Zigeunerwäldchen
Das Zigeunerwäldchen (offizielle Schreibweise: Ziegeunerwäldchen, z. B. in der Verordnung zum Naturschutzgebiet[1][2], vermutlich infolge einer benachbarten früheren Ziegelei[3]) ist ein Naturschutzgebiet in der niedersächsischen Stadt Springe in der Region Hannover.
Zigeunerwäldchen | ||
Lage | nördlich von Eldagsen | |
Fläche | 15 ha | |
Kennung | NSG HA 115 | |
WDPA-ID | 166419 | |
Geographische Lage | 52° 11′ N, 9° 41′ O | |
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Meereshöhe | von 75 m bis 77 m | |
Einrichtungsdatum | 18. Dezember 1986 | |
Verwaltung | NLWKN |
Das Naturschutzgebiet mit dem Kennzeichen NSG HA 115 ist 15 Hektar groß. Es ist größtenteils vom Landschaftsschutzgebiet „Hallerniederung“ umgeben. Das Gebiet steht seit dem 18. Dezember 1986 unter Naturschutz. Zuständige untere Naturschutzbehörde ist die Region Hannover.
Beschreibung
Das Naturschutzgebiet liegt zwischen den Springer Stadtteilen Stadt Eldagsen und Gestorf am Fuße des Abrahams. Es stellt ein Teilstück der Niederung der Haller, einem Nebenfluss der Leine, unter Schutz, die hier von einem Weidenau- und bruchwald begleitet wird. Der größtenteils naturnahe Waldrest ist heute ungenutzt, jedoch noch durch frühere Nutzung beeinflusst. Weiden und ein hoher Anteil an Baumpilzen prägen den Waldbestand, in dem sich recht viel liegendes und stehendes Totholz befindet. Auf sumpfigen Lichtungen wachsen ausgedehnte Röhrichtbestände und Großseggenrieder.
Im Westen und Süden sind Grünlandbereiche in das Naturschutzgebiet einbezogen. Das Naturschutzgebiet grenzt größtenteils an ackerbaulich genutzte Flächen.
Die Niedersächsische Landgesellschaft erwarb das Naturschutzgebiet Zigeunerwäldchen für einen Flächenpool. Es wurde auf den Verein Biotop-Management-Initiative e. V. übertragen.
Geschichte
Das Zigeunerwäldchen befindet sich zwischen dem Lauf der südlichen Neuen Haller und dem Lauf der nördlichen Alten Haller. Zwischen den Flussläufen befand sich ursprünglich eine Wiese, die als Koppel genutzt wurde. Im 19. Jahrhundert befand sich westlich davon auf dem Flurstück „Auf den Bülten“ eine Ziegelei. Sie pachtete 1849 diese Wiese zur Nutzung als Tonstich und als Wiese. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Ziegelei stillgelegt und abgebrochen; dabei wurde der Bauschutt in der durch den Tonstich entstandenen Tongrube entsorgt.[4] Das durch den Tonstich tiefer gelegene sumpfige Grundstück wurde in ein Gehölz umgewandelt.
In früheren Jahrhunderten wurden die damals als Zigeuner bezeichneten Sinti und Roma nicht in die naheliegende Stadt Eldagsen eingelassen und mussten sich im Flurstück "Auf dem Bruche" aufhalten, das als Feuchtgebiet an der Haller brach lag und landwirtschaftlich nicht genutzt werden konnte. Das Flurstück "Auf dem Bruche" wurde seit 1984 in Eldagsen und Gestorf als "Zigeunerwäldchen" bezeichnet.
Im Zuge der Gebiets- und Verwaltungsreform ging das "Zigeunerwäldchen" 1974 in der Größe von 9 ha von der Stadt Eldagsen auf die Stadt Springe über. Da es forstwirtschaftlich nicht gewinnbringend zu nutzen war, veräußerte die Stadt Springe das "Zigeunerwäldchen" 1983 an den damaligen "Bund für Vogelschutz" (späterer Name: NABU Springe) für den Betrag von 90.000 DM, der in Raten von der Ortsgruppe Springe aufgebracht werden musste. Da die Ortsgruppe Springe seinerzeit noch kein eingetragener Verein war, trat der Landesverband als Käufer auf.
Ein wichtiger Meilenstein war die Ausweisung als Naturschutzgebiet durch die Bezirksregierung Hannover im Jahre 1986 in einer Größe von 15 Hektar, also über die Eigentumsflächen vom "Deutschen Bund für Vogelschutz" (heute: Naturschutzbund Deutschland) hinaus. Die Flurstücke sind zum Zwecke des Naturschutzes an drei Landwirte verpachtet. In den folgenden Jahren wurden folgende Schwerpunkte gesetzt:
- Der Ankauf benachbarter Flächen zwecks Arrondierung und Vergrößerung des Gebietes insbesondere mit finanzieller Unterstützung der Bezirksregierung Hannover – obere Naturschutzbehörde.
