Wohnzimmer
Das Wohnzimmer ist das Zimmer einer Wohnung oder eines Wohnhauses, in dem sich die Bewohner in vielen Fällen am häufigsten aufhalten. Heutzutage erkennt man dies daran, dass in den meisten Häusern ein Fernsehgerät im Wohnzimmer steht.
Zur typischen Ausstattung eines deutschen Wohnzimmers zählen die Polstergarnitur mit niedrigem Tisch, Schrankmöbel bis hin zur klassischen Schrankwand für den Fernseher und weitere Unterhaltungselektronik und (alkoholische) Getränke, daneben auch Bücher- oder CD-Regale. Oft wird das Wohnzimmer als Esszimmer verwendet, da es meist geräumiger als die Küche ist. Bei Festen und Feierlichkeiten wird oft aus Platzgründen im Wohnzimmer gegessen.
In England ist die doppelte Funktion des deutschen Wohnzimmers meist auf zwei Räume verteilt. Zur Repräsentation dient der „parlour“ (Salon), der von den Bewohnern nur bei Feierlichkeiten oder mit Gästen genutzt wird, während der „living room“ alltäglich genutzt wird; „family room“ bezeichnet den größten Raum des Hauses in Verbindung mit einer offenen Küche.
Solche offenen oder mit dem Wohnzimmer zumindest durch einen breiten Durchgang verbundenen Küchen erfreuen sich allerdings mittlerweile auch in Deutschland großer Beliebtheit.
Geschichte
Früher war ein großzügiger Kamin oder eine Feuerstelle das eindeutige Indiz, dass man sich im Wohnzimmer befand, ebenso mehr oder weniger repräsentatives Mobiliar. In weniger wohlhabenden bürgerlichen Haushalten wurde das Wohnzimmer, ähnlich der „guten Stube“ in Bauernhäusern, nur zu besonderen Anlässen benutzt. Zumindest im Winter hatte dies den praktischen Grund, dass die Küche durch den mit Holz oder Kohle befeuerten Herd ohnehin warm war, während das Wohnzimmer extra geheizt werden musste. In Zeiten von Wohnraummangel, etwa nach dem Zweiten Weltkrieg, gab es in vielen Wohnungen gar kein eigenes Wohnzimmer, sondern lediglich (Wohn-)Küche und Schlafräume. Als mit zunehmendem Wohlstand (im Westen Deutschlands durch das Wirtschaftswunder) neue Wohnungen entstanden und damit wieder mehr Platz verfügbar war, wurden auch wieder gesonderte Wohnzimmer eingerichtet. Dabei wurde nicht mehr so viel Wert auf Repräsentation, sondern mehr auf Behaglichkeit und bequemes Mobiliar gelegt; es etablierte sich die bis heute typische, wenn auch in der Gestaltung jeweils der Mode angepasste Ausstattung.
- Wohnzimmer Berlin-Friedrichshagen, 1960
- „Musterwohnzimmer“ bei der Leipziger Messe 1950
- Historisches Wohnzimmer in der Goldenen Waage in der Altstadt von Frankfurt am Main
- Wohnstube im Vereinigten Königreich
- Berliner Zimmer 1865
- Wohnraum in Frank Lloyd Wrights Louis Penfield House, 1955
Wissenswertes
Die Hamburger Werbeagentur Jung von Matt hat für Beobachtungszwecke und als Inspirationsquelle ein authentisches und durchschnittliches "Deutschland-Wohnzimmer" eingerichtet, das es ihren Angestellten ermöglicht, sich besser in den Konsumenten einzufühlen.[1]
Das Wohnzimmer ist 22 m² groß, hat eine Deckenhöhe von 2,65 m und ist in einem hellen Gelb gestrichen. Mittelpunkt des Zimmers bildet, wie beinahe überall: Der Fernseher. Er ist in eine Buche-Schrankwand integriert, die neben dem DVD-Recorder auch die häufigsten Bücher, wie Harry Potter, beherbergt und Platz für Sabines Sammel-Leidenschaft lässt. Natürlich gibt es auch ein Süßigkeiten-Fach. Die Couchgarnitur ist im Halbkreis auf den Fernseher ausgerichtet. Und: Sie ist orange. Nach wie vor lieben die Deutschen den mediterranen Flair – besonders im Wohnzimmer. Natürlich finden sich auch IKEA-Möbelstücke, eine große CD-Sammlung und seit neustem ein kleiner Computertisch mit Equipment hier wieder.
Im Wohnzimmer selbst wohnt die imaginäre Familie Müller. Und auch sie entspricht der häufigsten deutschen Familie. Vater Thomas ist 45 Jahre alt und Maschinenbauer. Sabine, drei Jahre jünger, arbeitet halbtags als Bürokauffrau. Schließlich will sie noch genug Zeit für Alexander haben. Der 15-Jährige ist das einzige Kind der beiden und geht noch zur Schule. Momentan dreht sich bei Alexander alles um PC Spiele, Handys und die Kumpels. Bald wird sich Alexander aber auch für Mädchen interessieren.
Das Wohnzimmer an sich ist Teil einer fiktiven Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, das zwischen 1949 und 1978 gebaut wurde. Für die durchschnittlichen 89,4 Quadratmeter zahlen die Müllers 408 Euro Miete im Monat.
Die Werbeagentur Jung von Matt passt das Wohnzimmer regelmäßig den neusten Häufigkeiten in Deutschland an und verfolgt das Leben der fiktiven Familie Müller. In einem eigenen Blog berichtet die Agentur, was alles bei den Müllers passiert. Wie die Familie renoviert, was Alexander zum Geburtstag bekommt und warum sich Thomas und Sabine streiten.
Literatur
- Manfred Sack (Text), Herlinde Koelbl (Fotos): Das deutsche Wohnzimmer. Bucher, Luzern und Frankfurt am Main 1980, ISBN 3-7658-0351-0 (Neuauflage: Bucher, München 2000, ISBN 3-7658-1261-7).
- Ernst Siebel: Der großbürgerliche Salon. 1850–1918. Geselligkeit und Wohnkultur. Reimer, Berlin 1999, ISBN 3-496-01200-5.