Bernhard Heinrich Irrgang

Bernhard Heinrich Irrgang (* 23. Juli 1869 in Zduny, Kreis Krotoschin; † 8. April 1916 in Charlottenburg)[1] war ein deutscher Organist, Komponist und Dozent für Orgelspiel.

Bernhard Heinrich Irrgang

Leben

Der Vater Heinrich Irrgang war evangelischer Kantor und Lehrer in Zduny.[2] Bernhard wurde 1890 bis 1896 am Königlichen Musik-Institut Berlin und in der akademischen Meisterklasse für Komposition ausgebildet. Von Studienbeginn an als Organist in verschiedenen Kirchengemeinden tätig, war Irrgang ab 1897 Mitglied des Berliner Philharmonischen Orchesters.[3] Der Schüler Otto Dienels wirkte von 1894 bis 1905 als Organist an der neuerbauten Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg,[2] danach bis 1910 als Musikdirektor in der Berliner St.-Marien-Gemeinde. Ab 1910 war er Organist an der Berliner Dom- und Hofkirche.[4]

Der Orgelvirtuose war in Berlin für seine „bahnbrechenden“ Konzerte bekannt.[4] Unter seinen Auftritten waren über 550 kostenlose wöchentliche Konzerte,[5] bei denen er unter anderem Kompositionen Josef Rheinbergers[6] und seines Schülers Julius Schuppmann vortrug. 1909 machte Irrgang eine Konzertreise nach Schweden.[5]

Von 1905 an lehrte er Orgelspiel am Stern’schen Konservatorium und ab 1912 am Königlichen Musik-Institut.[3] Zu seinen weiteren Schülern zählen John J. McClellan, Franz Sauer, Gerhard Zeggert und Ludwig Brav (1896–1951), Komponist und Dozent an der University of London,[7][8] Irrgang komponierte Orgelsonaten und geistliche Lieder, Motetten und Arien;[3] in seinen Sonaten folgte er der Tradition Felix Mendelssohn Bartholdys und Josef Rheinbergers.[9]

Robert Breuer zählte Irrgangs Orgelspiel „zu den männlichsten Erinnerungen unserer Jugend“.[10] Für Richard Gölz, der ihm 1914 begegnete, gehörte er zu den „großen Orgelmeistern“ der Zeit.[11]

Die Grabstätte befindet sich auf dem Berliner Domfriedhof.[3] Das Staatliche Institut für Musikforschung Berlin verfügt über eine Sammlung Bernhard Irrgang, die Orgelgutachten, Konzertkritiken und -programme sowie Noten enthält;[12] die Staatsbibliothek zu Berlin bewahrt in ihrer Musikabteilung 87 Autographen Irrgangs auf, vor allem Briefe.[13]

Die nationalsozialistische Schriftstellerin Ruth Köhler-Irrgang war seine Tochter.

Werke (Auswahl)

  • Zwei geistliche Lieder für eine mittlere Singstimme mit Orgel- oder Klavier-Begleitung Op. 2
    • Nr. 1: Komm und grüsse mich mit deinem Frieden OCLC 919001443
    • Nr. 2: Aus Jesaias
  • Zwei geistliche Lieder op. 6
    • Nr. 1: Arie
    • Nr. 2: Leise kommt der stille Abend nieder
  • Missa brevis für Frauenchor (Sopran, Alt) und Orgel, Dr. J. Butz Musikverlag
  • Silvesterglocken
  • ich bleibe bei Dir, Text: Adolf Morath
  • Choralbuch zu dem deutschen evangelischen Gesangbuch für die Schutzgebiete und das Ausland. Im Auftrag des Deutschen Evangelischen Kirchenausschusses. Mittler, Berlin 1916. OCLC 165701712

Literatur

  • Irrgang, Bernhard. In: Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie. 2. Ausgabe. Saur, München 2006, ISBN 3-598-25030-4, Band Hitz–Kozub. S. 253.
  • Detlef Giese: Kaiserreich und Weimarer Republik. Otto Dienel, Bernhard Irrgang, Alexander Preuß. In: Ingeborg Allihn (Hrsg.): Wie mit vollen Chören. 500 Jahre Kirchenmusik in Berlins historischer Mitte. Ortus, Beeskow 2010, ISBN 978-3-937788-18-0, S. 176–191.
Commons: Bernhard Heinrich Irrgang – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sterberegister Nr. 414/1916, StA Charlottenburg I
  2. Zdunowski Portal Historyczny (polnisch)
  3. Gedächtnisstätte Bernhard Irrgang. In: Berlin.Friedparks.de.
  4. Herausragende Musikerpersönlichkeiten an St. Petri, St. Marien, St. Nikolai und Parochial. (PDF) Marienkirche-Berlin.de
  5. Eugène Fahlstedt: Irrgang, Bernhard. In: Theodor Westrin (Hrsg.): Nordisk familjebok konversationslexikon och realencyklopedi. 2. Auflage. Band 12: Hyperemi–Johan. Nordisk familjeboks förlag, Stockholm 1910, Sp. 877 (schwedisch, runeberg.org).
  6. Brief vom 5. Oktober 1901: Bernhard Irrgang stellt sich Rheinberger brieflich als Bewunderer vor und bedankt sich für Sonate Nr. 20. In: J. G. Rheinberger-Archiv, Vaduz, e-archiv.li (PDF)
  7. International Association of Rotary Clubs (Hrsg.): Proceedings. Tenth Annual Convention. Salt Lake City, 16.–20. Juni 1919. S. 15.
  8. Elmar Juchem: Ludwig Brav. In: Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hrsg.): Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hg.). Universität Hamburg, Hamburg 2007 (uni-hamburg.de).
  9. Joachim Conrad: Richard Gölz (1887–1975). Der Gottesdienst im Spiegel seines Lebens (= Veröffentlichung zur Liturgik, Hymnologie und theologischen Kirchenmusikforschung. Band 29). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1995, ISBN 3-525-57192-5, zugleich Dissertation, Universität Heidelberg, 1993/94, S. 301. Zu Irrgangs Wertschätzung für Rheinberger siehe seinen Brief vom 5. Oktober 1901: Bernhard Irrgang stellt sich Rheinberger brieflich als Bewunderer vor und bedankt sich für Sonate Nr. 20. In: J. G. Rheinberger-Archiv, Vaduz, e-archiv.li (PDF)
  10. Robert Breuer: Der Organist des Kaisers. In: März. Eine Wochenschrift. Band 7, 1913, Heft 3, S. 500.
  11. Joachim Conrad: Richard Gölz (1887–1975). Der Gottesdienst im Spiegel seines Lebens (= Veröffentlichung zur Liturgik, Hymnologie und theologischen Kirchenmusikforschung. Band 29). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1995, ISBN 3-525-57192-5, zugleich Dissertation, Universität Heidelberg, 1993/94, S. 21.
  12. Sammlung Bernhard Irrgang. Staatliches Institut für Musikforschung, Signatur SM 47. In: Kalliope-Verbund.
  13. Irrgang, Bernhard Heinrich (1869–1916). In: Kalliope-Verbund, zuletzt geändert am 27. Mai 2011.
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