart per 12. April 2021 zum CEO der CALIDA GROUP.[18]
Marke Aubade
Unter der Marke Aubade werden hochpreisige Lingerieprodukte vertrieben. Die Kampagne „Leçons de seduction“ geniesst in Frankreich Kultstatus. Produziert wird in Tunesien, teils in einem eigenen Werk, teils bei Auftragsherstellern.
Weblinks
Einzelnachweise
- CALIDA GROUP DE Ergebnis 20.pdf
- Geschäftsbericht 2019. (PDF) Abgerufen am 6. Oktober 2020.
- Geschichte Offizieller Webauftritt der Marke Calida, abgerufen am 3. Dezember 2013.
- http://www.calidagroup.com/cadila-group/facts-history.aspx?sc_lang=de-DE/text/ Offizieller Webauftritt der Calida Gruppe, abgerufen am 3. Dezember 2013.
- NZZ am Sonntag. 6. August 2006, Ausgaben-Nr. 32, S. 77.
- ProLitteris / Biswas Chanchal; 12. Dezember 2004, Ausgaben-Nr. 50, S. 51 Wirtschaft
- Der Bund. 26. Februar 2005, S. 37, Wirtschaft.
- Calida-Produktion in der Schweiz zu teuer. Artikel auf Wirtschaft.ch vom 26. Februar 2005, abgerufen am 20. Dezember 2013.
- Calida legt sich Pariser Chic zu. In: Neue Luzerner Zeitung. 30. April 2005, S. 13.
- Calida bringt Dessous-Tochter in Form. In: Tages-Anzeiger. 5. Oktober 2006, S. 25.
- Calida schreibt tiefrote Zahlen. In: Neue Luzerner Zeitung. 25. Juli 2009, S. 13.
- Calidas Mühe mit Frankreich. In: Finanz und Wirtschaft. 27. Juli 2013, S. 11.
- Im Land der Pyjamas. In: Neue Zürcher Zeitung. 21. November 2011, Ausg. 272, S. 23.
- Calida übernimmt Lafuma ganz. In: Neue Zürcher Zeitung 20. Dezember 2013, abgerufen am 29. März 2019.
- Christoph G. Schmutz: Französische Sorgenkinder als Geschäftsmodell. Kommentar von auf nzz.ch vom 5. Oktober 2013, abgerufen am 14. Juni 2019.
- Lafuma-Aktionäre sagen ja zu Calida. Finanzen.ch, 20. Dezember abgerufen am 20. Dezember 2013.
- Bericht zur gesellschaftlichen Verantwortung 2011 der CALIDA AG S. 15, abgerufen am 17. November 2012 (PDF; 855 kB)
- Finanz und Wirtschaft: Calida findet neuen CEO. Abgerufen am 30. Juni 2021.