Woizlawa-Feodora Prinzessin Reuß
Woizlawa-Feodora Prinzessin Reuß (geb. Woizlawa-Feodora Elise Marie Elisabeth Herzogin zu Mecklenburg, * 17. Dezember 1918 in Rostock; † 3. Juni 2019 in Görwihl, Ortsteil Strittmatt[1]) war eine der letzten lebenden Angehörigen des Hauses Mecklenburg-Schwerin.
Biografie
Woizlawa-Feodora war die einzige Tochter von Adolf Friedrich zu Mecklenburg und seiner ersten Frau Viktoria Feodora, geb. Prinzessin Reuß, der ältesten Tochter von Fürst Heinrich XXVII. (Reuß jüngere Linie). Ihr erster Vorname Woizlawa erinnerte an die Urahnin des Hauses Mecklenburg, die Frau des Obotritenfürsten Pribislaw, ihr zweiter an ihre Mutter, die bei ihrer Geburt starb. Sie wuchs vor allem bei ihrem Vater in Bad Doberan[2], bei ihrer Großmutter väterlicherseits in Ludwigslust und im Alexandrinen-Cottage in Heiligendamm sowie bei den Großeltern mütterlicherseits, Fürst und Fürstin Reuß j.L., in Gera und Ebersdorf in Thüringen auf.
Am 15. September 1939 heiratete sie in Bad Doberan ihren entfernten Verwandten Heinrich I. (Harry) Prinz Reuß (* 8. Oktober 1910; † 10. März 1982), der 1935 von ihrem kinderlosen und unverheirateten Onkel Heinrich XLV. adoptiert worden war. Woizlawa-Feodora und Heinrich I. Prinz Reuß haben eine Tochter und fünf Söhne:[3]
- Feodora Prinzessin Reuß (* 5. Februar 1942)
- Heinrich VIII. Prinz Reuß (* 30. August 1944)
- Heinrich IX. Prinz Reuß (* 30. Juni 1947)
- Heinrich X. Prinz Reuß (* 28. Juli 1948)
- Heinrich XIII. Prinz Reuß (* 4. Dezember 1951)
- Heinrich XV. Prinz Reuß (* 9. Oktober 1956)
Nachdem ihr Mann 1941 wegen einer schweren Verletzung aus dem Kriegsdienst ausgeschieden war, lebte das Ehepaar gemeinsam auf Schloss Osterstein in Gera. Feodora erlebte die Zerstörung des Schlosses im schwersten Bombenangriff auf Gera am 6. April 1945 mit. Danach zog die Familie zunächst ins Schloss Ebersdorf; nach dem Abzug der US-Streitkräfte aus Thüringen im Sommer 1945 flohen Heinrich I., Feodora und ihre Kinder zur Schwester Heinrichs I., Felizitas zu Ysenburg und Büdingen, ins hessische Büdingen. Ihr Onkel Heinrich XLV., der in Ebersdorf blieb, wurde dort im August 1945 vom sowjetischen Militär verschleppt und ist seitdem verschollen.[4]
Heinrich I. wurde Generalbevollmächtigter seines Schwagers Otto Friedrich zu Ysenburg und Büdingen.[4] Nach seinem Tod 1982 lebte Woizlawa-Feodora bis 1991 weiterhin in Büdingen. Nach der Wiedervereinigung zog sie für 15 Jahre zurück nach Gera und lebte dabei auch einige Jahre in einer kleinen Wohnung im erhaltenen Teil des Schlosses Osterstein.[5] Aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der neureligiösen Gemeinschaft Fiat Lux zog sie in den südlichen Schwarzwald[5][6], wo sie seit 2005 in einer eigenen Wohnung im Görwihler Ortsteil Strittmatt lebte.[6] Aus Anlass ihres 100. Geburtstages im Dezember 2018 gab sie der Ostthüringer Zeitung ein ausführliches Interview, das in drei Teilen erschien.[2][4][5] Sie starb nach kurzer schwerer Krankheit in ihrem Haus im Ortsteil Strittmatt der Gemeinde Görwihl. Beigesetzt wurde sie auf dem Friedhof der Familie Solms-Laubach im Kloster Arnsburg.[7]
Prozesse zur Wiedererlangung enteigneter Güter
Bekannt wurde sie vor allem durch den sich über 20 Jahre hinziehenden Versuch, die nach 1945 erfolgte Enteignung des Eigentums von Heinrich XLV. (Reuß jüngere Linie) anzufechten. Als Witwe seines Adoptivsohnes und zugleich als Enkelin von Fürst Heinrich XXVII. vertrat sie die Ansprüche der Reußschen Erben. Mit der Stadt Gera kam es am 21. Oktober 1997 zu einer Gütlichen Einigung über den Verbleib der meisten beweglichen Kunstgüter im Stadtmuseum Gera. Durch Bescheid vom 16. Januar 1998 bestätigte das Thüringer Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen diese gütliche Einigung. Als Folge wurden ca. 700 Kunstgegenstände an die Familie rückübertragen und 1998 versteigert.[8] Die Eintragung der „Geraer Silbermöbel“ in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes wurde durch die Familie erfolglos angefochten[9].
