Allgemeines Gewaltverbot
Das allgemeine Gewaltverbot ist in Artikel 2, Nr. 4 der Charta der Vereinten Nationen festgelegt und verbietet den Mitgliedsstaaten die Anwendung militärischer Gewalt.
„Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.“
Es konstituiert die wichtigste positivrechtliche Rechtsquelle des Völkerrechts. Ausnahmen sind das Sanktionssystem des UN-Sicherheitsrates nach Kapitel 7 der UN-Charta und das Recht zur Selbstverteidigung nach dessen Artikel 51.
Geschichte
Im Absolutismus wurde Krieg als ein Mittel der Politik gesehen, über das nur der Herrscher im Rahmen seiner Kriegsfreiheit entscheidet. Jedoch schon vor dem Inkrafttreten der Charta der Vereinten Nationen wurde versucht, den Gewaltverzicht in der Politik zu etablieren.
- Am 2. Dezember 1823 erklärte der US-Präsident James Monroe das Prinzip der Nichteinmischung, die sogenannte Monroe-Doktrin, in einer State of the Union Address.
- 1907 wurde die Drago-Porter-Konvention auf der 2. Haager Friedenskonferenz angenommen, die einem Gläubigerstaat verbietet, seine Forderungen mit Gewalt beim Schuldnerstaat durchzusetzen.
- Am 28. April 1919 wurde die Satzung des Völkerbunds von der Vollversammlung der Friedenskonferenz von Versailles angenommen. Ziel war, Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern friedlich zu lösen.
- Am 1. Dezember 1925 werden die Verträge von Locarno zur Sicherung der Grenzen unterzeichnet, die einem angegriffenen Staat die Unterstützung der anderen Vertragspartner zusichert,
- 27. August 1928 wird der Briand-Kellogg-Pakt von elf Staaten unterzeichnet. Es folgen weitere 51 Staaten. Die Unterzeichner verzichten auf Krieg als Werkzeug ihrer Politik. Dieser Pakt ist die Abkehr von der Kriegsfreiheit und bestimmt das Verbot eines Angriffskriegs, womit rechtlich gesehen ein weltweit geltendes Kriegsverbot erreicht war.[2]
- 26. Juni 1945 unterzeichneten die 51 UN-Gründungsmitglieder die Charta der Vereinten Nationen.
- 1970 wurden die Ostverträge abgeschlossen, auf Basis der Gewaltfreiheit im Sinne der Charta der Vereinten Nationen. Sie werden auch Gewaltverzichtsverträge genannt.
- Am 14. Dezember 1974 verabschiedete die UN-Generalversammlung mit Resolution 3314 eine Definition der völkerrechtswidrigen Aggression[3]
- 11. Juni 2010: Auf der ersten Überprüfungskonferenz zum Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs einigten sich die Vertragsstaaten auf eine Definition des Verbrechens der Aggression.
Literatur
- Paula Fischer: Das Irrtumsrisiko bei den Ausnahmen des völkerrechtlichen Gewaltverbotes. In: Kölner Schriften zum Friedenssicherungsrecht. Nr. 13. Baden-Baden 2020, ISBN 978-3-8487-7844-7 (Dissertation, Universität zu Köln, 2020).
- Albrecht Randelzhofer: Art. 2 (4). In: Bruno Simma (Hrsg.): The Charter of the United Nations. 2. Auflage. Oxford University Press und C.H. Beck, Oxford und München 2002, ISBN 3-406-49900-7.
- Christian Stelter: Gewaltanwendung unter und neben der UN-Charta. Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-12547-0.
Einzelnachweise
- Charta der Vereinten Nationen und Statut des Internationalen Gerichtshofs (PDF; 406 kB).
- Michael Bothe, in: Graf Vitzthum (Hrsg.): Völkerrecht, 5. Aufl. 2010, S. 647.
- Resolution A/RES/3314 (XXIX) der UN-Generalversammlung vom 14. Dezember 1974.