Acker-Schmalwand
Die Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana) wird auch Schotenkresse oder Gänserauke genannt und ist eine Pflanzenart in der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae). Sie ist in Eurasien relativ weit verbreitet und wird in der Landwirtschaft als „Unkraut“ gewertet.
Acker-Schmalwand | ||||||||||||
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Acker-Schmalwand Arabidopsis thaliana | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Arabidopsis thaliana | ||||||||||||
(L.) Heynh. |
Beschreibung
Die Acker-Schmalwand ist eine unscheinbare, niedrige, einjährige, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von bis 30 Zentimetern erreicht. Die Grundblätter sind rosettig und ihre Sprossachse ist rund. Die Blätter am Grund sind meist gezähnt, die Stängelblätter dagegen meist ganzrandig.
Die weißen Blüten werden 2 bis 4 Millimeter groß. Die Pflanze besitzt Schotenfrüchte, die 10 bis 20 Millimeter lang werden.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 10.[1]
Verbreitung
Die Acker-Schmalwand ist natürlich in den gemäßigten Klimazonen der Nordhalbkugel der Alten Welt weit verbreitet. Das natürliche Gesamtverbreitungsgebiet reicht von Nordafrika zum Indischen Subkontinent und von ganz Europa über Sibirien bis ins östliche Asien.[2] In vielen Teilen der Welt mit gemäßigtem Klima ist die Acker-Schmalwand ein Neophyt.[2]
Standorte und Vergesellschaftung
Die Acker-Schmalwand wächst typischerweise in der Ackerbegleitflur, gerne auf offenen sandigen Böden oder in lockeren Magerrasen. Sie ist in Mitteleuropa ein sogenannter Apophyt, da die ursprünglich auf trockenen Waldgrenzstandorten heimische Art auf anthropogene Standorte wechselte, als in Mitteleuropa vor etwa 7000 Jahren Wälder durch Menschen gerodet wurden, um Platz für Äcker zu schaffen. Diese Standorte waren offener als die meisten natürlichen und sie wurden regelmäßig gestört und boten damit der Acker-Schmalwand optimale Lebensbedingungen. Die Acker-Schmalwand ist eine Charakterart der Ordnung Sedo-Scleranthetalia, kommt aber auch in Gesellschaften des Verbands Aperion oder des Unterverbands Digitario-Setarienion vor.[1]
Ökologie
Die Acker-Schmalwand ist einjährig, winterannuell (bis zweijährig). Sie wurzelt bis 40 Zentimeter tief.[1] Die Blüten sind kleine „Nektar führende Trichterblumen“. Wegen ihrer Unscheinbarkeit ist der Insektenbesuch nur spärlich, stattdessen erfolgt zu 99 Prozent Selbstbestäubung. Trotzdem ist auch die Fremdbestäubung durch solitäre Bienen, Zweiflügler und Blasenfüße bedeutungsvoll. Die Pflanze blüht von April bis Mai, kann aber als typisches Ackerwildkraut auch noch später blühen.[3]
Die Schoten sind nach der Blüte verlängert und enthalten 20 bis 30 langlebige Samen als Lichtkeimer. Da die Samenschale bei Nässe kurze Klebfäden produziert, ist eine Klebausbreitung der Samen möglich sowie eine unabsichtliche Ausbreitung durch den Menschen mit Erde. Die Schoten selbst sind Windstreuer. Die Fruchtreife beginnt ab Juni.[3]
Systematik und Forschungsgeschichte
Im 16. Jahrhundert wurde die Acker-Schmalwand von Johannes Thal, dessen Namen sie im Artepitheton trägt, zum ersten Mal beschrieben. Er fand sie im Harz und nannte sie Pilosella siliquosa. Seitdem wurde diese Art mehrfach umbenannt. Mehrere Varietäten wurden beschrieben, aber derzeit wird keiner davon taxonomischer Wert zugesprochen.
Das Basionym Arabis thaliana L. wurde von Carl von Linné in Species Plantarum erstveröffentlicht,[4] wobei der Namensbestandteil Arabis die Pflanze fälschlicherweise den Gänsekressen (Arabis) zuordnete. Gustav Heynhold stellte 1842 die Gattung Arabidopsis mit dieser Art als Typusart unter dem heute gültigen Namen Arabidopsis thaliana auf (Arabidopsis = „an die Arabis erinnernd“).[5] Weitere Synonyme für Arabidopsis thaliana (L.) Heynh. sind: Arabidopsis thaliana var. apetala O.E.Schulz, Arabidopsis thaliana var. brachycarpa Andr., Arabidopsis thaliana var. genuina Briq., Arabis pubicalyx Miq., Arabis zeyheriana Turcz., Conringia thaliana Rchb., Crucifera thaliana (L.) E.H.L. Krause, Hesperis thaliana (L.) Kuntze, Phryne gesneri Bubani, Sisymbrium bellidifolium Poir., Sisymbrium thalianum (L.) Gaudin, Sisymbrium thalianum (L.) J.Gay & Monnard, Stenophragma thalianum (L.) Čelak.[2][6]
Als Modellorganismus in der Biologie
Die Acker-Schmalwand wurde bereits in den 1940er Jahren als Modellorganismus in der Genetik etabliert („die Fruchtfliege der Botanik“). 1943 wurde von Friedrich Laibach die Möglichkeit beschrieben, Arabidopsis als Modellpflanze einzusetzen. Die vollständige Sequenzierung wurde im Jahr 2000 abgeschlossen.[7] Die Vorteile, die die Pflanze als Modellorganismus bietet, sind beispielsweise:
- Sie hat ein relativ kleines, diploides Genom von 135 Mbp.[8] Das Genom besteht vorwiegend aus codierenden DNA-Sequenzen.