Währenddessen ging der Streit um die Immobilien weiter. Das Hauptargument von Woizlawa-Feodora und ihren Anwälten, Heinrich XLV. habe auch die britische Staatsbürgerschaft besessen und seine Enteignung sei daher nicht rechtmäßig gewesen, wurde im Streit um Schloss Osterstein vom Verwaltungsgericht Gera 2005 zurückgewiesen.[10] Eine Beschwerde gegen das Urteil wurde vom Bundesverwaltungsgericht als unbegründet zurückgewiesen.[11] Erfolgreich war Woizlawa-Feodora Prinzessin Reuß hingegen mit ihrem Rückübertragungsantrag von Schloss Thallwitz, das der Familie 2008 in einem Vergleich zugesprochen wurde.[12] Nachdem die Stadt Gera u. a. das Stadtmuseum komplett umgebaut hatte, ließ sich die vertraglich vereinbarte Präsentation der Reuß'schen Kunstschätze im Stadtmuseum nicht mehr realisieren, so dass eine Anpassung der Gütlichen Einigung erforderlich wurde. Gegen den Bescheid vom 26. September 1996, mit dem das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (LARoV) Gera den Restitutionsantrag zurückgewiesen hatte, erhob Prinzessin Reuß eine Klage beim Verwaltungsgericht Gera. Bis zum Jahr 2010 hat die 2. Kammer des VG Gera durch unanfechtbare Beschlüsse (§§ 4,5 VermG) die Klage in insgesamt 180 Verfahren getrennt und jeweils mit eigenen Aktenzeichen versehen.
Aus prozessökonomischen Gründen hat Prinzessin Reuß in einigen Verfahren die Klage zurückgenommen (z. B. wenn eine Naturalrestitution auch bei Feststellung der Berechtigung dem Grunde nach wegen §§ 4,5 VermG ausgeschlossen war), ohne damit sämtliche Rückgabe-Forderungen zurückzuziehen. Über die Rückgabeforderung ist noch nicht endgültig entschieden.
Einzelnachweise
- Ulrike Merkel: „Es war herrlich bei den Großeltern in Gera“ (Interview, Teil 1). Ostthüringer Zeitung, 12. Dezember 2018, S. 12.
- Zu deren Ehepartnern, Kindern und zur weiteren Familie siehe Stammliste von Reuß
- Ulrike Merkel: In drei Wochen brannte Schloss Osterstein aus (Interview, Teil 2). Ostthüringer Zeitung, 14. Dezember 2018, S. 3.
- Ulrike Merkel: „Wenn einem die Heimat entrissen wird, ist das schlimm“ (Interview, Teil 3). Ostthüringer Zeitung, 17. Dezember 2018, S. 3.
- Karin Stöckl-Steinebrunner: Im Alter von 100 Jahren eine „gewisse Narrenfreiheit“ genießen. Badische Zeitung, 17. Dezember 2018, abgerufen am 18. Dezember 2018.
- Werner Probst; Markus Vonberg: Strittmatt: Eine Prinzessin stirbt im Hotzenwald. Südkurier, 5. Juni 2019, abgerufen am 15. Juli 2019.
- Fürstenhaus Reuß: Streit um Status der „Geraer Silbermöbel“, Artikel im Tagesspiegel vom 27. September 2006
- Urteil des OVG Weimar vom 22. November 2007, Aktenzeichen: 1 ZKO 1000/06
- Forderungen des Fürstenhauses Reuss, Bericht des studiogera.de vom 18. Mai 2011, abgerufen am 10. November 2011
- Beschwerde der Reußen abgewiesen, Artikel der Thüringer Allgemeinen vom 27. April 2011, abgerufen am 10. September 2011
- Fürstenhaus Reuß erhält das Schloss Thallwitz zurück, Artikel in Die Welt vom 25. Juli 2008, abgerufen am 10. September 2011