Afghanistanstämmige in Deutschland
Als Afghanistanstämmige oder Afghanischstämmige in Deutschland werden Menschen bezeichnet, die in Deutschland leben und ursprünglich aus Afghanistan kommen.
Einwanderung und Rechtsstatus
Die Zahl der in Deutschland lebenden Personen mit afghanischem Migrationshintergrund betrug laut dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamts im Jahr 2019 297.000, darunter 233.000 mit eigener Migrationserfahrung.[1] Allerdings waren im Ausländerzentralregister im selben Jahr nur 263.420 afghanische Staatsbürger verzeichnet (2020: 271.805).[2] Laut Ausländerzentralregister ergibt sich damit seit 2015 (131.454 afghanische Staatsangehörige) eine Zunahme von knapp 140.000 Menschen.
Hinsichtlich des Bevölkerungsanteils von Afghanistanstämmigen lagen unter den Landkreisen und kreisfreien Städten in der Bundesrepublik beim Zensus 2011 die Städte Offenbach am Main und Hamburg vorn, gefolgt von Darmstadt und Frankfurt am Main.[3] In Hamburg lebten am 31. Dezember 2017 35.805 Personen mit afghanischem Migrationshintergrund[4], die größte Anzahl in einer deutschen Großstadt. Außerdem bilden sie die größte Gemeinschaft von Afghanistanstämmigen in ganz Europa.
Von den im Laufe des Jahres 2015 zugezogenen Afghanen stellten rund 31.000 erstmals einen Antrag auf Asyl.[5] Von den afghanischen Antragstellern, über deren Asylantrag im Laufe des Jahres 2015 entschieden wurde, erhielten 47 % einen Schutzstatus, überwiegend aufgrund ihrer Flüchtlingseigenschaft. Die Anerkennungsquote als Asylberechtigte lag bei unter 1 Prozent.
Zum Jahreswechsel 2016/2017 befanden sich laut Innenministerium etwa 12.000 ausreisepflichtige Afghanen in Deutschland.[6]
Integrationsstand
Afghanen stellten nach Einschätzung des Journalisten David Schah in einem Bericht von 2004 in Deutschland eine der am besten integrierten Minderheiten dar und hätten oft geringe Bindungen an ihr Heimatland.[7]
Nach Aussage des Entwicklungshelfers Reinhard Erös vom Oktober 2015 hätten sie von allen Einwanderergruppen den geringsten Anteil an der Ausländerkriminalität.[8] In absoluten Zahlen stellen, nach der Kriminalitätsstatistik des Bundeskriminalamtes für das Jahr 2016, Afghanen jedoch nach Syrern mit knapp 80.000 Verdächtigen die zweitgrößte Gruppe an nichtdeutschen Tatverdächtigen bei Straftaten in Deutschland.[9]
Im September 2017 waren 37.700 Afghanen in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt; 94.400 bezogen Regelleistungen der Grundsicherung (ALG II). Die Beschäftigungsquote der Afghanen beträgt damit 20,5 Prozent (zum Vergleich: Ausländer insgesamt 41 Prozent, Asylbewerber aus nichteuropäischen Herkunftsstaaten 17,8 Prozent), unter Einschluss der nur geringfügig Beschäftigten 25,1 Prozent.[10]
Bekannte Afghanen in Deutschland
- Abdul Ahad Momand (* 1959) – Kosmonaut
- Ahmad Morid (* 1956) – Sänger
- ApoRed (* 1994) – Rapper und YouTuber
- Burhan Qurbani (* 1980) – Filmregisseur und Drehbuchautor
- Diba Hakimi (* 1990) – Sängerin und Unternehmerin
- Djelaludin Sharityar (* 1983) – Fußballspieler
- Dorranai Hassan (* 2000) – Fußballspielerin
- Faisal Kawusi (* 1991) – Komiker
- Fereshta Ludin (* 1972) – Lehrerin
- Ghulam-D. Totakhyl (* 1944) – Politiker und Afghanistankenner, vereidigter Dolmetscher und Übersetzer und Unternehmer.
- Graziella Schazad (* 1983) – Singer-Songwriterin
- Hamid Rahimi (* 1983) – Boxer
- Hassan Amin (* 1991) – Fußballspieler
- Kabir Stori (1942–2006) – paschtunischer Dichter
- Kalim (* 1992) – Rapper
- Karim Popal (* 1957) – Rechtsanwalt
- Manija Mir (* 1997) – Fußballspielerin
- Mariam Ruhin (* 1993) – Fußballspielerin
- Mena Ahmadi (* 1997) – Fußballspielerin
- Mina Tander (* 1978) – Schauspielerin
- Nadiem Amiri (* 1996) – Fußballspieler
- Nasrat Haqparast (* 1995) - MMA-Kampfsportler
- Nina Tenge (* 1974) – Rap-Künstlerin und Schauspielerin aus Hamburg
- Rebecca Mir (* 1991) – Model, 2. Platz in der 6. Staffel bei Germanys Next Topmodel
- SadiQ (* 1988) – Rapper
- Sayed Ahmad Shah Sadaat – Politiker (als solcher Kommunikationsminister)
- Seeta Qasemie (* 1982) – Sängerin und Komponistin
- Shabnam Ruhin (* 1991) – Fußballspielerin
- Simin Tander (* 1980) – Jazzmusikerin
- SSIO (* 1989) – Rapper
- Sulaiman Masomi (* 1979) – Poetry Slammer und Schriftsteller
- Sultan Masood Dakik (* 1967) – Unternehmer, Mitglied des afghanischen Königshauses, erster afghanischstämmiger Träger des Bundesverdienstkreuzes
- Valy Hedjasi (* 1986) – Popmusiker
- Walid Nakschbandi (* 1968) – Journalist, Fernsehproduzent und Manager in der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck
- Zallascht Sadat (* 1986) - Model
- Zohre Esmaeli (* 1985) – Model
Einzelnachweise
- Bevölkerung in Privathaushalten nach Migrationshintergrund im weiteren Sinn nach ausgewählten Geburtsstaaten, Statistisches Bundesamt, abgerufen am 2. September 2021.
- Ausländische Bevölkerung nach ausgewählten Staatsangehörigkeiten, Statistisches Bundesamt, abgerufen am 2. September 2021. Vgl. die graphische Aufbereitung unter dem Titel Anzahl der Ausländer aus Afghanistan in Deutschland bis 2020, Statista Research Department, 1. April 2021.
- Afghanen in Deutschland – Landkreise, Kartenseite, abgerufen am 9. September 2017.
- Bevölkerung mit Migrationshintergrund in den Hamburger Stadtteilen Ende 2017, Seite 3, Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, abgerufen am 15. Mai 2020.
- Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Asylgeschäftsstatistik für den Monat Dezember 2015 und das Berichtsjahr 2015. (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Asylgeschäftsstatistik für den Monat Dezember 2015, Seite 2. (pds-Datei, 640 kB)
- Issio Ehrich: „Mustafa ist ein schwerer Fall für de Maizière“ ntv.de, 13. Dezember 2016.
- David Schah: Integrationswunder aus Mittelasien, Deutsche Welle, 15. September 2004.
- Bericht zur Polizeilichen Kriminalstatistik 2016 Bundeskriminalamt 2017, Seite 59.
- Auswirkungen der Migration auf den Arbeitsmarkt, Arbeitsmarkt kompakt, November 2017, Hrsg. Bundesagentur für Arbeit.