Zentralisation (Wirtschaftswissenschaften)
In der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre wird unter Zentralisation die Zusammenfassung von gleichartigen oder ähnlichen Aufgaben, Arbeitsbereichen oder Verantwortungsbereichen zu einem Mittelpunkt hin verstanden.[1]
Arten
Dieser Mittelpunkt kann als Zentrum interpretiert werden.[2] Dementsprechend sind zu unterscheiden:
- Die Verrichtungszentralisation, die betriebliche Aufgaben zusammenfasst, denen gleiche Verrichtungen zugrunde liegen, z. B. Beschaffungsaufgaben.
- Die Phasenzentralisation, bei der Aufgaben gekoppelt werden, die der Planung, Durchführung und Kontrolle dienen, z. B. bei der Finanzierung.
- Die Entscheidungszentralisation als Zusammenfassung von betrieblichen Entscheidungen zu einem Mittelpunkt hin.
- Die Verwaltungszentralisation, bei der bestimmte dispositive Aufgaben gekoppelt werden, z. B. Funktionen des Personalwesens.
Ziele
Die Zentralisation verfolgt das Ziel, die Effizienz der beteiligten Prozesse zu steigern und Redundanzen abzubauen. Diesem Ziel kann man sich sowohl durch räumliche als auch durch sachliche Zentralisation annähern. Die effizienzsteigernde Wirkung zentralisierender Maßnahmen kann durch längere Entscheidungswege und zusätzliche Entscheidungsebenen gemindert werden. Strategische Neuausrichtungen sind leichter durchzuführen; die mittlere Managementebene hat weniger Möglichkeiten mikropolitisches Verhalten auszuüben.
Der gegensätzliche Ansatz ist die Dezentralisation, also verschiedene Aufgabenbereiche auf viele Standorte oder Stellen zu verteilen. Je nach Art der Unternehmung kann mehr zu Zentralisation oder zu Dezentralisation tendiert werden. Eine dezentrale Organisation erlaubt größere Gestaltungsfreiheit, Flexibilität und Marktnähe. Diese Form kann auch ethikfreundlicher sein, da Verantwortung weniger auf Vorgesetzte, entfernte Zentralen oder fixe bürokratische Strukturen abgewälzt wird. Innovative Branchen können davon profitieren.
Marxismus
Die Zentralisation des Kapitals ist bei Karl Marx eine wichtige Tendenz kapitalistischer Wirtschaften.[3] Er meint damit, dass die Zahl der Unternehmen abnimmt, indem große Unternehmen die kleinen schlucken, oder indem es zu Unternehmenszusammenschlüssen kommt. In heutiger Sprache entspricht die Kapitalzentralisation ungefähr der relativen Konzentration. Die Zentralisation des Kapitals ist eng mit dem Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate verknüpft.
Literatur
- K. Bleicher: Zentralisation und Dezentralisation. In: E. Grochla (Hrsg.): Handwörterbuch der Organisation. 2. Auflage. Stuttgart 1980, Sp. 2405–2418.
- E. Frese: Grundlagen der Organisation. 10. Auflage. Wiesbaden 2012
- W. Krüger: Organisation der Unternehmung. 4. Auflage. Stuttgart 2004
- K. Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band, Berlin 1966.
Siehe auch
Einzelnachweise
- Günter Beuermann: Zentralisation und Dezentralisation. In: Erich Frese (Hrsg.): Handwörterbuch der Organisation. 3. Auflage. Stuttgart 1992, Sp. 2611 ff.
- Klaus Olfert, Horst-Joachim Rahn: Kompakt-Training Organisation. 7. Auflage. Herne 2015, S. 80 ff.
- Karl Marx, Das Kapital, Band 1, Berlin 1966, S. 654 ff.