Adon Olam
Adon Olam (hebr. אֲדוֹן עוֹלָם, Herr der Welt) sind die Anfangsworte einer Hymne, welche die Ewigkeit und Einheit Gottes sowie das menschliche Vertrauen in seine Vorsehung ausdrückt. Die aschkenasische Version zählt 10 Verse, die sephardische Version 12, 15 oder auch 16 Verse. Der Verfasser der Hymne ist unbekannt. Die Autorschaft ist Solomon ibn Gabirol zugeschrieben worden, doch der Text ist wohl viel älter und könnte auf die Zeiten der babylonischen Geonim zurückgehen.[1] Das Gebet erscheint seit dem 14. Jahrhundert im deutschen Ritus und hat sich im Laufe der Zeit in fast sämtlichen Gemeinden und Riten ausgebreitet. Es stand zunächst am Anfang des Schacharit-Gottesdienstes,[2] wird aber häufig zum Abschluss des Sabbatgottesdienstes und manchmal auch am Ende von Kol Nidre gesungen. Neben Lecha Dodi ist Adon Olam das jüdische Gebet, zu dem die meisten Melodieversionen existieren. Nach dem Rabbiner Francis L. Cohen kann Adon Olam zu vielen verschiedenen Melodien, ja fast jeder Melodie gesungen werden. Im aschkenasischen Raum ist die auf Eliezer Gerovitsch (1844–1924) zurückgehende Version am verbreitetsten.[3] Der Text von Adon Olam ist weltweit populär geworden und wurde vielfach übersetzt, unter anderem von Israel Zangwill ins Englische. In Marokko wird es als Hochzeitslied gesungen, und auch von den Hinterbliebenen am Totenbett eines Verstorbenen.
Adon Olam wird meistens von der ganzen Gemeinde gesungen; in der aschkenasischen Tradition wird es jedoch manchmal vom Kantor zu besonderen festlichen Gelegenheiten solistisch vorgetragen. Der italienische Barockkomponist Salomone Rossi veröffentlichte 1623 eine achtstimmige, doppelchörige Vertonung von Adon Olam.
Umschrift und Übersetzung
Adon olam (Herr der Welt) ascher (welcher) malach (regiert) bterem kol (bevor alles) jizir nivra (geschaffen war). Le’et n’asah (Als durch seinen Willen) bechefzo kol (alles entstand), asai (dann) melech (König) schemo (sein Name) nikra (wurde genannt).
Ve (und) acharei (nachdem) kichlot (aufhören wird) ha kol (das All), levado jimloch nora (wird er allein regieren). Ve hu haja (Und Er war) ve hu hoveh (und Er ist), ve hu jijeh (und Er wird sein) betifarah (in Herrlichkeit).
Ve hu echad (Und Er ist einzig) ve’ein scheni (und kein Zweiter ist) lehamschil lo (ihm zu vergleichen) lehachbirah (zuzugesellen). Beli reschit (ohne Anfang) beli tachlit (ohne Ende), ve lo ha os (und ihm ist die Macht) ve hamisrah (und die Herrschaft).
Ve hu eli (Und Er ist mein Gott) ve chai (und es lebt) goali (mein Erlöser), ve zur (und der Fels) chevli (meines Anteils) be et zarah (zur Zeit der Not). Ve hu (Und Er) nisi umanos li (ist mir Schutz und Zuflucht), menat (der gibt) kosi (den Becher) bejom (an dem Tag) ekra (ich rufe).
Bejado (In seine Hand) afkid (empfehle ich) ruchi (meinen Geist), be et ischan (dann wenn ich schlafe) ve'airah (und erwache). Ve im ruchi (und mit meinem Geist) geviati (meinen Körper), Adonai (der Ewige) li (ist für mich) ve (und) lo (nicht) ira (ich fürchte mich).
Literatur
- Avigdor Herzog: Art. Adon Olam. In: Fred Skolnik, Michael Berenbaum (Hrsg.): Encyclopaedia Judaica. Band 1. Aa–Alp. Granite Hill Publishers, S. 414–415.
Weblinks
- Marc B. Shapiro: What Do Adon Olam and ס"ט Mean?, 2007.
Siehe auch
Einzelnachweise
- Jonathan L. Friedmann: Synagogue Song - An Introduction to Concepts, Theories and Customs, McFarland & Company, 2012, ISBN 978-0-7864-7061-7, S. 141
- Art. Adon Olam. In: Geoffrey Wigoder (Hrsg.): Everyman’s Judaica. An encyclopedic dictionary. Keter, Jerusalem 1975, ISBN 0-7065-1412-2, S. 13.
- Jonathan L. Friedmann: Synagogue Song - An Introduction to Concepts, Theories and Customs, McFarland & Company, 2012, ISBN 978-0-7864-7061-7, S. 141