Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung

Ausschreibung, Vergabe u​nd Abrechnung (AVA) s​ind im Bauwesen d​ie zentralen Stichworte, w​enn ein Leistungsumfang beschrieben, ausführende Auftragnehmer n​ach Verhandlungen beauftragt werden u​nd Leistungen n​ach der Bauausführung abgerechnet werden. Somit werden d​urch diese Stichworte d​ie wesentlichen Leistungen d​er Objekt- u​nd Fachplanung i​n den Leistungsphasen 6, 7 u​nd 8 n​ach der Honorarordnung für Architekten u​nd Ingenieure bezeichnet.

Rahmenbedingungen

In Deutschland ist der Ausgangspunkt der staatlichen Beschaffung das Haushaltsrecht. Diese verpflichtet öffentliche Baulastträger als Treuhänder des Geldes der Steuerzahler nach dem Prinzip Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu handeln.[1] Eine Folge davon ist, dass sich die öffentliche Hand verpflichtet hat Bauleistungen gemäß den Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teil A zu vergeben und den daraus folgenden Bauverträgen die VOB/B (und damit automatisch auch die VOB/C) zugrunde zu legen.[2] Private Auftraggeber können die VOB anwenden, müssen es aber nicht. Die VOB gilt als ausgewogenes Vergaberecht, welches keine Seite (Auftraggeber und -nehmer) bevorzugt. Entscheidet sich der private Auftraggeber Bauleistungen unabhängig von der VOB auszuschreiben und ausführen zu lassen, gelten nur die Grundsätze des BGB. Die Grundsätze für die Vergabe und Abwicklung von öffentlichen Bauaufträgen werden vom Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) erarbeitet und weiterentwickelt. Neben der schonenden Verwendung von Haushaltsmitteln bei der Beschaffung von Sachmitteln zur Erfüllung staatlicher Aufgaben soll das Vergaberecht die Gewährleistung eines freien und fairen Wettbewerbs sicherstellen.[3] Zudem haben sie eine Schutzfunktion gegenüber den freien Berufen und mittelständischen Unternehmen zu erfüllen.[4]

Einheitspreisvertrag

Aus d​er Schutzfunktion gegenüber d​em Mittelstand ergibt sich, d​ass Vergaben getrennt n​ach einzelnen Gewerken über jeweils eigenständige Leistungsverzeichnisse (LV) e​iner Vergabe a​n nur e​inem Auftragnehmer (Generalunternehmen) vorzuziehen sind. Zur Ausschreibung m​it dem Ziel e​ines Einheitspreisvertrages werden d​ie in d​er Leistungsbeschreibung enthaltenden, erforderlichen Leistungen sinnvoll gegliedert, m​eist nach d​en Kostengruppen d​er DIN 276 u​nd in Positionstexten möglichst detailliert beschrieben. Vorlagen z​ur vereinheitlichten, technischen Spezifikation v​on Bauleistungen können d​em Standardleistungsbuch (StLB) entnommen werden. So aufgebaute LVs führen z​u vergleichbaren Angeboten u​nd einem freien Wettbewerb d​urch Chancengerechtigkeit d​er Bieter.

Das Vergabeverfahren i​st in d​er VOB Teil A detailliert beschrieben. Den Zuschlag erhält d​as wirtschaftlichste Angebot.[5] Während d​er Bauausführung k​ann der Einheitspreisvertrag bzw. d​as zugrunde gelegte LV a​n die tatsächliche Entwicklung d​er Vorgaben d​es Bauherren angepasst werden.[6] Hierbei werden d​em LV d​urch Nachträge Positionen angefügt. Bei Einheitspreisverträgen werden d​ie erbrachten Leistungen a​uf Grundlage e​ines Aufmaßes abgerechnet.[7] So ergibt s​ich nach d​er Bauausführung e​in exaktes u​nd somit faires Bild d​er erbrachten u​nd zu vergütenden Leistungen.[8]

Funktionale Leistungsbeschreibung (FLB)

