Bauernhausmuseum Bielefeld
Das Bauernhausmuseum Bielefeld ist ein Museum im Stadtbezirk Gadderbaum der ostwestfälischen Stadt Bielefeld im Bundesland Nordrhein-Westfalen. Das Museum liegt im Bielefelder Stadtwald und ist eines der ältesten Freilichtmuseen Westfalens.
Bauernhausmuseum Bielefeld | |
Daten | |
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Ort | Bielefeld |
Art | |
Eröffnung | 1917 |
Besucheranzahl (jährlich) | 34.442[1] |
Website | |
ISIL | DE-MUS-021710 |
2001 wurde das Museum bei der Verleihung der Auszeichnung Europäisches Museum des Jahres besonders empfohlen.[2]
Geschichte
Die Stadt Bielefeld ließ das Museum ab 1915 auf Initiative des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg errichten. Das Museum ist eine der ersten Gründungen seiner Art in Europa und das älteste in Westfalen. Eröffnet wurde das Museum am 6. Juni 1917.
Das Hauptgebäude des Museums war das Haupthaus des Hofes Meier zu Ummeln von 1606 aus Bielefeld-Ummeln, das hierhin versetzt wurde. Es brannte jedoch 1995 samt Inventar infolge eines technischen Defektes ab und wurde 1999 durch das Haupthaus des Hofs Möllering aus Rödinghausen (Kreis Herford) ersetzt. Es handelt sich bei dem neuen Haus um ein Dreiständerhaus aus dem Jahr 1590. Seit der Wiedereröffnung wird im Bauernhausmuseum das ländliche Leben, Wohnen und Arbeiten um 1850 dargestellt. In den einzelnen Ausstellungsabteilungen werden funktionale und historische Zusammenhänge einer Hofwirtschaft im 19. Jahrhundert erläutert.
Erst zwanzig Jahre nach der Eröffnung des Museums entstand in den 1930er Jahren mit einer Bockwindmühle, einer Bokemühle und eines Spiekers eine freilichtmuseale Anlage, welche in den 1980er Jahren eine Erweiterung durch ein Backhaus und ein Bienenhaus erfuhr.
Ausstellungsabteilungen
In der Dauerausstellung werden der Hof Möllering (Haupthaus, 1590), ein Backhaus (1764), eine Bockwindmühle (1686), eine Bokemühle (1826) und der Spieker (1795) gezeigt. Daneben werden im Sonderausstellungsraum des Haupthauses regelmäßig wechselnde thematische Sonderausstellungen dargeboten.
Hof Möllering
Das Haupthaus stellt ausgehend vom Leitgedanken „System Hof“ Aspekte ländlichen Lebens um 1850 dar. Hier wird die Aufgabe und Stellung eines jeden Hofbewohners und Nutztieres deutlich sowie deren wechselseitige Abhängigkeit voneinander. Ebenso wird der Einfluss von Wetter, Krankheit, Heirat und Tod auf die Produktivität in der damaligen Hofwirtschaft erläutert. Die Alltagswelt wird anhand von Möbeln und Geräten veranschaulicht. Im Mittelpunkt des Haupthauses steht das offene Herdfeuer, das Wärme und Licht zur Verfügung stellte. Das Haus verfügt zwar über keinen Schornstein, jedoch konservierte aufsteigender Rauch Fleisch und Würste und schützte vor Ungeziefer.
In der Esslucht ist zu sehen, in welcher Umgebung die Hofbewohner gemeinsam ihre Mahlzeiten einnahmen. Meistens kamen Brei, Grütze, Pfannkuchen und Suppen auf den Tisch. Der in der Erntezeit erwirtschaftete Lebensmittelüberfluss wurde nach Einsatz von Konservierungsmethoden im Vorratskeller gelagert.
Da neben der Landwirtschaft die Garn- und Leinenproduktion von Bedeutung war, befindet sich im Hof Möllering eine Webkammer. Die Textilien wurden sowohl zum Eigenbedarf als auch zum Verkauf verwendet. In den Wintermonaten wurde auch die (Wohn-)Stube genutzt, um Flachs zu verspinnen.
