Aberkios
Aberkios (griech.: Αβέρκιος. lateinisch Abercius) (gestorben vor 216 in Hierapolis, Phrygia salutaris) war ein Bischof von Hierapolis[1] in der phrygischen Pentapolis.
Leben
Die Identität und die genauen Lebensdaten und -umstände des Aberkios sind in der Forschung immer wieder umstritten gewesen, zumal die späteren Heiligenviten des Aberkios (Vita Abercii des Symeon Metaphrastes bzw. die Acta Sanctorum) die wahren Ereignisse mit allerlei Legendenhaftem ausgeschmückt haben. Unklar ist, ob Aberkios identisch ist mit Aviricius Marcellus, den Eusebius erwähnt, allerdings ohne ihn Bischof zu nennen. Dieser Aviricius Marcellus soll Eusebius zufolge Autor einer Schrift gegen die Marcioniten gewesen sein, die auf das Ende der Regierung des Kaisers Commodus datiert wird, also Anfang der 190er-Jahre. Von einem Aberkios ist außerdem ein Epitaph (s. u.) erhalten, das vor 216 in Phrygien entstanden sein muss, da eine Stele aus diesem Jahr, die für einen Alexandros, Sohn des Antonios, errichtet wurde, das Epitaph des Abercios wörtlich zitiert. Andererseits ist für Aberkios ein Aufenthalt in Rom zur Zeit des Kaisers Mark Aurel überliefert, der in das Jahr 163 datiert wird. Zum Zeitpunkt seines Todes war Aberkios seiner Grabinschrift zufolge 72 Jahre alt, was sich mit dieser Romreise in jungen Jahren und einem Tod zwischen 190 und 216 vereinbaren ließe.
Der Romaufenthalt ist allerdings derart legendär überliefert, dass dessen tatsächlicher Ablauf kaum zu rekonstruieren ist. Aberkios soll im phrygischen Hierapolis Nachfolger des Papias von Hierapolis im Bischofsamt gewesen sein. Diese Zuordnung des Eusebius ist aber wohl irrtümlich, da Abercius tatsächlich nicht in Hierapolis in der Provinz Phrygia pacatiensis wirkte, sondern in Hierapolis in Phrygia salutaris, wo sein Epitaph gefunden wurde. Aberkios habe sich geweigert, römischen Göttern Opfer zu bringen, wodurch er sich viele Feinde geschaffen habe, sodass selbst gläubige Christen ihm zur Flucht geraten hätten. Er habe dann aber Wunder gewirkt und zahlreiche Heiden bekehrt und selbst Kaiser Mark Aurel habe ihn nach Rom gerufen, weil die Tochter des Kaisers von Dämonen besessen gewesen sei. Aberkios sei es dann gelungen, sie zu heilen. Er sei dann nach Syrien und Mesopotamien gereist, um dort zu missionieren, und sei schließlich nach Hierapolis zurückgekehrt, wo Gott dem Greis offenbart habe, dass er bald sterben würde. Daraufhin habe er sich selbst das Grab ausgehoben, habe die Gläubigen zu christlicher Lebensführung ermahnt und sei friedlich gestorben.
Aberkiosinschrift
Von besonderer Bedeutung ist das Epitaph des Aberkios, das sich heute in den Vatikanischen Museen befindet. 1882 fand William Ramsay in Kelendres bei Synnada eine Stele, die als Datierung das Jahr 300 der Phrygischen Ära (entspricht 216 n. Chr.) enthält und nahezu wortwörtlich den vorhandenen Fragmenten der Aberkios-Inschrift entspricht, von der zu diesem Zeitpunkt nur der Anfang und das Ende bekannt waren. 1883 fand Ramsay dann in Hierapolis den fehlenden Mittelteil der Inschrift, deren Text ebenfalls textliche Übereinstimmungen mit der Stele des Alexandros aufwies.
Die Inschrift erlaubt einen Einblick in das Leben eines frühen christlichen Bischofs. In der Inschrift nennt Aberkios sich Schüler eines heiligen Hirten, der seine Schafe gehütet habe und der ihn gelehrt habe, das Buch des Lebens zu verehren. Dieser Hirte habe ihn nach Rom gesandt, wo er eine prächtige Königin gesehen habe. Danach sei er nach Syrien gereist, wo er Brüder im Glauben angetroffen habe. Er sei mit einem großen Fisch gespeist worden, den eine Jungfrau aus einer Quelle gezogen habe und man habe ihm den Wein der Tugend und Brot gegeben.
Die metaphernreiche Sprache der Inschrift hat zu verschiedenen Interpretationen geführt. So ging Gerhard Ficker 1894 davon aus, dass der Text des Epitaphs beweise, dass Aberkios ein Priester der Kybele gewesen sei, während Adolf Harnack 1895 in ihm Zeichen für einen religiösen Synkretismus erkennen wollte. Giovanni Battista de Rossi, Louis Duchesne und Franz Cumont widersprachen solchen Theorien jedoch und sprachen sich dafür aus, in dem Autor des Epitaphs einen Christen zu sehen; dieser Meinung wird heute allgemein gefolgt.[2]
Verehrung
Aberkios wird in der orthodoxen Kirche als Heiliger verehrt. Sein Gedenktag ist der 22. Oktober.
Literatur
- Adolf Jülicher: Avircius. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,2, Stuttgart 1896, Sp. 2393 f.
- Eckhard Wirbelauer: Aberkios, der Schüler des Reinen Hirten, im Römischen Reich des 2. Jahrhunderts, Historia 51 (2002), S. 359–382 (online (PDF), abgerufen 28. Juli 2015).
Weblinks
- Eintrag in Vollständiges Heiligen-Lexikon (1858)
- Eintrag bei www.catholic.org (englisch)
- Artikel zur Inschrift des Aberkios in der Catholic Encyclopedia (englisch)
- Abercius of Hierapolis (Memento vom 15. Juni 2007 im Internet Archive) Artikel bei Spero News zu Aberkios und der Inschrift (englisch)
Einzelnachweise
- heute Koçhisar in der türkischen Provinz Afyonkarahisar im Bezirk Sandıklı.
- vgl. Vera Hirschmann: Untersuchungen zur Grabschrift des Aberkios. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik, Band 129 (2000), S. 109–116 (online (PDF), abgerufen 28. Juli 2015); dies.: Ungelöste Rätsel? Nochmals zur Grabschrift des Aberkios. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik, Band 145 (2003), S. 133–139.