Zierscheibe
Zierscheibe bezeichnet in der Archäologie dünne, scheibenförmige Schmuckanhänger, mit einer vermutlich apotropäischen Funktion, die von der Antike bis in die Merowingerzeit in Mitteleuropa verbreitet waren.
Zierscheiben waren von der frühen Bronzezeit um 800 v. Chr. bis in die Eisenzeit in Europa verbreitet. Die größte Verbreitung erfuhren Zierscheiben in der alemannischen, fränkischen und bajuwarischen Frauenmode. Mit zunehmender Christianisierung der frühmittelalterlichen Bevölkerung verschwanden die Zierscheiben allmählich fast vollständig aus der Frauentracht. Die Zierscheiben waren meistens aus Bronze, seltener aus Eisen und noch viel seltener aus Silber oder Gold. Sie waren meist durchbrochen gearbeitet und mit aufwändigen Punzierungen versehen. Während der Laufzeit ihres Gebrauchs erfuhren Zierscheiben sehr charakteristische und wechselvolle modische Gestaltungen. Viele Zierscheiben zeigten abstrakte, geometrische Muster in symmetrischer Aufteilung. Einige zeigten Tierdarstellungen im Tierstil I wie Schlangen oder Vogelköpfe, die als Triskele oder Vierpass angeordnet sind. Eine kleine Gruppe von Zierscheiben zeigte zwei Menschen, die mit ihren Gliedmaßen miteinander verflochten sind, oder auch einfache Reiterbilder mit Pferd. Neben den dem reinen Schmuckcharakter werden den Zierscheiben, von Archäologen, Historikern und Volkskundlern, vor allem eine Amulettfunktion zugeschrieben. Zierscheiben wurden einzeln am Gürtelgehänge von Frauen getragen, an einem Band, das vom Gürtel der Trägerin herabhing und an dem noch eine ganze Reihe weiterer Amulette oder Geräte angebracht sein konnten. Über die genaue Trageweise ist sich die Archäologie noch nicht einig. Besonders bei großen Zierscheiben, in Verbindung mit einem sie umschließenden Knochen-, Holz- oder Metallring, wurde vermutet, dass sie den Verschluss einer beutelförmigen Tasche bildeten.[1] Die Auswertung aktueller archäologischer Funde wird zukünftig ein genaueres Bild zur Trageweise geben.
Belege
- Emil Vogt: Interpretation und museale Auswertung alemannischer Grabfunde.
Literatur
- Dorothee Renner: Die durchbrochenen Zierscheiben der Merowingerzeit. Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz 1970 (Dissertation).
- Emil Vogt: Interpretation und museale Auswertung alamannischer Grabfunde. In: Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte. 20, Zürich 1960.
- Hermann Ament: Zierscheibe. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 34, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2007, ISBN 978-3-11-018389-4, S. 535–537.