Allerheiligenstriezel
Der Allerheiligenstriezel (regional auch Heiligenstriezel, Heiligenstritzel[1], Strietzel, Allerseelenzopf, Seelenspitz[2], Seelenbrot, Seelenwecken[2] oder Allerseelenbreze) ist ein in Zopfform geflochtenes Hefegebäck. Wie andere Striezel und Zöpfe auch besteht er aus Mehl, Eiern, Backhefe, Fett, Rosinen, etwas Milch und Salz sowie Körndl-/Hagelzucker oder Mohn zum Bestreuen und wird je nach örtlichem Brauch mit Rum oder Zitronensaft hergestellt.
Brauchtum
Von Österreich bis Bayern[3] und Ungarn[4] schenken die Tauf- bzw. Firmpaten ihren Patenkindern zum Fest Allerheiligen einen Allerheiligenstriezel. Für die Paten- und Firmkinder, die in unbegüterten Verhältnissen auf dem Land aufwuchsen, bedeutete das Geschenk früher einen „Ausgleich zu den üblichen Tagen des Darbens und Sparens“.[5]
Im Burgenland spielte der Heiligenstriezel einst als Liebesgabe eine Rolle: Die Burschen kauften ihn am Vorabend von Allerheiligen in den Geschäften, um ihn am nächsten Tag als „Verehrerstriezel“ ihren Mädchen zu bringen.[6]
Geschichte
Der Brauch hat seine Wurzeln in antiken Trauerkulten, als man sich die geflochtenen Haare abschnitt, um seine Trauer auszudrücken.[7]
Frühe neuzeitliche Erwähnungen gibt es etwa 1688, als Ignaz Ritter, Pfarrer von Saxen in Oberösterreich, in seinem Nachrichtenbuch über Brauchtum und Gepflogenheiten im Jahreslauf den Heiligenstritzel erwähnte.[1]
Jahrhundertelang war es auch üblich, die Armen zu Allerheiligen mit Brot zu beschenken, wobei die Bedürftigen nicht nur Striezel, sondern in manchen Regionen auch Brotlaibe, Wecken oder Krapfen bekamen.[6] Peter Rosegger schildert, wie der Brauch im 19. Jahrhundert in der Steiermark abgelaufen ist.[6]
Christian Schölnast ging in seinem 1971 erschienenen Roman Stärker als alle Waffen auf die Herstellung der Allerheiligenstriezel ein.[8]
Trivia
Insbesondere in Linz war das Gelingen des Backwerks mit dem Aberglauben verbunden, dieses bedeute Glück und Erfolg für das bevorstehende Jahr.[9] Ging der Teig nicht auf, befürchtete man großes Unglück oder gar den eigenen Tod.[10]
Um ledige Frauen wegen ihrer Ehelosigkeit zu verspotten, wurden diese von jungen Männern mit Striezeln aus Stroh bedacht.[11]
In vielen Orten des Weinviertels wird beim „Striezelpaschen“ oder seltener beim „Striezelschnapsen“ an den Tischen im Dorfwirtshaus um die Striezel gewürfelt bzw. Karten gespielt.[6]
Literatur
- Ursula Mauritz: Bitt' gar schön um einen Allerheiligenstriezel! In: Stadt Gottes. November 2004, Seite 4, online (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
- Trude Ruhsam: Reime beim Einsammeln der Heiligenstritzel. In: Heimatgaue. Jahrgang 3, Linz 1922, S. 34–35, ooegeschichte.at [PDF].
- Ernst Burgstaller: Brauchtumsgebäcke und Weihnachtsspeisen: ein volkskundlicher Beitrag zur österreichischen Kulturgeographie. 1957, 136 Seiten, Digitalisat.
Weblinks
Einzelnachweise
- Richard Kastner: Sitten und Gebräuche im Pfarrhof Saxen. In: Oberösterreichische Heimatblätter. Jahrgang 1, Heft 3, Linz 1947, S. 267, ganzer Artikel S. 266–268, ooegeschichte.at [PDF]: „Am Allerheiligentag kommen die Kinder um Heiligenstritzel, welche beim Bäcker zu kaufen sind. Jedes bekommt einen Stritzel im Wert von 1 Pfenning und Nüsse und Äpfel.“
- Ernst Burgstaller 1957, S. 133.
- Rezept und bayerische Hintergrundinfos (Memento vom 27. Januar 2015 im Webarchiv archive.today)
- Anton Herrmann: Ethnologische Mitteilungen aus Ungarn. Illustrierte Zeitschrift für die Völkerkunde Ungarns und der damit in ethnographischen Beziehungen stehenden Länder. Budapest 1897, S. 21, online auf archiv.org.
- Roland Girtler: Sommergetreide: vom Untergang der bäuerlichen Kultur. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 1996, S. 95, Digitalisat.
- Ursula Mauritz 2004, S. 4.
- Stephanie Hütter, Andreas Kaserbacher: Allerheiligen und Striezel – zwei antike Riten?! Projektstudium, Radiobeitrag, 2006/2007, Word-Dokument auf eduhi.at.
- Christian Schölnast: Stärker als alle Waffen. 1971, S. 111–112, Digitalisat.
- Ernst Burgstaller: Österreichisches Festtagsgebäck. Verlag Bundesinnung der Bäcker, 1958, S. 39–41, Google Book.
- Ernst Burgstaller 1957, S. 22.
- Helmut Fielhauer: Volkskundliche Beiträge. 1966, S. 21, Digitalisat.