Boßweiler
Boßweiler ist ein Ortsteil der im rheinland-pfälzischen Landkreis Bad Dürkheim gelegenen Ortsgemeinde Quirnheim; situiert auf dem Südhang des Gerstenberges, etwa einen Kilometer südwestlich der Kerngemeinde, am Übergang zwischen Nordpfälzer Bergland und der Region Weinstraße.
Boßweiler Ortsgemeinde Quirnheim | ||
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Höhe: | 195 m ü. NHN | |
Postleitzahl: | 67280 | |
Vorwahl: | 06359 | |
Lage von Boßweiler in Rheinland-Pfalz | ||
Ortsbeschreibung
Boßweiler liegt östlich neben der Verbindungsstraße zwischen Ebertsheim (im Eistal) und Quirnheim (auf der Berghöhe), etwa auf halber Wegstrecke zwischen beiden Gemeinden. Am Ostrand fließt der Quirnheimer Bach vorbei, der einen linken Zufluss des Flüsschens Eis bildet.
Der Ort umfasst neben der kulturell bedeutenden Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Oswald, sowie einer Hofanlage aus dem 18. Jahrhundert nur wenige Wohnhäuser.
Neu erbaut wurde in jüngster Zeit ein großes soziotherapeutisches Krankenwohnheim, welches den Namen „Boßweilerhof“ trägt.[1]
Geschichte
Römerzeit
Boßweiler war schon zur römischen Zeit besiedelt. Luftbildaufnahmen[2] und Grabungen belegen dort ein römisches Landgut, eine sogenannte Villa Rustica, aus der Zeit um Christi Geburt, die noch unausgegraben ist und vermutlich zu den größten in ganz Deutschland zählt.[3] Stichprobenartige Schnitte ergaben eine wahrscheinliche Nutzung bis 350 n. Chr. und weitere Gebäude im Umkreis.
Mittelalter
Die in die Römerzeit zurückreichende, dörfliche Siedlung Boßweiler ist bereits 767 im Codex des Klosters Fulda als „Buchsolare“ und 790–855 im Lorscher Codex als „Buxlare“ erwähnt.[4] „Bußweiler“ wird 1453 als Lehen des Grafen Hesso von Leiningen genannt und gehörte nach dessen Tod ab 1467 zum Amt Grünstadt der Grafschaft Leiningen-Westerburg. Im Dreißigjährigen Krieg ging der Ort unter, erhalten blieben die uralte Wallfahrtskapelle zum Hl.Oswald und einige wenige Häuser.
Neuzeit
Ab 1672 bildete Boßweiler zusammen mit dem größeren Quirnheim die Herrschaft Bosweiler und Quirnheim. Der aus Kurmainz stammende Quirin Merz war seit 1651 bischöflicher Geheimrat in Speyer und avancierte am 28. November 1661 zum Kanzler von Fürstbischof Lothar Friedrich von Metternich (1652–1675). Quirim Merz erhielt beide Ortschaften als Belohnung für seine Mitwirkung an der Konversion des Grafen Ludwig Eberhard von Leiningen-Westerburg (1624–1688) zum katholischen Glauben. 1674 übertrug ein Lehensvertrag das Ländchen förmlich auf ihn; er war nunmehr „Herr in Quirnheim und Boßweiler“, was eine Grundvoraussetzung darstellte, um das Prädikat von Quirnheim zu erhalten. Die Erhebung in den Alten Reichsritterstand erfolgte am 1. Juni 1675 durch den Kaiser in Wien, unter dem erblichen Titel Merz von Quirnheim.
In der Franzosenzeit flüchtete ein Großteil der Familie Merz ins rechtsrheinische Franken. Boßweiler und Quirnheim kamen 1797 im Frieden von Campo Formio – endgültig bestätigt durch den Vertrag von Lunéville (1801) – zum französischen Département du Mont-Tonnerre mit Regierungssitz in Mainz. Dieser Zustand dauerte bis 1814. Nach dem Sturz Napoleons fiel Boßweiler 1816 an das Königreich Bayern. Es blieb genau 130 Jahre bayerisch, bis zur Bildung des Landes Rheinland-Pfalz im Jahr 1946.
