BerlKönig
BerlKönig ist ein Ridepooling-Dienst nach dem Prinzip des Anruf-Sammeltaxis im Berliner Nahverkehr, der seit September 2018 von den Berliner Verkehrsbetrieben eigenwirtschaftlich in Zusammenarbeit mit dem Start-up-Unternehmen ViaVan betrieben wird. Er wird nach einer Sondergenehmigung des Berliner Verkehrssenats nach der Experimentierklausel im § 2 Abs. 7 des Personenbeförderungsgesetzes auf vier Jahre betrieben.
Betrieb
BerlKönig
Die Berliner Verkehrsbetriebe und das Startup ViaVan nahmen den Betrieb des BerlKönig im September 2018 auf, nachdem die Partner den Antrag auf Genehmigung im November 2017 gestellt hatten.[1] Der Ridesharing-Dienst, vergleichbar einem Anruf-Sammeltaxi, ist kein Taxi-Angebot und kein Tür-zu-Tür Service; die Betreiber sehen sich auch nicht als Konkurrenz zum Taxi, sondern als Erweiterung des ÖPNV. Der Berlkönig ist jedoch ausdrücklich kein Teil des Berliner ÖPNV-Angebots, für den ansonsten die Anwendung des VBB-Tarifs grundsätzlich verpflichtend ist.[2] BVG und Viavan nutzen als Genehmigungsgrundlage die sogenannte Experimentierklausel gemäß § 2 Abs. 7 PBefG, die die praktische Erprobung neuer Verkehrsarten oder Verkehrsmittel auf Zeit, wie diese atypische Form der Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen und Bedienung virtueller Haltepunkte, gestattet. Für den Betrieb gibt es keine vertraglichen Regelungen mit dem Land Berlin, es ist ein eigenwirtschaftliches Angebot des Landesunternehmens.[3] Trotz der Selbsteinschätzung der Betreiber fühlen sich die Berliner Taxifahrer durch den BerlKönig wirtschaftlich bedroht.[4]
Der Betrieb wurde zunächst mit 40 batterie-elektrischen B-Klassen-Fahrzeuge (B 250 e) von Mercedes-Benz mit jeweils vier Fahrgastsitzen sowie zehn Diesel-Kleinbussen des gleichen Herstellers mit je sechs Sitzen (V-Klasse) aufgenommen. Inzwischen sind aus einem Pool von insgesamt 132 Fahrzeugen (Stand: April 2019) ständig etwa 70 %, d. h. rund 90 Fahrzeuge, unterwegs.[5] Diese werden pro Tag für etwa 2000 Fahrten per App gebucht.[6]
Seit dem Start im September 2018 seien rund 700.000 Fahrgäste transportiert worden, sagte die Berliner Via-Van-Chefin Valerie von der Tann. Bei der Hälfte seien Fahrten verschiedener Passagiere gebündelt worden, der Durchschnittspreis habe bei knapp sechs Euro gelegen.[7][5]
Der Fahrpreis für die Nutzung des BerlKönig setzt sich aus den folgenden Bestandteilen zusammen und wird gegenüber dem Kunden bei der Buchung angegeben: Je Kilometer (gemäß vorab berechneter, zeitoptimierter Route) ist ein Preis von 1,50 Euro zu zahlen. Auch bei Strecken unter drei km ist ein Mindestpreis von 4 Euro zu zahlen. In Stoßzeiten ist ein Zuschlag in Höhe von 25 % auf den gesamten Fahrpreis zu zahlen. Stoßzeiten sind Montag bis Freitag von 7 bis 9 Uhr. Bucht ein Fahrgast gleichzeitig eine Fahrt für mehrere Personen, erhält jeder Mitfahrer innerhalb der Buchung einen Rabatt von 50 % auf den Fahrpreis.[8]
Berlkönig beschäftigt in Berlin 390 Fahrer, etwa ein Drittel in Minijobs.
BerlKönig BC
Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Verkehr und Digitales gefördertem Projekt, testet die BVG seit August 2019 einen Dienst namens „BerlKönig BC“. Zunächst pendeln Kleinbusse, betrieben von der Berliner Taxiinnung, zwischen dem U-Bahnhof Rudow und dem brandenburgischen Schulzendorf.[9] Weitere Verbindungen zwischen den Tarifgebieten B und C sollen folgen, auch eine Route in Berlin.[10]
Im Gegensatz zum regulären BerlKönig-Dienst, der nach dem Prinzip eines gestaffelten, tageszeitabhängigen Kilometerpreises bezahlt wird, ist für den Dienst BerlKönig BC eine VBB-Fahrkarte für die Tarifbereiche Berlin B und C notwendig sowie eine Schutzgebühr von 50 Cent. Betrieben wird der Dienst mit drei Minibussen vom Typ Mercedes-Benz Sprinter City, die normalerweise nachts auf BVG-Linien verkehren. Der Dienst hat keinen Fahrplan, sondern fährt nach Vorbestellung durch die BVG-App, zunächst zwischen 5 und 9 Uhr sowie 14 bis 20 Uhr. Start oder Ziel ist stets der U-Bahnhof Rudow, Fahrten innerhalb von Schulzendorf oder Zeuthen sind nicht möglich.[10]
Einsatzgebiet
Der reguläre BerlKönig-Dienst hat sein Einsatzgebiet innerhalb des östlichen S-Bahn-Ringes sowie im sogenannten Komponistenviertel in Weißensee, dem Gebiet um die Michelangelostraße sowie einem Streifen, der vom nördlichen Prenzlauer Berg und Gesundbrunnen bis zur Bornholmer Straße reicht. Dazu zählen ebenfalls Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte. Rund 5000 Zustiegspunkte wurden in dem Areal definiert, etwas über 600 an normalen Bushaltestellen, der Rest sind sogenannte „virtuelle Haltestellen“, meist an Straßenkreuzungen.