- Die Pflege und Entwicklung des Gebietes im Sinne des Naturschutzes durch die Überführung ehemals landwirtschaftlich genutzter Flächen von der intensiven in die extensive Bewirtschaftung, Anlegung von Feuchtgebieten, Anpflanzung von Hecken usw. Im Jahr 2004 wurde der Pflege- und Entwicklungsplan "Ziegeunerwäldchen und Umgebung" von der Arbeitsgemeinschaft für Landschaftsplanung, Ökologie und Naturschutz in Garbsen in enger Absprache mit den Naturschutzbehörden der Region Hannover, des Landkreises Hildesheim sowie des NABU Springe erstellt. Er umfasst eine Fläche von ca. 80 ha und gliedert sich in die Teile 1 "Bestand und Bewertung" und Teil 2 "Pflege und Entwicklung". Der Plan stellt eine wichtige Arbeitsgrundlage für alle Beteiligten dar.
- Die Beobachtung und Erfassung der Tier- und Pflanzenwelt. Die Ergebnisse stimmen hoffnungsfroh, so konnten z. B. alleine 25 Vogelarten wie auch 27 Nachtfalterarten, die auf der "Roten Liste" stehen, beobachtet werden. Auch in der Vegetationsvielfalt ist eine deutliche Verbesserung zu verspüren.
- Die Einbindung der benachbarten Grundstückseigentümer und der allgemeinen Bevölkerung durch Gespräche, Information und Führungen.[5]
Stiftung des NABU-Ortsvereins Springe
Seit 2012 hat der Nabu-Ortsverein Springe eine eigene Stiftung, die mit einem Stiftungskapital von 25.000 Euro und 16 Grundstücken gegründet wurde. Ziel der Stiftung ist es den Naturschutz in Springe nachhaltig zu gestalten. Das Herzstück der Projekte ist das Zigeunerwäldchen. Der Nabu hat das Grundstück 1983 gekauft; 1986 wurde es zum Naturschutzgebiet. Die Erträge aus dem Kapital werden für die Pflege der bestehenden Grundstücke und zum Erwerb neuer Flächen genutzt. Dabei versuchen die Ehrenamtlichen so viele Pflegemaßnahmen wie möglich in Eigenleistung zu bewältigen. Ein Ziel der Stiftung ist die Renaturierung der Haller und die Bildung eines Seitenarms der Haller, der die Stromgeschwindigkeit drosselt und dadurch Lebensraum für weitere Tier- und Pflanzenarten schafft. Ein Ziel der Nabu-Mitglieder ist es, die an das Zigeunerwäldchen angrenzenden Flächen zu erwerben, um mit Hecken und Grünzügen Verbindungen zum Hallerburger Holz, dem Jeinser Holz, Stude und Horn an der B 3 zu bilden.[6]
Zielsetzungen
Es sollte (soweit rechtlich möglich) eine weitere Vernässung vorgenommen werden, da man in der Vergangenheit allein durch die Laufbegradigung und Räumung der Haller den Grundwasserspiegel im Bereich der Talsohle auf 1,5 bis 2 m abgesenkt hat, was noch durch Drainagen verstärkt wurde. Um allerdings auch hier eine fachliche und rechtliche Grundlage zur Hand zu haben, müsste endlich der Gewässerentwicklungsplan "Haller" in Auftrag gegeben werden.
Entwicklungsziel: Oberziel: Ökologische Aufwertung der Haller und Herstellung der durchgängigen Passierbarkeit von der Haller zur Ramke.
Teilziele: Förderung der Eigendynamik, Reduktion der hydraulischen Belastung, Reaktivierung von Auenbereichen, Verbesserung der Wassergüte, Förderung der Artenvielfalt, Aufhebung der Segmentierung des Gewässers, optische Einbindung des Gewässerbiotops in die Landschaft, Förderung des Erlebnis- und Erholungswertes.
Literatur
- Ulrike Köhler: Das Naturschutzgebiet Ziegeunerwäldchen im Landkreis Hannover. Diplomarbeit 1990.
- Christian Albert/Bernd Ockenfeld: Das „Zigeunerwäldchen“ – eine Naturschutzoase in den Gemarkungen Eldagsen, Gestorf und Hallerburg. In: Springer Jahrbuch 2016 für die Stadt und den Altkreis Springe. Hrsg.: Förderverein für die Stadtgeschichte von Springe e. V., Springe 2016, S. 146–153: Ill.
Weblinks
Einzelnachweise
- Naturschutzgebiet „Ziegeunerwäldchen“, Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasser-, Küsten- und Umweltschutz.
- Verordnungstext zum Naturschutzgebiet „Ziegeunerwäldchen“, Bezirksregierung Hannover, 3. Dezember 1986.
- Christoph Adler: Avifaunischer Bericht 2015, Mitteilungen aus der Vogelwelt Springer/Deister Nr. 17., S. 2 (PDF, 289 kB).
- Flurnamensammlung und Flurnamenkarte 1:10.000 Blatt 5/3 Gestorf des Landkreises Hannover, Hannover 1986.
- Das Ziegeunerwäldchen, NABU-Gruppe Springe.
- Nabu-Stiftung betreibt Naturschutz vor Ort, Leinetal Online-News, 4. März 2015.