Bodmer-Papyri
Die Bodmer-Papyri sind eine Gruppe von 22 Papyri, die 1952 in Ägypten entdeckt wurden. Sie sind nach ihrem damaligen Erwerber Martin Bodmer benannt. Die Papyri enthalten Teile des Alten und des Neuen Testaments, der frühen christlichen Literatur, von Homer und von Menander. Das älteste unter ihnen, 66, wird auf etwa 200 n. Chr. datiert. Die meisten der Papyri werden in der Bibliotheca Bodmeriana in Cologny (Schweiz) nahe Genf aufbewahrt. Im Jahr 2007 erwarb die Vatikanische Bibliothek die beiden Papyri 74 und 75. Sie werden jetzt in der Bibliothek des Vatikan aufbewahrt.
Forschungsgeschichte
Die Bodmer-Papyri wurden 1952 in Pbow (Pabau) nahe Dishna in Ägypten gefunden, im alten Hauptquartier der pachomianischen Mönche. Der Entdeckungsort ist nicht weit von Nag Hammadi entfernt. Die Manuskripte wurden im Geheimen von dem Zyprer Phokio Tano von Kairo zusammengestellt und nacheinander in die Schweiz geschmuggelt,[1] wo sie von Martin Bodmer gekauft wurden.
Beginnend mit dem Jahr 1954 wurde die Serie Papyrus Bodmer mit Anmerkungen, Einleitung und französischer Übersetzung veröffentlicht. Heute sind die Bodmer-Papyri in der Bibliotheca Bodmeriana in Cologny nahe Genf konserviert.
Einige Papyri derselben Herkunft entgingen Martin Bodmer und sind andernorts konserviert. Sir Alfred Chester Beatty erwarb einiges davon. Weiteres Material befindet sich in Oxford (Mississippi), Köln und Barcelona. Der Einfachheit halber nennen Forscher diese ebenfalls „Bodmer-Papyri“ (Anchor Bible Dictionary).
Papyri
Die Bodmer-Papyri enthalten sowohl christliche als auch nichtreligiöse antike Texte. Die meisten der 35 Bücher sind in altgriechischer Sprache geschrieben, einige in koptischer Sprache[2] Insgesamt gibt es zusammen mit Fragmenten der Korrespondenz 50 Texte.[3] Die meisten sind Kodizes, einige wenige Fragmente von Schriftrollen. Drei Texte sind nicht auf Papyrus, sondern auf Pergament geschrieben.
Griechische Papyri
Antike Texte
- Papyrus Bodmer I, Homer, Ilias V, VI
- Papyrus Bodmer IV, Menander, Dyskolos
- Papyrus Bodmer, Menander, Samia und Aspis, jetzt in Köln
Bibel
- Papyrus Bodmer II, 66, frühes 3. Jhd., Johannesevangelium[4]. Neben dem Papyrusfragment 52 ist dies das älteste Zeugnis für Johannes.[5]
- Papyrus Bodmer VII–VIII, 72, ist die älteste bekannte Kopie des Judasbriefs sowie des 1. und 2. Petrusbriefes.
- Papyrus Bodmer XIV–XV, 75 ist der Rest eines Kodex, der noch das meiste von Lukas und Johannes enthält.[6], jetzt in der Vatikanischen Bibliothek
- Papyrus Bodmer XVII, 74, 6. oder 7. Jahrhundert.[7], jetzt in der Vatikanischen Bibliothek
- Papyrus Bodmer XXIV, Psalmen 17,46–53,6 und 55,8–118,44 in griechischer Sprache
- Papyrus Bodmer XLV–XLVI, 3. oder 4. Jahrhundert, Buch Daniel.[8]
Theologische Texte
- Papyrus Bodmer XIII, 4. Jhd., Melito von Sardes, Osterhomilie
Erwerb durch den Vatikan
Im Oktober 2006 wurde das Vorhaben der Bodmer-Stiftung veröffentlicht, zwei der Manuskripte für einige Millionen US-Dollar[9] zu verkaufen. Dadurch sollte die Bibliothek, die 2003 eröffnet worden war, finanziert werden. Das führte zur Bestürzung vieler Gelehrter weltweit, die befürchteten, dass die Einheit der Sammlung zerstört werden könnte.
Im März 2007 wurde dann bekanntgegeben, dass der Vatikan die Papyri XIV–XV 75 erworben hatte. Man nimmt an, dass sie die ältesten schriftlichen Fragmente des Lukasevangeliums, das älteste Vaterunser und eines der ältesten Fragmente des Evangeliums nach Johannes enthalten.[10]
Die Papyri waren für einen unbekannten „bedeutenden“ Preis an Frank Hanna III aus Atlanta (Georgia, USA) verkauft worden. Im Januar 2007 überreichte Hanna die Papyri dem Papst. Sie werden jetzt in der Bibliothek des Vatikan aufbewahrt und für weitere Untersuchungen durch Gelehrte verfügbar gemacht. In Zukunft mögen Auszüge der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.[11]
Literatur
- Bodmer Papyri. In: Anchor Bible Dictionary 1:766–777
- James McConkey Robinson: The Story of the Bodmer Papyri. From the First Christian Monastery’s Library in Upper Egypt to Geneve and Dublin. Cascade Books, Eugene, OR. 2011, ISBN 978-1-59752-882-5 (mit einem Verzeichnis der Bodmer-Papyri).
Weblinks
- Bodmer papyri mit Liste der Handschriften
Einzelnachweise
- A. H. M. Kessels, P. W. van Der Horst: The Vision of Dorotheus (Pap. Bodmer 29): Edited with Introduction, Translation and Notes; Vigiliae Christianae 41 (1987), Heft 4, S. 313–359; hier S. 313.
- Texte im bohairischen Dialekt des Koptischen waren vorher nicht vor dem 9. Jahrhundert bekannt (6. p 51).
- Anchor Bible Dictionary.
- Johannes 1,1–6,11, 6,35b–14,26 und Fragmente von vierzig anderen Seiten aus Johannes 14 bis 21.
- Es fehlen die Passagen von der Wasserbewegung durch einen Engel (Johannes 5,3b–4) und die Begebenheit mit Jesus und der Ehebrecherin (Johannes 7,32–8,11).
- Ein Vergleich der beiden Versionen von Johannes in den Bodmer-Papyri mit den Chester-Beatty-Papyri aus dem 3. Jahrhundert überzeugten Floyd V. Filson: „Ein Vergleich dieser drei, die gemeinsam aus Ägypten stammen, zeigt, dass es keinen einheitlichen Evangelientext in Ägypten im 3. Jahrhundert gab“. („A comparison of all three, which had their origins in Egypt, shows that there was no uniform text of the Gospels in Egypt in the third century“); Filson 1962: 52.
- Filmer 1962; S. 52.
- Rahlfs-Nr. 861, 862
- Verkauf der Bodmer-Papyri (engl.).
- Bodmer Papyrus: Geschichte wird zur Realität
- Jennifer Viegas: Earliest Gospels Acquired by Vatican; Discovery News, 5. März 2007