Willi Geismeier
Willi Geismeier (* 4. April 1934 in Halle (Saale); † 2. September 2007 in Berlin) war ein deutscher Kunsthistoriker.
Leben
Von 1966 bis 1975 und abermals von 1983 bis 1985 war Willi Geismeier Direktor der Deutschen Nationalgalerie Berlin (Staatliche Museen). Die in der DDR entstandene Gegenwartskunst wurde von ihm dadurch unterstützt, indem er viele Stücke für die Galerie kaufte. Unbeliebt wurde er bei den Institutionen der DDR, weil er damit für Künstler eintrat, die nicht auf der offiziellen Linie standen. Daneben wurden unter seiner Ägide Expressionistische Kunst, Bauhaus-Kunst, Werke der Neuen Sachlichkeit und Stücke der „proletarisch-revolutionären Kunst“ angekauft und damit Lücken der Sammlung geschlossen. Doch waren Ankäufe der modernen neuen DDR-Kunst der größte Posten unter den Neuerwerbungen. Als er der Aufforderung nicht nachkam, Kunstwerke für Devisen ins kapitalistische Ausland zu verkaufen, konnte er seine Position nicht mehr behaupten.[1]
Auf politischen Druck hin ging er nach seiner zweiten Entlassung von diesem Posten als Professor an die Humboldt-Universität zu Berlin und nutzte seine praktischen Kenntnisse in der Kunstforschung und der Lehre.[2] Geismeier war bis 1999 Mitglied des Kunstgeschichtlichen Seminars an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Geismeier stützte nicht nur die moderne nationale Kunst, sondern setzte sich mit der Kunst des 19. und vor allem 20. Jahrhunderts auseinander. Besonders in großen programmatische Ausstellungen konnte er sich um diese Kunstepochen verdient machen. 1968 organisierte er Deutsche realistische Bildhauerkunst im XX. Jahrhundert, 1972 Stilkunst um 1900 in Deutschland und 1974 Realismus und Sachlichkeit. Aspekte deutscher Kunst 1919–1933. Seit 1972 organisierte er zudem diverse kleinere Ausstellungen unter dem Label „Studio“-Ausstellungen.
Geismeier lebte bis zu seinem Tod in Berlin-Pankow. Seine Ruhestätte befindet sich auf dem Französischen Friedhof in Berlin-Mitte.
Geismeier war in erster Ehe mit Irene Geismeier verheiratet, mit der er drei gemeinsame Söhne hatte.[3] Er starb 2007 im Alter von 73 Jahren an Herzversagen.[4]
Schriften
- Zeichnungen deutscher Romantiker. Nationalgalerie – Sammlung der Zeichnungen. Staatliche Museen zu Berlin, Berlin 1964
- Deutsche Kunst 19./20. Jahrhundert (Altes Museum – Nationalgalerie). Staatliche Museen zu Berlin, Berlin 1966.
- Gemälde, Bildwerke und Zeichnungen des 19. Jahrhunderts. (Nationalgalerie) Staatliche Museen zu Berlin, Berlin 1968.
- Max Lingner. (Biographie). Leipzig: VEB Bibliographisches Institut, 1968.
- mit Heinz Begenau: Theo Balden – Plastik und Graphik (Nationalgalerie). Staatliche Museen zu Berlin, Berlin 1970.
- mit Claude Keisch: Stilkunst um 1900 in Deutschland, Kupfergewerbemuseum, Kupferstichkabinett und Sammlungen der Zeichnungen. Staatliche Museen zu Berlin, Berlin 1972
- Caspar David Friedrich. E. A. Seemann, Leipzig 1973/1998; Weltbild, Augsburg 1994 ISBN 3-89350-721-3
- Herausgeber: Von Courbet bis Cézanne. Französische Malerei 1848–1886; ein Kommentar. Nationalgalerie, Berlin 1982
- Schrecken des Krieges (künstlerische Zeugnisse aus drei Jahrhunderten) Studio-Ausstellung Nationalgalerie im Alten Museum, Mai bis Juni 1983. Staatliche Museen zu Berlin, Berlin 1983
- Die Malerei der deutschen Romantiker. VEB Verlag der Kunst, Dresden 1984; gleichzeitig Kohlhammer, Stuttgart 1984
- Biedermeier, Das Bild vom Biedermeier. Zeit und Kultur des Biedermeier. Kunst und Kunstleben des Biedermeier. Seemann, Leipzig 1979 und 1986
- Biedermeier. Kunst und Kultur. Drei Lilien, Wiesbaden o.a.J.
- Daniel Chodowicki, Berliner Kupferstichkabinett. Seemann, Leipzig 1993
- mit Antje Huwendiek: Über Ursprungsformen. Studien zur Analyse von Elementarzeichen. (Magisterarbeit)
Weblinks
Einzelnachweise
- Mutiger Direktor. In: FAZ, 15. August 2007
- Endgültiger Abschied. In: Berliner Zeitung, 8. August 2007; Nachruf
- Willi Geismeier: Director of East Berlin’s National Gallery who defended modern art against the GDR regime, The Times, 30. August 2007
- Berliner Ex-Museumschef Willi Geismeier ist gestorben, Berliner Morgenpost, 15. August 2007