Wohnraumbewirtschaftungsgesetz
Das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz überführte die Regelungen zur Zwangsbewirtschaftung von Wohnraum aus dem Kontrollratsgesetz Nr. 18 in Bundesrecht. Grundgesetzlich wurde das Kontrollratsgesetz Nr. 18 bis zum Inkrafttreten des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes durch die Sondervorschrift des Art. 117 Abs. 2 GG legitimiert, welche Einschränkungen des Grundrechts auf Freizügigkeit im Bundesgebiet bis zur Bewältigung der Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg zuließ[1].
Basisdaten | |
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Titel: | Wohnraumbewirtschaftungsgesetz |
Abkürzung: | WBewG (nicht amtlich) |
Art: | Bundesgesetz |
Geltungsbereich: | Bundesrepublik Deutschland |
Rechtsmaterie: | Wohnungswesen |
Erlassen am: | 31. März 1953 (BGBl. I S. 97) |
Inkrafttreten am: | 1. Juli 1953 |
Außerkrafttreten: | 31. Dezember 1968 (BGBl. I S. 389, BGBl. I S. 1251) |
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten. |
Das Gesetz wurde durch die Bundesregierung als Entwurf eines Wohnraummangelgesetzes[2] in das parlamentarische Verfahren eingebracht. Im Rahmen der Ausschussberatungen im Deutschen Bundestag wurde der Titel in Entwurf eines Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes[3] geändert. Das Gesetz wurde im Zuge eines Vermittlungsverfahrens[4][5] geändert.
Das Gesetz stellte den gesamten Wohnraum der Bundesrepublik Deutschland unter Zwangsbewirtschaftung durch die örtlichen Wohnungsämter; ausgenommen waren öffentlich geförderte Wohnungen sowie Wohnungen, die ohne öffentliche Darlehen oder Zuschüsse geschaffen und zwischen dem 21. Juni 1948 (Währungsreform) und 31. Dezember 1949 bezugsfertig geworden waren (§§ 1–3).
Die Wohnungsämter konnten Wohnungssuchende in leerstehende Wohnungen einweisen, aber auch in Wohnungen fremder Personen, sofern diese nach Einschätzung des Wohnungsamtes unterbelegt waren (§ 10). Hausbesitzer hatten freien Wohnraum unverzüglich den Wohnungsämtern zu melden (§ 7). Die Einweisung begründete einen privatrechtlichen Mietvertrag zwischen dem Wohnungseigentümer und dem Wohnungssuchenden (§§ 15–16).
Es galt ein Zweckentfremdungsverbot (§ 21) sowie ein absolutes Verbot des Abrisses von Wohnungen (§ 22). Wohnungsämter konnten auch gegen den Willen des Eigentümers Wohnungen modernisieren, d. h. mit zeitgemäßen Sanitär- und Versorgungseinrichtungen ausstatten (§ 23). Weisungen der Wohnungsämter konnten im Wege des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden (§ 27).
Das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz konkretisierte auch den Kündigungsschutz, der in dem nach 1949 weiter geltenden Mieterschutzgesetz (MSchG)[6] geregelt war (§ 28). Bei einer Kündigung konnte der Mieter besonderen Vollstreckungsschutz in Anspruch nehmen, falls ihm kein Ersatzwohnraum angeboten werden konnte (§§ 30–31).
Mit dem Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht vom 23. Juni 1960[7] wurde es den Ländern freigestellt, die Zwangsbewirtschaftung von Wohnraum für bestimmte Landkreise und kreisfreie Städte aufzuheben. Spätestens am 31. Dezember 1965 sollte die Zwangsbewirtschaftung durch Aufhebung des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes bundesweit aufgehoben werden. Der Termin ließ sich aber aufgrund der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt zahlreicher Städte im Bundesgebiet nicht halten und wurde nachträglich auf den 31. Dezember 1967, für bestimmte namentlich genannte Städte (Hamburg, Bonn, Freiburg im Breisgau , München, Landkreis Bonn, Landkreis Göttingen, Landkreis München) sowie für das Land Berlin auf den 31. Dezember 1968 verschoben. Der Mietenstopp und das Kündigungsverbot wurden zeitgleich mit Einführung des Wohngeldes als Sozialleistung aufgehoben; lediglich für Berlin galten aufgrund der Besonderheiten des örtlichen Wohnungsmarktes Ausnahmeregelungen; die Mieten blieben dort noch bis 1973 eingefroren. Bis dahin galten Übergangsregelungen nach den Bundesmietengesetzen.
Literatur
- Börn Egner: Wohnungspolitik seit 1945, in: Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 20–21, 5. Mai 2014, S. 13–19.
- Hubert Heinelt, Björn Egner: Wohnungspolitik – von der Wohnraumzwangsbewirtschaftung zur Wohnungsmarktpolitik. In: Manfred G. Schmidt, Reimut Zohlnhöfer (Hrsg.): Regieren in der Bundesrepublik Deutschland. Innen- und Außenpolitik seit 1949. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-531-14344-6, S. 203–220.
- Hermann Roquette: Das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz. Mohr Siebeck, Tübingen 1953.
Einzelnachweise
- Thorsten Kingreen, Ralf Poscher: Grundrechte. Staatsrecht II: Mit ebook: Lehrbuch, Entscheidungen, Gesetzestexte. C.F. Müller GmbH, 2019, ISBN 978-3-8114-9157-1 (google.de [abgerufen am 16. Juli 2020]).
- Deutscher Bundestag: Drucksache 1/2158.
- Deutscher Bundestag: Drucksache 1/3822.
- Deutscher Bundestag: Drucksache 1/3984.
- Deutscher Bundestag: Drucksache 1/4025.
- Gesetz über Mieterschutz und Mieteinigungsämter vom 1. Juni 1923, RGBl. I S. 353; Mieterschutzgesetz in der Fassung vom 15. Dezember 1942, RGBl. I S. 712; Wohnungstausch in den Anfangsjahren der Bundesrepublik. Mietrechtliche Regelungen Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Dokumentation vom 4. August 2016, S. 3; BGH, Urteil vom 19. September 2018 - VIII ZR 231/17 Rdnr. 29 ff. (zum Mieterschutzgesetz)
- BGBl. I S. 389