Artushof (Königsberg, Kneiphof)
Der Artushof im Königsberger Stadtteil Kneiphof, auch Kneiphöfischer Junkerhof, befand sich in der Brotbänkenstraße und bestand bereits seit dem Mittelalter. Der kneiphöfische Arthushof wurde von den Senatoren und Kaufleuten und Gildefischern als Versammlungsort verwendet. Das Gebäude hatte vier sogenannte Winkel: Rats-, Gerichts-, Rosen- sowie Hölkenwinkel (nach dem Schiffstyp der Holk benannt). Von den verschiedenen mittelalterlichen Artushöfen in Königsberg hat sich keine Spur erhalten. An seiner Stelle entstand 1704[1] der Sitzungssaal der Stadtverordneten als Westflügel des Kneiphöfischen Rathauses. Bei den Luftangriffen auf Königsberg und der anschließenden Schlacht um Königsberg wurde das Gebäude zerstört.
Der mittelalterliche Artushof in der Königsberger Brotbänkenstraße ist nicht mit dem gleichnamigen Artushof auf dem Domplatz 3, der erst im 19. Jahrhundert erbaut wurde, zu verwechseln.
Geschichte und Ausstattung
Hölkenwinkel
Das schmiedeeiserne Treppengeländer, das zum Junkerhof führte, zeigte das Wappen des Hölkenwinkels als Schmuck. Das Wappen des Hölkenwinkels stellte ein Schiff mit zwei gekreuzten Bootshaken dar. Über dem Segelschiff flatterten Bänder, die mit Putten geschmückt waren. Die Bänder gingen von Maria aus, die auf dem einen Arm das Jesuskind und in der anderen Hand eine Rose trug. Um das Schiff türmten sich zwei burgen- und kirchenbesetzte Felsen empor, unter denen sich viele Menschen und Tiere befanden. Unten waren zwei Wappen. Ein Wappen zeigte eine Heilige mit Turm und Palme sowie den Bischof Adalbert.[2]
Das Silberschild wurde von dem Königsberger Goldschmied Paul Hoffmann um 1550 geschaffen. Das Silberschild war Teil eines großen Silberschatzes der Kaufherren und Gildeschiffern, der aus 93 Schildern und drei vergoldeten Trinkhörnern bestand. Um die Kriegskontribution der Napoleonischen Kriege zu begleichen, wurde der Schatz veräußert. Auf dem geblähten Segel des Schiffes war zu lesen:
Will Got so
Far ick wol de
wile ick leve
Wer mir dat fo
r gund und nich
t engenet d sl d mort
Will es Gott so
fähr ich wohl, der-
weilen ich lebe.
Wer mir das ver-
gönnt und mich nicht
beengt, der schlage den Tod.
Das Schild gelangte schließlich in die Kunstsammlungen des Königsberger Schlosses.[3]
Rosenwinkel
Der Rosenwinkel wurde nach der marianischen Rose der Deutschordensritter benannt. Das schmiedeeiserne Treppengeländer, das zum Junkerhof führte, zeigte das Wappen des Rosenwinkels als Schmuck. Das Rosenwinkelwappen zeigte in der Mitte die Rose, umrahmt von einem Blätterkranz, dekoriert mit Putten. Ein Renaissanceornament schmückte die Ecken. Früchte und Blumen rahmten eine Art Kartusche mit Namen ein, dazu Engelshermen.
Im Rosenwinkel wurde Gerichtsbarkeit über den ganzen Hof gehalten und Schuldige bestraft. Im Rosenwinkel wurden nach denselben Gesetzen, Feierlichkeiten und Freiheiten, wie im altstädtischen Junkerhof, die Hofbrüder gewählt und bei Hochzeiten und Trinkgelagen stellte man die Wappen, silbernen Geräte und silbernen Schilde öffentlich aus. Am Ofen stand der Tisch der Tribunen, der Eltertisch. Hinter dem Ofen befand sich die Figur des Bacchus mit Zierraten. An den Wänden waren achtzehn Leuchter aus Messing angebracht. In der Mitte befanden sich vier Hirschgeweihe mit Leuchtern. Im Rosenwinkel befand sich auch die Statue des Hl. Sebastian. Ein Gemälde zeigte Wladislaw IV. Wasa, König von Polen, mit auf dem Tisch liegender Krone und Zepter. Daneben befand sich ein stehender Molosserhund, dessen Halskette mit drei Rosen bemalt war und die Zahl 1639 zeigte.
Im Rosenwinkel befanden sich auch Gemälde, die die Stadt Königsberg und die Schlacht bei Rudau 1370 darstellten.[4]
„Ob wol der Orden das Preussenland
vertreten hat ist fast bekandt,
denn da der Pohl das land drang hart
vom Orden es beschützet ward
und ob der Pohl nam überhandt,
der orden schon zur flucht sich wandt
hat doch erwischt die Kneiphöffische Fahn,
Ein Schuchknecht gar ein streitbar Mann,
Daher das glück und Sieg zuhandt
Auffs Ordens seit sich hat gewandt.
