Archiv unterdrückter Literatur in der DDR

Das Archiv unterdrückter Literatur in der DDR ist ein von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördertes Projekt zur Erforschung bislang unbekannter, in der SBZ oder der DDR entstandener literarischer Texte, die dort nicht veröffentlicht wurden bzw. werden durften.[1][2][3] An dem Projekt war unter anderem das Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung beteiligt.[4][5]

Das Archiv wurde von Joachim Walther und Ines Geipel gegründet.[6][1][7] Von 2001 bis 2005 füllten sie es mit ungefähr 40.000 Manuskriptseiten von rund 100 Autoren.[3][2][8] Im Gegensatz zu (ebenfalls aufgenommenen) Vor- und Nachlässen war ein großer Teil davon von der Staatssicherheit als Beweismaterial gegen verhaftete Autoren aufbewahrt worden, Walther stieß darauf bei seiner Arbeit im Auftrag der Gauck-Behörde.[7][8]

Seitdem gaben Geipel und Walther die Reihe „Die Verschwiegene Bibliothek“ in der Edition Büchergilde mit Texten aus dem Archiv heraus.[7][9][6] Als erste zwei von zwanzig ursprünglich geplanten Titeln[7] erschienen 2005 ein Band mit Lyrik und Briefen von Edeltraud Eckert (die 1955 nach einem Arbeitsunfall im Frauenzuchthaus Hoheneck starb) und ein literarisches Tagebuch aus den Wendejahren 1989 f. von Radjo Monk.[6][2][3] Die Reihe wurde jedoch (zu Joachim Walthers Leidwesen) nach zehn Bänden[7] mit Michael Sallmanns 2009 erschienen Badetag beendet.[10][9]

Für d​ie Gründung d​es „Archivs unterdrückter Literatur“ u​nd die Reihe „Die Verschwiegene Bibliothek“ wurden Geipel u​nd Walther 2011 m​it dem Antiquaria-Preis z​ur Förderung d​er Buchkultur ausgezeichnet.[11][12]

Literatur

  • Matthias Buchholz: Von der Ohnmacht unterdrückter Autorinnen und Autoren und der retrospektiven Macht der Archive. Das Archiv unterdrückter Literatur in der DDR. In: Rainer Hering, Dietmar Schenk (Hrsg.): Wie mächtig sind Archive? Perspektiven der Archivwissenschaft (= Veröffentlichungen des Landesarchivs Schleswig-Holstein. Band 104). Hamburg University Press, Hamburg 2013, ISBN 978-3-943423-03-7, S. 165–187 (Volltext [PDF; 833 kB; abgerufen am 27. März 2019]).
  • Joachim Walther: Schreiben außerhalb des Kanons oder Die Verteidigung der geistigen Autonomie. In: Hans Jörg Schmidt, Petra Tallafuss (Hrsg.): Totalitarismus und Literatur. Deutsche Literatur im 20. Jahrhundert – Literarische Öffentlichkeit im Spannungsfeld totalitärer Meinungsbildung (= Schriften des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung. Band 33). Vandenhook & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-36909-8, S. 161–172 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 9. März 2019]).
  • Michael Bienert: Das Archiv unterdrückter Literatur. Mundtot, aber nicht für immer. In: Stuttgarter Zeitung. 11. Januar 2011 (Volltext auf text-der-stadt.de [abgerufen am 9. März 2019]).
  • Ines Geipel, Joachim Walther: Gesperrte Ablage. Unterdrückte Literaturgeschichte in Ostdeutschland 1945–1989. Lilienfeld Verlag, Düsseldorf 2015, ISBN 978-3-940357-50-2 („Analyseband“ zur Einordnung der in der „Verschwiegenen Bibliothek“ veröffentlichten Texte,[8][7] Dokumentation des „Archivs unterdrückter Literatur in der DDR“ im Anhang, S. 309 ff.[13]).

Einzelnachweise

  1. Joachim Walther: Schreiben außerhalb des Kanons oder Die Verteidigung der geistigen Autonomie. In: Hans Jörg Schmidt, Petra Tallafuss (Hrsg.): Totalitarismus und Literatur. Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-36909-8, hier S. 161 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 18. März 2019]).
  2. Simone Neteler: Die „Verschwiegene Bibliothek“. In: deutschlandfunk.de. 1. Juli 2005, abgerufen am 9. März 2019.
  3. Rolf Schneider: Was in der DDR nicht gedruckt werden durfte. In: welt.de. 15. April 2005, abgerufen am 18. März 2019.
  4. Cornelia Geissler: Archiv „Unterdrückte Literatur in der DDR“ stellt seine Arbeit vor. Die Welt ist eine Schachtel. In: Berliner Zeitung. 7. Juli 2001, abgerufen am 9. März 2019.
  5. Geförderte Projekte > [2001 Geförderte Projekte]. (PDF; 215 kB) S. 8. In: bundesstiftung-aufarbeitung.de. Abgerufen am 27. März 2019.
  6. Jochen Staadt: Die „Verschwiegene Bibliothek“. Die Edition Büchergilde bringt zwanzig Bände unterdrückte DDR-Literatur heraus. In: Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat. Band 17, Nr. 17, 2005, ISSN 0948-9878, S. 187–189 (Volltext [PDF; 93 kB; abgerufen am 19. März 2019]).
  7. Michael Bienert: Das Archiv unterdrückter Literatur. In: Stuttgarter Zeitung. 11. Januar 2011 (Volltext auf text-der-stadt.de [abgerufen am 18. März 2019]).
  8. Katja Stopka: Ines Geipel u. a.: Gesperrte Ablage. In: H-Soz-Kult. 31. Mai 2016, abgerufen am 18. März 2019 (Rezension).
  9. „Verschwiegene Bibliothek“ der edition Büchergilde ist komplett. In: buchmarkt.de. 29. April 2009, abgerufen am 19. März 2019.
  10. Irma Weinreich: Verbotene DDR-Diktatur. In: MZ-Web.de. 2. Juli 2009, abgerufen am 27. März 2019.
  11. Die bisherigen PreisträgerInnen. In: antiquaria-preis.de, abgerufen am 19. März 2019.
  12. Buchkultur-Preis für Ines Geipel und Joachim Walther. In: Zeit Online. 13. Dezember 2010, abgerufen am 19. März 2019 (dpa).
  13. Geipel, Walther: Gesperrte Ablage. Inhaltsverzeichnis bei der Deutschen Nationalbibliothek unter DNB 1071428683/04 (PDF; 137 kB).
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