Bronzeschilde von Herzsprung
Bronzeschilde von Herzsprung | ||
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Die Bronzeschilde von Herzsprung mit den Depots von Kehmstedt (links) und Bothenheilingen (rechts), sowie zwei Schwertgussformen aus Wennungen | ||
Lage | Brandenburg, Deutschland | |
Fundort | Herzsprung | |
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Wann | späte Bronzezeit, 8. Jahrhunderts v. Chr. | |
Wo | Kyritz, Landkreis Ostprignitz-Ruppin/Brandenburg | |
ausgestellt | Dauerausstellung Landesmuseum für Vorgeschichte Halle, Abschnitt Glutgeboren |
Die beiden spätbronzezeitlichen Bronzeschilde von Herzsprung wurden im Jahr 1844 einen Kilometer östlich von Herzsprung in Brandenburg von einem Bauern in zwei Meter Tiefe ausgegraben. Im 8. Jahrhundert v. Chr. deponierte man sie dort übereinander im damaligen Moor.
Beschreibung
Die Schilde wurden in einer Grube – an der Stelle eines früheren Wasserloches – unter Eichenblöcken von einem Bauern als Moorfund ausgegraben. Einer der Prunkschilde ist rund mit einem Durchmesser von etwa 70 Zentimetern, während der andere leicht oval ist und einen Durchmesser von 68 bis 71 Zentimetern aufweist. Das Gewicht beider Schilde beträgt zusammen etwa 1,45 Kilogramm. Die dünnwandigen aus Bronzeblech gearbeiteten, einst hell glänzenden Schilde dienten ausschließlich als Prunkwaffen. Sie wiesen keine Gebrauchsspuren auf. Zusammengefaltet und damit für den Gebrauch untauglich, wurden sie dem Moor übergeben. Spätbronzezeitliche Schilde wurden in ganz Europa nur einzeln oder gruppiert in Horten gefunden, nie traten sie vergesellschaftet mit anderen Funden auf.
Mooropfer und -deponierungen sind aus verschiedenen Kulturen belegt. Sie weisen einzigartige Erhaltungsbedingungen auf und erlauben Einblicke in religiöse Vorstellungen und Praktiken. Die beiden Bronzeblechschilde, die den Herzsprungtyp etablierten, gehören in die späte Nordische Bronzezeit. Es existiert ein Bericht über den außergewöhnlichen Fund.[1] Die längs mittig zusammengefalteten Schilde hat man zweifellos nicht verloren. Das Fehlen von Hieb- und Stichspuren sowie die für einen Gebrauch zu dünnen Schildfesseln deuten darauf hin, dass es sich um Zeremonialschilde handelte. Dazu passt der hohe Zinngehalt (12,42–13,25 Prozent), der den Schilden Glanz verlieh.
Das Bronzeblech der beiden Schilde ist 0,4 mm dünn ausgetrieben. Vom Herstellungsprozess zeugen strahlenförmige Linien auf der Innenseite, die durch radiales Aushämmern mit einem Treibhammer entstanden. Der Rand wurde zur Stabilisierung um einen Verstärkungsring aus Blei geschlagen. Im Zentrum des einen Schildes sitzt ein ovaler, von innen ausgetriebener Schildbuckel. Er ist gerade so groß, dass darunter eine Faust Platz findet, die den Schild hielt. Die Schildaußenflächen sind mit konzentrischen Mustern verziert. Da der Schildbuckel oval ist, besitzen die inneren Verzierungsringe ebenfalls ovale Umrisse, werden aber zum Rand hin kreisförmiger, obwohl der Eindruck eines Ovalschildes besteht. Die auf der Schildrückseite häufig angebrachten Ösen, die das Tragen mittels eines Riemens ermöglichen, fehlen.
Gebrauchstüchtige Schilde der Bronzezeit bestanden aus Leder oder Holz, doch haben sich davon kaum Exemplare erhalten. Eine seltene Ausnahme bildet der Lederschild aus Clonbrin County Kildare in Irland, der auch Ziermerkmale der Herzsprungschilde aufweist.