- Sie hat nur fünf Chromosomenpaare (2n = 10), von denen bereits detaillierte Karten erstellt werden konnten.
- Sie hat einen kurzen Generationszyklus von nur acht Wochen (von der Keimung des Samens bis zur Reife der Samen).
- Sie lässt sich auf relativ kleinem Raum einfach kultivieren.
- Die Fähigkeit zur Selbstung vereinfacht die Erzeugung von homozygoten Pflanzen.
- Es sind bereits viele Mutanten bekannt, die in den Stock-Centern bestellt werden können. Deren Langzeitaufbewahrung als Samen ist ausgesprochen einfach.
- Es können genetische Manipulationen durchgeführt werden, z. B. Transformation durch Agrobacterium tumefaciens.[9]
- Arabidopsis repräsentiert die Physiologie höherer Pflanzen gut (Beispiel Lichtphysiologie).
Die Acker-Schmalwand dient als Gegenstand der Forschung über Circadiane Rhythmik bei Pflanzen.[10]
Weblinks
- Acker-Schmalwand im National Center for Biotechnology Information (NCBI)
- Acker-Schmalwand. FloraWeb.de
- Verbreitungskarte für Deutschland. In: Floraweb.
- Arabidopsis thaliana (L.) Heynh. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora.
- Verbreitung auf der Nordhalbkugel aus: Eric Hultén, Magnus Fries: Atlas of North European vascular plants. 1986, ISBN 3-87429-263-0 bei Den virtuella floran. (schwed.)
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)
- The Arabidopsis Information Resource (TAIR) - Informationen zum Genom, zu Genen und Mutanten.
- The Arabidopsis Book - bis 2019 ständig aktualisiertes Internetlehrbuch über Arabidopsis.
Literatur
- Ihsan A. Al-Shehbaz: Arabidopsis. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 7: Magnoliophyta: Salicaceae to Brassicaceae. Oxford University Press, New York / Oxford u. a. 2010, ISBN 978-0-19-531822-7, Arabidopsis thaliana, S. 450 (englisch, online). (Abschnitte Beschreibung, Verbreitung und Systematik)
- Tai-yien Cheo, Lianli Lu, Guang Yang, Ihsan Al-Shehbaz, Vladimir Dorofeev: Brassicaceae. In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven (Hrsg.): Flora of China. Volume 8: Brassicaceae through Saxifragaceae. Science Press/Missouri Botanical Garden Press, Beijing/St. Louis 2001, ISBN 0-915279-93-2, Arabidopsis thaliana, S. 120 (englisch, online). (Abschnitt Beschreibung)
- Saiyad Masudal Hasan Jafri: Flora of West Pakistan 55: Brassicaceae. Stewart Herbarium, Gordon College (u. a.), Rawalpindi 1973, S. 268 (online). (Abschnitt Beschreibung)
Einzelnachweise
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 476.
- Arabidopsis thaliana im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.
- Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1, S. 103–104.
- Carl von Linné: Species Plantarum. Band 2, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 665 (Digitalisat ).
- Friedrich Holl, Gustav Heynhold: Flora von Sachsen. Beschreibung der im Königreiche Sachsen, dem Herzogthume Sachsen preußischen Antheils, den Großherzoglich und Herzoglich Sächsischen Landen Ernestinischer Linie, den Herzoglich Anhaltischen, Fürstlich Schwarzburgischen und Fürstlich Reussischen Landen wildwachsenden und allgemein angebauten Pflanzen, mit besonderer Berücksichtigung ihrer Anwendung in der Pharmacie, Technologie und Dekonomie etc. Band 1, Nr. 2, Justus Naumann, Dresden 1842, S. 538 (online).
- Sisymbrium loeselii bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis.
- The Arabidopsis Genome Initiative: Analysis of the genome sequence of the flowering plant Arabidopsis thaliana. In: Nature. Band 408, Nr. 6814, 14. Dezember 2000, S. 796–815, doi:10.1038/35048692.
- "Genome Assembly". "The Arabidopsis Information Resource", abgerufen am 1. Dezember 2020 (englisch).
- A. M. Lloyd, A. R. Barnason, S. G. Rogers, M. C. Byrne, R. T. Fraley: Transformation of Arabidopsis thaliana with Agrobacterium tumefaciens. In: Science (New York, N.Y.). Band 234, Nr. 4775, 24. Oktober 1986, ISSN 0036-8075, S. 464–466, doi:10.1126/science.234.4775.464, PMID 17792019.
- Esther Yakir, Dror Hilman, Yael Harir and Rachel M. Green: Regulation of output from the plant circadian clock. In: FEBS Journal. Band 274, 2006, S. 335.