Bruno Kircheisen
Ernst Bruno Kircheisen (* 22. Dezember 1852 in Stollberg/Erzgeb.; † 1921 vermutlich in Dresden)[1][2] war ein deutscher Orgelbauer, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Sachsen tätig war.
Leben
Bruno Kircheisen wurde 1852 in Stollberg im Erzgebirge geboren. Er war ein Sohn des Galanterie-, Porzellan-, Spielwaren- und Lebensmittelhändlers Louis Bruno Kircheisen (1817–nach 1897) und dessen Ehefrau Julie Henriette Jehmlich (1822–1857), einer Tochter des Orgelbauers Carl Gottlieb Jehmlich (1786–1867). Die Familie wohnte in Stollberg im Haus Niedergasse 43. Nach Besuch der Stollberger Knabenschule trat er bei seinem Großonkel, dem Hoforgelbauer Carl Eduard Jehmlich (1824–1889) in Dresden, in die Orgelbauerlehre. Nach Abschluss der Lehre trat er 1874 in die Orgelbauwerkstatt von Urban Kreutzbachs Söhne in Borna ein. Nach einer Wanderschaft ließ er sich in Dresden nieder, wo er am 6. Juni 1884 das Gewerbe anmeldete und eine eigene Orgelbauwerkstatt begründete.[1]
Kircheisen war als Orgelbaumeister überwiegend im Erzgebirge und in Dresden und Umgebung tätig. Er führte dort Reparaturen und Umbauten an vorhandenen Orgeln aus. Fälschlich ihm zugewiesen ist ein 1862 datierter Neubau einer Orgel in der Kapelle des Schlosses Hoheneck, das als Frauengefängnis genutzt wurde.[3][4] Dieser wurde laut Gunter Lasch vielmehr erst 1866 von Johann Gottlieb Kralapp (1827–1891) ausgeführt.[1]
Reparaturen führte Kircheisen 1886 in Dorf Wehlen und 1887 in der Waisenanstalt Bräunsdorf[5] durch. 1888 reparierte er in seiner Geburtsstadt Stollberg die 1842 erbaute Jehmlich-Orgel in der Jakobikirche. 1889 errichtete er eine neue Orgel in der Anstalt auf Schloss Hoheneck. In Summe sind elf Orgelneubauten Kircheisens bekannt, von denen acht (Stand: 2021) erhalten, zum Teil aber umgebaut worden sind.[1]
In den Adressbüchern von Dresden ist er noch bis 1920 als Orgelbauer nachweisbar.[6] Er starb im Herbst 1921.[1][7]
Trivia
Bruno Kircheisen war 1913 Vorsitzender des 1885 gegründeten Erzgebirger Vereins in Dresden.[8]
Werke (Auswahl)
Jahr | Ort | Kirche | Bild | Manuale | Register | Bemerkungen |
---|---|---|---|---|---|---|
1889[1][9] | Stollberg/Erzgeb. | Schloss Hoheneck | I/P | 11 | stand seit 1975 ungenutzt, Restaurierung 2019 durch Josef Poldrack | |
1891 | Gröditz | Evangelische Kirche | II/P | 14 | erhalten; 1961 durch Orgelbau Schmeisser um ein Rückpositiv mit Schleiflade erweitert, letzte Generalüberholung 2016[10] | |
1893 | Dorfchemnitz[11] | Kirche Dorfchemnitz | II/P[12] | 17 | erhalten | |
1894 | Dresden | Trinitatiskirche | II/P | nicht erhalten; Kriegsverlust 1945 | ||
1896 | Zschorlau-Albernau | Evangelische Johanniskirche[13] | II/P[14] | 15 | erhalten | |
1896 | Unkersdorf | Evangelische Dorfkirche[15] | II/P | 13 | erhalten; Restaurierung 1999 | |
1897 | Bräunsdorf | Betsaal Anstalt Bräunsdorf | II/P | 11 | weitgehend zerstört[16] | |
1899 | Beierfeld | Christuskirche[17] | II/P[18] | 20 | in einen Prospekt von Otto Paulig eingebaut; 1921 Umbau durch Hermann Eule Orgelbau Bautzen | |
1901 | Kleinröhrsdorf | Dorfkirche | II/P | 12 | erhalten, 1980 Restaurierung und neobarockisierende Dispositionsänderung durch Johannes Schubert (Dresden) →Orgel | |
1902 | Großschweidnitz | Betsaal Anstalt Großschweidnitz | nicht erhalten;[19] 2002 ersetzt[20] | |||
1905 | Berbisdorf | Kirche Berbisdorf | II/P | 16 | erhalten |
Literatur
- Gunter Lasch: Die Orgel in Stollberg-Hoheneck. Zum 100. Todestag von Ernst Bruno Kircheisen (1852–1921). In: Erzgebirgische Heimatblätter 43 (2021), Heft 5, S. 6–10. ISSN 0232-6078
- Hermann Fischer: 100 Jahre Bund Deutscher Orgelbaumeister. 1891–1991 Festschrift. Orgelbau-Fachverlag Rensch, München 1991, ISBN 978-3-921848-18-0, S. 224.