Weitere Funde
15 Bronzeschilde vom Herzsprung-Typ wurden 1985 in einem Moor nahe Lidköping in Schweden entdeckt. Ein weiteres schwedisches Exemplar stammt aus Nackhälla. Aufgrund des konzentrierten Vorkommens in Schweden darf man die Herstellung des Typus Herzsprung im südlichen Skandinavien vermuten. Den Bezug zum nordischen Kreis stellen die gemeinsamen Deponierungsumstände her. Es wurden kleine Moore bevorzugt.
Den Herzsprungschilden Südskandinaviens und Norddeutschlands stehen Typen anderer Regionen (Dänemark, Großbritannien und Südwestdeutschland) gegenüber. Während die Schilde in Dänemark und Großbritannien in der Regel ebenfalls in Mooren gefunden wurden, handelt es sich bei den süddeutschen Exemplaren um Flussfunde.
Interpretation
Im Zusammenhang mit den Bronzeamphoren der Vejo-Gevelinghausen-Seddin Gruppe wird in Fachkreisen darüber diskutiert ob die Verzierung der Schilde einen kalendarischen Hintergrund hat. Der erste Schild besitzt eine Buckelanzahl von 707. Wird für jeden Buckel ein Tag angenommen, so entspräche ihre Anzahl der Dauer von zwei synodischen Mondjahren. Der genaue Wert von zwei synodischen Mondjahren ist 708,7 Tage. Die inneren zwei Buckelreihen ergeben 167 + 185 = 352 Tage und die zwei äußeren Reihen 152 + 203 = 355 Tage.[2][3] Dem steht die Kritik gegenüber, dass nur Annäherungswerte erreicht werden und keine exakte Systematik zu erkennen ist. Ein praktikabler Gebrauch sei dadurch kaum vorstellbar.[4]
Siehe auch
Literatur
- Achim Leube: Herzsprung (Schilde). In: Heinrich Beck, Dieter Geuenich und Heiko Steuer (Hrsg.): Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. 2. Auflage. Band 14. Verlag Walter de Gruyter, Berlin – New York 1999, ISBN 978-3-11-016423-7, S. 492.
- Ralf Schwarz: Prunkschilde aus dem Moor. In: Harald Meller (Hrsg.): Schönheit, Macht und Tod. 120 Funde aus 120 Jahren Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (=Begleitband zur Sonderausstellung). Halle an der Saale 2001, ISBN 3-910010-64-4, S. 50.
Anmerkungen
- »Tiefer als 8 Fuß zu graben, war er durch einige übereinander liegende Eichblöcke, deren Holz schon in Versteinerung übergegangen, behindert. Der Prediger Klinger in Christdorf hatte den Bauer veranlasst, die Eichenblöcke wegzuräumen, schon in Erwartung, wie er mir versicherte, dass sich unter denselben ein Schatz vorfinden möchte. Und er hatte sich nicht getäuscht: Unter dem Stammende des einen Blockes fanden sich die beiden Schilde. Ich bemerkte übrigens, dass außer den Schilden sich weiter nichts vorgefunden hat«
- Jens May, Reiner Zumpe: Kalendarien in der jüngeren Bronzezeit im nördlichen Mitteleuropa. Ein Beitrag zur Interpretation buckelverzierter Amphoren und Schilde. In: Bernhard Hänsel (Hrsg.): Mensch und Umwelt in der Bronzezeit Europas. Kiel 1998, S. 571–573
- Jens May: Die gefangene Zeit. Vergleichende Untersuchungen zu den Kalenderamphoren von Seddin, Herzberg, Rørbaek, Unia und Gevelinghausen. In: Acta Praehistorica et Archaeologica 40. 2008, S. 129.
- Marion Uckelmann: Zur Ornamentik jungbronzezeitlicher Schilde. In: Der Griff nach den Sternen. Wie Europas Eliten zu Macht und Reichtum kamen. Band 5. Halle an der Saale 2010, S. 555–556.
Weblinks
- Museum Digital: Objekte der Sammlung des Museums für Vorgeschichte Halle zur Spätbronzezeit, Bronzeschilde von Herzsprung
- Museum Digital: Sammlung des Museums für Vorgeschichte Halle zur Spätbronzezeit, mit Rekonstruktion eines Kriegers der Urnenfelderzeit, Zeichnung von Karol Schauer
- Clonbrinschild
- Fröslunda Schilde