Infolge der Auflösung des Landkreises Frankenthal (Pfalz) fiel Boßweiler 1969 nach über 150-jähriger Kreiszugehörigkeit an den neuen Landkreis Bad Dürkheim.
Sakralbauten
Oswaldskirche
Da die alte Pfarrkirche des Quirnheimer Schlosses protestantisch blieb, ließ die katholische Familie Merz von Quirnheim im nahen Boßweiler zwischen 1700 und 1707 die gotische Oswaldskapelle in eine ansprechende barocke Pfarr- und Wallfahrtskirche umbauen. Die alte Kapelle, deren Chor wie üblich im Osten lag, wurde als Querschiff in den Neubau übernommen, so dass die neue Barockkirche eine ungewöhnliche Nord-Süd-Richtung mit Chor nach Süden aufweist. Die Rücksichtnahme auf die historische Bausubstanz erklärt sich daraus, dass diese ein hergebrachtes religiöses Zentrum der Region mit einem seltenen Patrozinium war. Es existierte dort eine althergebrachte Wallfahrt zu dem selten verehrten Pest- und Viehpatron St. Oswald von England und das Gotteshaus besitzt bis heute eine Schädelreliquie dieses Königs.
Bei einer Visitation der Pfarrei durch Bischof Nikolaus von Weis entdeckte der ihn begleitende Domkapitular Wilhelm Molitor 1860 in der Kirche mehrere beschädigte und völlig unbeachtete Altargemälde. Auf seine Initiative hin wurden sie restauriert und wieder zusammengefügt. Es handelt sich um einen Flügelaltar aus dem Umfeld Martin Schongauers, der um 1485 entstand und sich heute in Speyer – früher im Dom – nun in St. Ludwig befindet. Er gilt als einer der wertvollsten und bedeutendsten mittelalterlichen Altäre der Pfalz und wird nach seinem Herkunftsort als „Boßweiler Altar“ bezeichnet.[5] Besonders seine anziehenden Weihnachtsdarstellungen finden sich öfter auch überregional in Büchern und Druckwerken.
In der Kirche befindet sich die nicht öffentlich zugängliche Grablege der Ritter Merz von Quirnheim. Die Decke des Gotteshauses ziert ein prächtiges, farbiges Wappen des Geschlechtes. Eine neuzeitliche Gedenktafel weist auch auf den von der dieser Familie abstammenden Oberst Albrecht Mertz von Quirnheim hin, der beim Attentat vom 20. Juli 1944 als Widerstandskämpfer starb.
Haus Nazareth
Zwischen 1923 und 1956 befand sich im „Haus Nazareth“ zu Boßweiler das Mutterhaus des katholischen Schwesternordens der Hildegardis-Schwestern vom Katholischen Apostolat.[6] Hier lebten, wirkten und starben der Ordensgründer Pater Adolf Panzer SAC (1884–1925) und sein Nachfolger Spiritual Hermann Knoll (1897–1935). Sie wurden auf dem nahen Friedhof Quirnheim beigesetzt. Anlässlich der Verlegung des Mutterhauses nach Königsbach an der Weinstraße, ins Kloster „Hildebrandseck“, bettete man am 29. Oktober 1959 beide Priester, als Gründerväter der Kommunität, dorthin um. 1930 besuchte die berühmte Stigmatisierte Therese Neumann von Konnersreuth die Schwestern in Boßweiler.
Weblinks
Einzelnachweise
- Webseite zum Krankenwohnheim „Boßweilerhof“ (Memento vom 6. Mai 2011 im Internet Archive)
- Luftbildaufnahme des nördlichen unbebauten Teils der römischen Anlage, Quelle Webseite der Gemeinde Quirnheim
- Webseite zur Villa Rustica in Boßweiler (Memento vom 22. März 2012 im Internet Archive)
- Ortsliste zum Lorscher Codex, Boßweiler Hof, Archivum Laureshamense – digital, Universitätsbibliothek Heidelberg.
- Webseite zum Boßweiler Altar in Speyer
- Eintrag zu Orden der Hildegardisschwestern, mit Erwähnung von Boßweiler auf Orden online