Deswegen Gott zu dancken ist
und Hans von Sagen zu der frist,
der von der hohen Obrigkeit
das Smeckbier begehrt zu ewiger Zeit
auf himmelfart zu besonder ehr,
Stadt Kneiphoff sonst keiner mehr
solches mann bey mann soll tricken aus
mit fried auff den Fürstlichen hauss
und obs bisher was ist verschoben
ist es darum nicht gar aufgehoben
wenn dann mit gut und blut verfecht
die alten ihre Freiheit und recht
und solches haben mit grosser macht
auff ihre Posteritet gebracht
ist ihnen zu ehren aufgericht
durchs malers Kunst diese geschicht
damit zu ewiger dankbarkeit
ihr mänlich that wird ausgebreit
und ihr nachkommen gleicher weiß
trachten nach tugendt ehrend preiß. Renoviret 1614[5]“
Rats- oder Senatorenwinkel
Im Ratswinkel versammelten sich die Senatoren. Im Senatorenwinkel befanden sich zehn Tafeln der Bürgermeister mit der Zahl 1578, sowie ein Gemälde Das jüngste Gericht und darunter folgende Worte: „Recte judicate filii hominum, ne a judice supremo judicemini“.
Gerichts- oder Schöppenwinkel
Im Gerichts- oder Schöppenwinkel befanden sich verschiedene Statuen, darunter die der Justitia und die des Cambyses. Dort sind folgende Reime zu lesen:
Stadtverordnetensaal
Der Stadtverordnetensaal im Kneiphöfischen Junkerhof wurde 1704 erbaut. Er war 14 m lang, 12 m breit und 7 m hoch. Ursprünglich trugen Pilaster mit wulstigen, ionischen Kapitellen die Decke. Zwischen den Pilastern befanden sich die Bildnisse der Kurfürsten und Könige. Die ionischen Kapitelle wurden später entfernt und stark vereinfacht. Die aus Stuck hergestellten Figuren in der Hohlkehle stellten die vier Jahreszeiten und die vier Elemente dar. Zwischen ihnen befanden sich allegorische Gemälde, die später durch stark vereinfachte Stuckornamente ersetzt wurden. Darauf folgten in Stuck Genien, Ranken und in den Ecken Muscheln. In der Mitte befand sich auch ein allegorisches Gemälde, das durch ein von Johannes Heydeck im Jahre 1889[7] gemaltes Ölbild ersetzt wurde, das die Künste und Lustbarkeiten darstellte. Das von Heydeck entfernte Gemälde wurde in der Königsberger Hartungschen Zeitung 1865 dargestellt.[8] Die Stuckarbeiten schufen die Gebrüder Pörzel aus Königsberg.[9][10][11][12][13] Bis 1933 befanden sich im Kneiphöfischen Stadtverordnetensaal zwei Büsten, geschaffen von Rudolf Leopold Siemering (* 10. August 1835; † 23. Januar 1905 in Berlin). Beide wurden durch die Nationalsozialisten entfernt, weil sie Juden darstellten. Eine Büste stellte Eduard von Simson dar, während die andere Büste Johann Jacoby zeigte.[14]
Literatur
- Adolf Boetticher (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Ostpreußen. Im Auftrag des Ostpreußischen Provinzial-Landtages. Heft VII. Die Bau- und Kunstdenkmäler in Königsberg. Bernhardt Teichert, Königsberg 1897, OCLC 312871065.
- Walther Franz: Geschichte der Stadt Königsberg. Serien: Der Göttinger Arbeitskreis. Schriftenreihe, Heft 30. Holzner-Verlag, Kitzingen/Main 1953, OCLC 12208401.
- Baldur Köster: Königsberg. Architektur aus deutscher Zeit. Husum, Husum 2000, ISBN 3-88042-923-5.
- Markus Podehl: Architektura Kaliningrada – Wie aus Königsberg Kaliningrad wurde. (= Materialien zur Kunst, Kultur und Geschichte Ostmitteleuropas. Band 1). Herder-Institut, Marburg 2012, ISBN 978-3-87969-375-7.
Einzelnachweise
- vgl. Boetticher, S. 355.
- vgl. Boetticher, S. 353–357: Kneiphöfischer Junkerhof.
- Herbert Meinhard Mühlpfordt: Unsterbliches Königsberger Schloss. P. Lang, Frankfurt am Main 2004, OCLC 56686151, S. 101.
- vgl. Boetticher, S. 353–357: Kneiphöfischer Junkerhof.
- Boetticher, S. 353: Kneiphöfischer Junkerhof.
- Boetticher, S. 353: Kneiphöfischer Junkerhof.
- vgl. Boetticher, S. 357.
- Königsberger Hartungsche Zeitung 1865 Nr. 306 1. Teil. Abb. 226.
- E. V. Czihak und Waltor Simon: Königsberger Stuckdecken. In: Verein für die Geschichte von Ost- und Westpreussen (Hrsg.): Altpreussische Monatsschrift, Heft 36, Königsberg 1899
- vgl. Franz, S. 153.
- Königsberger Hartungsche Zeitung 1865 Nr. 306 1. Beilage
- vgl. Boetticher, S. 353–357
- vgl. Köster, S. 203 Junkerhof.
- vgl. Herbert Meinhard Mühlpfordt: Königsberger Skulpturen und ihre Meister 1255-1945. Holzner, Würzburg 1970, OCLC 4261883, S. 165 und 166.