Abgusssammlung
Eine Abgusssammlung bewahrt Kopien kunsthistorisch bedeutender Skulpturen und stellt sie einer interessierten Öffentlichkeit zu Studienzwecken zur Verfügung. Der Ursprung dieser Präsentation von Kunst in Form von Nachbildungen reicht bis ins späte 18. Jahrhundert zurück und beruhte auf dem Wunsch, insbesondere antike Skulpturen auch nördlich der Alpen und im direkten Vergleich zeigen zu können. Die Kopien waren zumeist aus Gips und im Maßstab 1:1 angefertigt. Eine exakte Nachbildung war aber nicht unbedingt das Ziel. Manchmal wurden die Größe oder sogar Details der Ausarbeitung den Erfordernissen der jeweiligen Präsentation angepasst. Abgusssammlungen wurden in eigenen Museen gezeigt, aber auch zu Lehrzwecken an Kunstakademien, archäologischen und kunsthistorischen Instituten angelegt. Viele Sammlungen, die heute eigenständig sind, waren ursprünglich an Universitäten oder Akademien gegründet worden. Die nach eigenem Bekunden älteste und größte Abgusssammlung in Deutschland gehört der Universität Bonn. Für die Archäologie liegt der Vorteil in der Möglichkeit einer dreidimensionalen Betrachtung, welche sonstige Bildmedien nicht zu bieten vermögen.
Im 19. Jahrhundert wurden in den Hauptstädten einiger europäischer Nationalstaaten Abgusssammlungen der bedeutendsten Kunstdenkmäler des Landes angelegt (so beispielsweise in Paris und London).
Durch den Wandel der Ästhetik im 20. Jahrhundert wurden Abgusssammlungen vernachlässigt. Sie galten als Relikte eines verstaubten Bildungsideals und leblosen Akademismus.[1] Einige große Sammlungen, wie die des Brooklyn Museum of Art, wurden ganz aufgegeben, andere, wie die Sammlung in Leipzig, hatten unter Kriegsfolgen, mangelhafter Unterbringung und wenig Interesse ihrer Trägerinstitutionen ebenso wie der Öffentlichkeit zu leiden.[2] Diese Situation änderte sich grundlegend erst im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts.
Heute ist der Abguss als Instrument des Merchandising von den großen Museen erkannt worden. In Museumsshops werden nicht nur fertige Abgüsse zentraler Werke der Sammlung in Gips oder Kunstharz verkauft. Spezielle Abgusswerkstätten fertigen Kopien auch nach Wunsch.
Bedeutende Abgusssammlungen
- Eigenständige Sammlungen
- Afgietselwerkplaats (Gipsformerei) des Museums Kunst & Geschiedenis mit aktiver Manufaktur seit dem 19. Jahrhundert
- Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz
- Skulpturhalle Basel
- Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke, München
- Musée des Monuments français, Paris
- Victoria and Albert Museum, London[3]
- Mengssche Abgusssammlung, Skulpturensammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
- Abgusssammlung Mittelalterlicher Bildwerke Kloster Asbach, Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums, München
- Abgusssammlungen an Universitäten
- Abguss-Sammlung Antiker Plastik Berlin[4]
- Akademisches Kunstmuseum, Bonn
- Archäologisches Institut der Universität Frankfurt am Main[5]
- Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke, München
- Gipssammlung der Universität Erlangen[6]
- Abguss-Sammlung der Philipps-Universität Marburg[7]
- Sammlung der Gipsabgüsse und Nachbildungen des Archäologischen Museums der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
- Abguss-Sammlung im Museum der Universität Tübingen[8]
- Antikenmuseum und Abguss-Sammlung der Universität Heidelberg
- Abguss-Sammlung des Archäologischen Museums der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster[9]
- Archäologische Sammlung der Universität Zürich[10]
- Antikensammlung Bern
- Collection des moulages de l'Université de Genève[11]
- Abguss-Sammlung der Universität Leipzig[12]
- Abguss-Sammlung der Universität Göttingen
- Antikensammlung Kiel
Literatur
- Johannes Bauer: Gipsabgusssammlungen an deutschsprachigen Universitäten. Eine Skizze ihrer Geschichte und Bedeutung: In: Jahrbuch für Universitätsgeschichte: 5; 2002 S. 117–132.
- Donna C. Kurtz (Herausgeberin): The reception of classical art in Britain. An Oxford story of plaster casts from the antique. Beazley Archive and Archaeopress, Oxford 2000.
Einzelnachweise
- Lebendige Antike in Gips zur Abgusssammlung der Uni marburg, Abgerufen am 10. Januar 2010
- Abgusssammlung antiker Skulptur des Antikenmuseums der Universität Leipzig, abgerufen am 10. Januar 2010
- The Cast Courts - Victoria and Albert Museum. www.vam.ac.uk. Archiviert vom Original am 3. März 2008. Abgerufen am 3. Juli 2010.
- Abguss-Sammlung Antiker Plastik Berlin. Abguss-sammlung-berlin.de. Abgerufen am 24. Februar 2013.
- Einrichtungen des Instituts. Web.uni-frankfurt.de. Abgerufen am 3. Juli 2010.
- AERIA - Die Gipsabguss-Sammlung. www.aeria.phil.uni-erlangen.de. Archiviert vom Original am 17. August 2007. Abgerufen am 3. Juli 2010.
- Philipps-Universität Marburg - Klassische Archäologie : Abguss-Sammlung. Uni-marburg.de. 20. Februar 2009. Abgerufen am 3. Juli 2010.
- Abgusssammlung - Museum Schloß Hohentübingen. www.uni-tuebingen.de. Abgerufen am 9. April 2018.
- Museen der Universität Münster: Archäologisches Museum. Uni-muenster.de. Abgerufen am 24. Februar 2013.
- Archäologisches Institut und Archäologische Sammlung. Universität Zürich. Abgerufen am 24. Februar 2013.
- Catalogue de la collection des moulages de l'Université de Genève. cms.unige.ch. Abgerufen am 9. April 2018.
- Institut für Klassische Archäologie und Antikenmuseum der Universität Leipzig: Abgusssammlung. Uni-leipzig.de. Abgerufen am 3. Juli 2010.