Backhaus
Auch heute ist der Ofen im Backhaus funktionstüchtig. „Ein harter, schwarzer klebriger Stein“, so beschrieb der französische Philosoph Voltaire das in Ravensberg beliebte Brot, das Pumpernickel. Im Backhaus wurde das Brot, wie z. B. das genannte Pumpernickel, auf Vorrat gebacken. Je nach Anzahl der Hofbewohner musste etwa alle zwei bis vier Wochen gebacken werden. Vor dem Backen musste das Feuer im Ofen ca. sechs bis acht Stunden lang brennen. Als Brennmaterial kam meistens Holz zum Einsatz. Wenn die Brote aus dem Ofen kamen, wurde die Restwärme des Ofens häufig noch zu anderen Zwecken benutzt, z. B. für Kuchen oder Feingebäck. Thematisiert wird hier zudem die lang anhaltende Hungerkrise Mitte des 19. Jahrhunderts im Ravensberger Land. 1824 leiteten ungünstige Witterungsverhältnisse eine Ernährungskrise ein, die zusammen mit weiteren Faktoren katastrophale Auswirkungen auf die Menschen in der Region hatte. Damit nahm eine Katastrophe ihren Anfang, die bis zum Ende der 1840er Jahre anhielt und für die Menschen Hunger, Not und Elend bedeutete.
Bockwindmühle
Die Mühle diente zur Gewinnung von Mehl bzw. Schrot. Es bestand ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Bauer und Müller, denn ohne die Expertenkenntnisse und Arbeitskraft des Müllers wurde das Getreide des Bauers nicht zu Brot. Auf der anderen Seite konnte der Müller seine Arbeit nur dann ausführen, wenn dieser Getreide vom Bauer erhielt. Der Müller war selbstverständlich auch vom Wetter abhängig, denn waren die Windverhältnisse schlecht, verzögerte sich die Arbeit. Für den Richtungswechsel des Windes stellte die Windmühle eine Lösung dar, denn das Mühlengehäuse war und ist auch heute noch in den Wind drehbar. Damit die Mühle ihre Stabilität bewahrt, wurde sie durch einen Hausbaum, der auf der Ochsenheide stand, verankert. Der einzige Drehpunkt des Mühlengehäuses befindet sich an der Stelle, wo auf dem oberen Teil des Hausbaumes ein mächtiger Querbalken aufsitzt. Waren die Wetterbedingungen lang anhaltend schlecht, so dass der Müller nicht mahlen konnte, musste mit einer handbetriebenen Schrotmühle gemahlen werden. Eine solche Handmühle ist aus museumspädagogischem Anlass im Bauernhausmuseum ausgestellt. 2015 wurden das Gehäuse und die Flügel der Bockwindmühle erneuert.
Bokemühle
Die Bokemühle wurde bei der Herstellung von Leinen aus dem Rohstoff Flachs genutzt. Der Flachs wurde unter den Hämmern der Mühle weichgeklopft. Das Hammerwerk der Mühle wurde von einem Pferd angetrieben, weshalb diese auch Rossmühle genannt wird. Heutzutage gibt es nur noch zwei Mühlen dieses Typs in der Region, wobei die Bokemühle die ältere ist.
Spieker
Ursprünglich wurde das Obergeschoss des Spiekers als Lager für wertvolles Saatgut genutzt. Heute sind zwei Ausstellungen in dem Haus untergebracht. Im Erdgeschoss verdeutlichen Dokumente im Kontrast zu idyllischen Abbildungen die Probleme alter Menschen im 19. Jahrhundert. Im Obergeschoss wird thematisiert, welche Abgaben und Dienste die ansässigen Bauern ihrem Grundherren erbringen mussten und wie die Bauern mühsam versuchten, diese Abgaben aufzuheben.