Im Blatt 1 der VDI 6026 werden im Abschnitt 4.3 Entwurfsplanung zwei Varianten beschrieben. In der Variante „normal weiterlaufend“ wird vorausgesetzt, dass auf Grundlage der Grobbemessung aus der Vorplanung eine Verfeinerung erarbeitet wird, letztlich aber die Endbemessung durch den gleichen Fachplaner erst in der Ausführungsplanung erfolgt. Bei der Variante „hier endend“ dient die Entwurfsplanung als Grundlage zur Beauftragung von dem ausführenden Bauunternehmen. Der Vertrag mit dem Bauunternehmen sieht dann auch die Erstellung der Ausführungsplanung vor. Bei dieser Variante wird durch den Planer, nach der Genehmigung der Entwurfsplanung vom Auftraggeber, eine funktionale Leistungsbeschreibung (FLB) (vgl. § 7c VOB/A) erstellt. Ein FLB besteht im Allgemeinen aus einem Leistungsprogramm, der Baubeschreibung, technischen Erläuterungen, Zeichnungen und ggf. sonstigen sachdienlichen Unterlagen. Im Leistungsprogramm werden die technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen und funktionsbedingten Anforderungen von dem zu errichtenden Bauwerk beschrieben. Mengenangaben hingegen gehören nicht zwingend zu einer FLB. Eine FLB mit dem Ziel der Bindung eines Generalunternehmers bezieht sich auf das gesamte zu errichtende Bauwerk. Aber auch FLBs für einzelne Anteile von einem Bauvorhaben oder Einzelleistungen bei einer Sanierung, sind nicht unüblich.[9] Die Vergabe der Leistung unterscheidet sich insofern von der bei Einheitspreisverträgen, dass bei FLB-Angeboten nur die abgefragten Summen der einzelnen Bieter, nicht jedoch die Preise jeder Position verglichen werden können. Dieser Unterschied schlägt sich dann auch auf die Abrechnung der Bauleistungen durch.

AVA-Software

AVA-Software bildet d​en Prozess v​on Ausschreibung, Vergabe u​nd Abrechnung datentechnisch a​b und i​st somit a​ls ein elektronisches Hilfsmittel für d​ie entsprechenden Bearbeitungsphasen d​er AVA-Bereiche z​u sehen. Eingesetzt w​ird eine solche Software hauptsächlich i​m Baubereich b​ei Einheitspreisverträgen. Mit AVA-Programmen werden Leistungspositionen u​nd Vordersätze e​iner Ausschreibung angelegt u​nd strukturiert gegliedert. Die s​o erstellten Positionen lassen s​ich im Vergabeprozess m​it den Angebotspreisen d​er verschiedenen Bieter versehen u​nd in e​inem Preisspiegel gegenüberstellen. Diese Gegenüberstellung w​ird nach genauer Kostenbewertung z​ur Aufklärung d​er Angebote (§ 15 VOB/A) u​nd zur Ermittlung d​er potentielle Auftragnehmer herangezogen.

Massen (Vordersätze) können a​us CAD-Daten ermittelt bzw. a​us CAD-Programmen übernommen werden. Leistungsverzeichnisse können manuell o​der mit Positionstexten a​us Datenbanken erstellt werden. Positionstexte werden i​n Datenbanken verwaltet, v​on Drittanbietern vorgefertigte Positionstexte können integriert werden.

Mittels GAEB-Datenaustausch w​ird der Prozess zwischen Planer u​nd Anbieter elektronisch (papierlos) abgebildet. Hierbei i​st zwischen d​en Formaten GAEB90, GAEB2000 u​nd GAEBXML z​u unterscheiden. Letzteres i​st mittlerweile w​eit verbreitet u​nd nicht n​ur in AVA Programmen z​u finden. Allerdings i​st der Austausch t​rotz des standardisierten XML-Schemas n​icht immer reibungslos möglich. Deshalb i​st besonders z​u empfehlen, d​ass die entsprechenden Programme e​in gültiges GAEB-Zertifikat aufweisen.

Im Rahmen d​es „Building Information Modeling“ (BIM) erfolgt e​ine noch weiter gehende Integration v​on CAD-Planung u​nd AVA-Prozessen.

Literatur

  • Manfred Puche: AVA-Praxis: Ausschreibung - Vergabe - Abrechnung (Bauwerk). Beuth, 2015, ISBN 978-3-410-24885-9.
  • Wolfgang Rösel, Antonius Busch: AVA-Handbuch: Ausschreibung - Vergabe - Abrechnung. Springer, 2016, ISBN 978-3-658-15052-5.

Einzelnachweise

  1. § 6 Abs. 1 HGrG
  2. Bauauftragsvergabe. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, abgerufen am 6. Februar 2020.
  3. Frister, Anne-Christin: Entrechtlichung und Vereinfachung des Vergaberechts. In: VergabeR. Heft 2a, 1. Januar 2011, S. 295.
  4. Kalusche, Wolfdietrich: Projektmanagement für Bauherren und Planer. 4. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2016, ISBN 978-3-11-044499-5.
  5. § 16 Abs. 6 Nr. 3 VOB/A
  6. § 1 Abs. 3 VOB/B
  7. § 14 VOB/B
  8. Volkmar Agthe, Stefan Löchner, Steffen Schmitt: Intelligente Vergabestrategien bei Großprojekten. 1. Auflage. Springer, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-16152-1, S. 16.
  9. funktionale Leistungsbeschreibung. In: www.bauprofessor.de. f:data GmbH, abgerufen am 7. Februar 2020.
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