Der im August 2019 gestartete Probebetrieb von „BerlKönig BC“ pendelt zwischen dem U-Bahnhof Rudow und der benachbarten Gemeinde Schulzendorf.
Planung und Ausbau
Die BVG kündigte Mitte 2019 an, die Flotte von damals gut 150 Fahrzeugen bis Ende 2020 zu 100 Prozent auf vollelektrische Vans umstellen zu wollen; sie solle dann aus Fahrzeugen vom Typ Mercedes eVito Tourer bestehen.
Unterdessen ist geplant, den Testbetrieb zum einen auf 300 Fahrzeuge sowie zudem auf das gesamte Gebiet innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings sowie die Bezirke Weißensee und Lichtenberg auszuweiten.[11] Der Vorstoß erntete Kritik, weil die geplante Betriebsausweitung das Taxigewerbe und auch den bestehenden ÖPNV immer mehr angreife, inzwischen zu 15 % Umsatzrückgang bei den Taxibetrieben geführt habe und eine Beendigung des Berlkönig-Testbetriebs am Ende der insgesamt vierjährigen Erprobungsphase aufgrund des dann erreichten Betriebsumfangs nicht mehr ohne weiteres möglich sei.[12]
Bei entsprechender Akzeptanz des Pilotprojektes könnten später bis zu 300 Fahrzeuge fahren, was einer Versechsfachung der ursprünglichen Fahrzeugflotte entspräche.[13]
Literatur
- Uwe Kerl: BerlKönig BC. In: Berliner Verkehrsblätter. Nr. 9, 2019, S. 179 f.
Einzelnachweise
- Schriftliche AnfragedesAbgeordneten Henner Schmidt (FDP), Drucksache 18/13 834. (PDF) Abgeordnetenhaus Berlin, 3. April 2018, abgerufen am 11. August 2019.
- Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP), Drucksache 18/19958, (PDF; 168 kB) Abgeordnetenhaus Berlin, 2. Juli 2019, abgerufen am 4. Februar 2022
- Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Ziller (GRÜNE), Drucksache 18/13 441. (PDF) Abgeordnetenhaus Berlin, 20. Februar 2019, abgerufen am 11. August 2019.
- Berliner Taxifahrer fühlen sich durch Berlkönig bedroht. In: Inforadio. RBB, 4. Februar 2019, abgerufen am 3. August 2019.
- Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tino Schopf (SPD), Drucksache 18/18077. (PDF) Abgeordnetenhaus Berlin, 18. März 2019, abgerufen am 11. August 2019.
- 2000 Fahrten pro Tag mit Berlkönig-Sammeltaxis. In: Berlin.de. 29. März 2019, abgerufen am 3. August 2019.
- Berlkönig wird voll elektrisch. In: Tagesspiegel.de. 3. Juli 2019, abgerufen am 11. August 2019.
- Schriftliche Anfragedes AbgeordnetenFrank Scholtysek (AfD), Drucksache 18/16186. (PDF) Abgeordnetenhaus Berlin, 16. September 2018, abgerufen am 11. August 2019.
- Jörn Hasselmann: Ein Brandenburger Dorf kriegt einen „Berlkönig“-Bus. In: Tagesspiegel.de. 2. August 2019, abgerufen am 3. August 2019.
- Peter Neumann: Digitaler Rufbus: Jetzt fährt der Berlkönig der BVG auch von Berlin ins Umland. In: Berliner Zeitung. 2. August 2019, abgerufen am 11. August 2019 (deutsch).
- Christian Gehrke: Berlkönig – BVG will Shuttleservice auf gesamten S-Bahn-Ring ausweiten. In: Berliner Zeitung. 3. April 2019, abgerufen am 3. August 2019.
- „Berlkönig ist Kannibalisierung des öffentlichen Nahverkehrs“. In: Abendschau. RBB, 10. März 2019, abgerufen am 3. August 2019.
- Nicolas Šustr: Sammeltaxidienst der BVG gestartet – BerlKönig konkurriert mit Taxi und Bus. In: Neues Deutschland. 9. September 2018, abgerufen am 3. August 2019.