Sonstiges
Kinderhaus
In der neu konzipierten Ausstellung sind Kinder besonders willkommen. Seit 2007 steht ihnen sogar ein eigenes Haus zur Verfügung, d. h. ein Gebäude für die museumspädagogische Arbeit. Themenbezogene Mitmach-Workshops wie z. B. „Buttern“ oder „Lappenpickert backen“ werden hier durchgeführt. Das Kinderhaus ist ein ehemaliges Schiffer- und Fischerhaus aus dem Jahre 1568 und stand ursprünglich in Vlotho.[3] Dort als Haus Casselmann bekannt, war es bis zu seinem Abbau im Zuge der Stadtsanierung Ende der 1960er Jahre das älteste bekannte Wohnhaus in Vlotho.[4] Seitdem sind zwei Fachwerkgebäude aus dem Jahr 1570 zu nennen.[5]
Gärten und Bienenhaus
Besucher haben die Möglichkeit, einen ländlichen Ziergarten sowie Nutzgärten kennenzulernen. Die Konzeption des Ziergartens orientiert sich an populären Vorstellungen von ländlichen Ziergärten des 18. und 19. Jahrhunderts. Hier besteht die Möglichkeit, historisch gewordene Zier- und Nutzpflanzen kennenzulernen. Außerdem ist ein Bienenhaus (1900) zu sehen, da Honig neben Rohrzucker aus Übersee und dem aus der Zuckerrübe gewonnenen Zucker das preiswertere Süß- und Heilmittel war. Bienenwachs diente des Weiteren als Rohstoff für Kerzen. Heute wird weiterhin Honig im Bienenhaus hergestellt.
Feiern und Café
Das Bauernhausmuseum verfügt über ein Café, in dem westfälische Gerichte, wie z. B. der Pickert, gespeist werden können. Ferner werden neben kalten und warmen Getränken selbst gemachte Kuchen und Torten angeboten. Für Feierlichkeiten stellt das Museum den passenden Rahmen dar, um die Gäste in einem besonderen Ambiente zu empfangen.
Museumssammlungen
Von der Museumssammlung wird nur ein Teil in der Dauerausstellung gezeigt. Die Exponate wie Möbel, hölzerne Arbeitsgeräte, Keramik oder Kleidung stammen gemäß dem lokalen Sammelauftrag fast ausschließlich aus dem näheren Umkreis von Bielefeld.
Literatur
- Johannes Altenberend, Lutz Volmer (Hrsg.): Das Bielefelder Bauernhausmuseum 1917-2017. Ein Ort für die ländliche Geschichte, Verlag Regionalgeschichte Bielefeld 2017.
- Astrid Ballerstein: Brautschatz und Kornfege. Ein Führer durch das Bauernhaus-Museum der Stadt Bielefeld. Bielefeld 1992
- G. Ulrich Großmann: Führer durch das Bauernhausmuseum Bielefeld (Kleine Westfälische Bibliothek, Band 3). Bielefeld 1984
- Claudia Puschmann, Rosa Schumacher (Hrsg.): Bauernhaus-Museum Bielefeld. Einblicke in das "System Hof" in Ravensberg in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Bielefeld 1999
- Lutz Volmer: Ein Schiffer- und Fischerhaus von 1568. Das Haus der Familie Casselmann, Lange Straße 32 in Vlotho. In: Krambude, Boutique und Laden (Einblicke. Schriften der Stiftung Kleines Bürgerhaus, Band 6), Michael Imhof Verlag Petersberg 2021, S. 119–133
Siehe auch
Weblinks
- Homepage Bielefelder Bauernhausmuseum
- Aktuelles Veranstaltungsprogramm Aufgerufen auf www.bielefeld.jetzt am 22. Oktober 2018
- Bernd J. Wagner: 22./23. Mai 1995: Das Bauernhausmuseum wird ein Raub der Flammen Historischer RückKlick (Stadtarchiv Bielefeld) Abgerufen am 20. Februar 2019
- Bernd J. Wagner: 6. Juni 1917: Das Bielefelder Bauernhausmuseum wird eröffnet Historischer Rückklick (Stadtarchiv Bielefeld) Abgerufen am 20. Februar 2019
- Bauernhausmuseum Bielefeld bei Museum Digital
Einzelnachweise
- Gut 34.000 Menschen haben 2015 das Bauernhausmuseum besucht. In: Neue Westfälische, 23. Januar 2016
- European Museum of the Year Award 2001 Aufgerufen auf www.archive.org am 22. Oktober 2018.
- Kinderhaus. bielefelder-bauernhausmuseum.de, abgerufen am 12. Februar 2020.
- Haus Casselmann in Vlotho an der Langen Straße Nr. 32. geschichtevlotho.de, abgerufen am 12. Februar 2020.
- Fachwerksgebäude in Vlotho. weser-tourismus.com, abgerufen am 12. Februar 2020.