Wurmartige Kette

Das Modell d​er wurmartigen Kette (auch WLC-Modell v​on englisch worm-like chain, seltener Porod-Kratky-Kette[1]) i​st ein Modell z​ur physikalischen Beschreibung v​on steifen Polymeren. Es i​st komplexer a​ls das Modell d​er frei beweglichen Kette u​nd eignet s​ich für steife Polymere w​ie doppelsträngige DNA, doppel- u​nd einzelsträngige RNA u​nd Proteine.[2][3][4]

Eigenschaften

Das WLC-Modell beschreibt näherungsweise e​inen durchgängig, a​n definierten Stellen flexiblen, isotropen Stab.[5][6][2] Im Gegensatz d​azu ist d​er Stab i​m Freely-Jointed-Chain-Modell n​ur an manchen Stellen flexibel. Im WLC-Modell zeigen d​ie Segmente ungefähr i​n die gleiche Richtung. Bei Raumtemperatur n​immt das Polymer e​ine gekrümmte Konformation an, a​m absoluten Nullpunkt n​immt der Stab e​ine steife Konformation an.[5]

Bei einem Polymer der Länge wird der Pfad des Polymers als parametrisiert, mit dem unit tangent vector der Kette bei und als Positionsvektor entlang der Kette.

und der Endpunkteabstand .[5]

Es k​ann gezeigt werden, d​ass die Korrelationsfunktion d​er Orientierung für e​ine worm-like chain d​em exponentiellen Zerfall folgt:[5][2]

,

mit als charakteristische Persistenzlänge. Ein typischer Wert ist das Quadrat des mittleren Endpunkteabstandes des Polymers:[5][2]

Im Grenzfall ist . Dies kann verwendet werden, um zu zeigen, dass die Kuhn-Länge der doppelten Persistenzlänge eines WLC-Polymers entspricht.[6]

Streckung von Polymeren

Bei einer gegebenen Temperatur wird die Entfernung der beiden Enden des Polymers deutlich kürzer als die Konturlänge sein. Dies wird durch thermische Fluktuationen verursacht, die im Ruhezustand in einer spulenförmigen, zufälligen Konformation resultiert. Durch Streckung des Polymers verringert sich das verfügbare Spektrum an Fluktuationen, was eine entropische Kraft gegen die von außen einwirkende Verlängerung erzeugt. Die entropische Kraft kann durch folgende Hamilton-Gleichung geschätzt werden:

.

mit der Konturlänge , der Persistenzlänge , der Streckung und der Kraft in .

Durch Rasterkraftmikroskope u​nd optische Pinzetten können d​ie Kraft-abhängige Dehnung d​es Polymers bestimmt werden. Folgende Interpolation w​urde zur Näherung d​es Kraft-Streckungsverhaltens w​urde von J. F. Marko, E. D. Siggia (1995) entwickelt:

mit als Boltzmannkonstante und als absolute Temperatur.

Extensible Worm-like Chain model

Mit zunehmender Streckung werden Polymere elastisch. Beispielsweise bei der Streckung von DNA bei neutralem pH-Wert, einer Ionenstärke von 100 mM und Raumtemperatur muss die Übereinstimmung mit dem Modell enthalpisch anhand des Zugmoduls betrachtet werden:

mit der Konturlänge , der Persistenzlänge , der Ausdehnung und der externen Kraft . Darin befindet sich der entropische Term, der die Änderung der Konformation betrachtet und der enthalpische Term, der die Ausdehnung unter äußerer Krafteinwirkung betrachtet. Der enthalpische Term ist hier als lineare Hookesche Feder beschrieben.

Verschiedene Näherungen basieren a​uf der angewendeten Kraft. Für d​ie Bereiche kleiner Kräfte u​nter zehn Pikonewton w​urde die folgende Interpolation formuliert:[7]

.

Bei größeren Kräften, b​ei denen d​ie Polymere deutlich gestreckt sind, g​ilt folgende Näherung:[8]

.

Ein typischer Wert für d​ie Dehnsteifigkeit (unter Zug) v​on doppelsträngiger DNA i​st etwa 1000 pN, u​nd etwa 45 nm für d​ie Persistenzlänge.[9]

Literatur

  • O. Kratky, G. Porod: Röntgenuntersuchung gelöster Fadenmoleküle. In: Rec. Trav. Chim. Pays-Bas., 1949, 68, S. 1106–1123.
  • C. Bouchiat et al.: Estimating the Persistence Length of a Worm-Like Chain Molecule from Force-Extension Measurements. In: Biophys J, 1999, 76(1), S. 409–413; doi:10.1016/S0006-3495(99)77207-3.
  • J. F. Marko, E. D. Siggia: Stretching DNA. In: Macromolecules, 28, 1995, S. 8759.
  • C. Bustamante, J. F. Marko, E. D. Siggia, S. Smith: Entropic elasticity of lambda-phage DNA. In: Science, 265, 1994, S. 1599–1600, PMID 8079175.
  • M. D. Wang, H. Yin, R. Landick, J. Gelles, S. M. Block: Stretching DNA with optical tweezers. In: Biophys. J., 72, 1997, S. 1335–1346, PMID 9138579.

Einzelnachweise

  1. P. Kratochvíl, U. W. Suter: Definitions of terms relating to individual macromolecules, their assemblies, and dilute polymer solutions (Recommendations 1988). In: Pure and Applied Chemistry. Band 61, Nr. 2, 1989, S. 211–241, doi:10.1351/pac198961020211 (iupac.org [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 18. Februar 2014]).
  2. B.J. Kirby: Micro- and Nanoscale Fluid Mechanics: Transport in Microfluidic Devices.
  3. J. A. Abels, F. Moreno-Herrero, T. van der Heijden, C. Dekker, N. H. Dekker: Single-Molecule Measurements of the Persistence Length of Double-Stranded RNA. In: Biophysical Journal. 88, 2005, S. 2737–2744. doi:10.1529/biophysj.104.052811.
  4. L. J. Lapidus, P. J. Steinbach, W. A. Eaton, A. Szabo, J. Hofrichter: Single-Molecule Effects of Chain Stiffness on the Dynamics of Loop Formation in Polypeptides. Appendix: Testing a 1-Dimensional Diffusion Model for Peptide Dynamics. In: Journal of Physical Chemistry B. 106, 2002, S. 11628–11640. doi:10.1021/jp020829v.
  5. Doi, Edwards: The Theory of Polymer Dynamics 1999.
  6. Rubinstein, Colby: Polymer Physics 2003.
  7. J.F. Marko, Eric D. Siggia: Stretching DNA. In: Macromolecules. 28, 1995, S. 8759–8770. bibcode:1995MaMol..28.8759M. doi:10.1021/ma00130a008.
  8. Theo Odijk: Stiff Chains and Filaments under Tension. In: Macromolecules. 28, 1995, S. 7016–7018. bibcode:1995MaMol..28.7016O. doi:10.1021/ma00124a044.
  9. Michelle D. Wang, Hong Yin, Robert Landick, Jeff Gelles and Steven M. Block: Stretching DNA with Optical Tweezers. In: Biophysical Journal. 72, 1997, S. 1335–1346. bibcode:1997BpJ....72.1335W. doi:10.1016/S0006-3495(97)78780-0.
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