Einzelnachweise
- Gunter Lasch: Die Orgel in Stollberg-Hoheneck. Zum 100. Todestag von Ernst Bruno Kircheisen (1852–1921). In: Erzgebirgische Heimatblätter 43 (2021), Heft 5, S. 6–10. ISSN 0232-6078
- Orgelbauer historisch - Orgelforum Sachsen. In: orgelforum-sachsen.de. Abgerufen am 3. Oktober 2017.
- MDM Online: Gedenkstätte Hoheneck (mit Foto der Kircheisen-Orgel). In: mdm-online.de. 1. Januar 1997, abgerufen am 3. Oktober 2017.
- Pressemitteilung: Besichtigung der ehemaligen Justizvollzugsanstalt Stollberg/Schloss Hoheneck. hoheneck.com, abgerufen am 3. Oktober 2017. (PDF-Datei)
- Wolfram Hackel: Vom Untergang bedroht: Die Orgel der Kapelle in Bräunsdorf, in: Ars Organi, 68 (2020), Heft 1, S. 44–49. ISSN 0004-2919
- Adressbuch für Dresden 1920, S. 367.
- Zeitschrift für Instrumentenbau 42 (1921), S. 495, wo im Oktober 1921 zu lesen ist: „Der Orgelbaumeister Herr Bruno Kircheisen in Dresden ist vor kurzem verstorben.“
- Dresden – GenWiki. In: wiki-de.genealogy.net. Abgerufen am 8. Oktober 2021.
- Chemnitzer restauriert Hoheneck-Orgel, in: Freie Presse vom 16. Mai 2019.
- Orgelkartei der Gröditzer Orgel (pdf) auf der Homepage des Kirchenbezirks Meißen-Großenhain, abgerufen am 3. Oktober 2017.
- Inventar der Orgeln in Sachsen. In: orgel-in-sachsen.de. Abgerufen am 3. Oktober 2017.
- Fritz Oehme: Handbuch über ältere und neuere Orgelwerke im Königreiche Sachsen Band 3, 1897, S. 206 (Digitalisat)
- Inventar der Orgeln in Sachsen. In: orgel-in-sachsen.de. Abgerufen am 3. Oktober 2017.
- Fritz Oehme: Handbuch über ältere und neuere Orgelwerke im Königreiche Sachsen Band 3, 1897, S. 241 (Digitalisat)
- Redaktion: Vorschau und Rückblick » Die Unkersdorfer Kirche. In: vorschau-rueckblick.de. 1. Februar 2014, abgerufen am 3. Oktober 2017.
- Orgel in organindex
- Öffentliche Einrichtungen/Kirche. In: beierfeld.de. 3. Oktober 2017, abgerufen am 3. Oktober 2017.
- Gustav Beyer: Beierfeld – Geschichte seiner politischen, geschichtlichen und kulturellen Entwicklung. Evang.-luth. Pfarramt, Beierfeld 1923., S. 106 (Digitalisat).
- Die Krankenhauskirche Großschweidnitz. In: gemeinde-kottmar.de. Gemeinde Kottmar, abgerufen am 8. Januar 2022.
- Rolf Hill: Vom hoffnungslosen Verfall zum neuen Glanz. In: Sächsische Zeitung. 19. April 2002 (online).