Weinberghüter
Ein Weinberghüter (auch Weingartenhüter, Wengertschütz, Wengerter oder Saltner genannt) war ein Helfer des Weinbauern, der mit einer Ratsche, Wengerter-Peitsche oder Schreckschusspistole vor allem die Vögel vertrieb.
Geschichte
Die erste Erwähnung eines Weinberghüters findet sich in der österreichischen Weinbauordnung des Jahres 1352,[1] die detaillierte Vorschriften zum Hütewesen und strenge Strafen vorsah. Bereits der, der nur drei Weintrauben stahl, war ein „schädlicher Mann“ und jeder, der mit einer Waffe einen Weinberg betrat, durfte getötet werden.[2]
Rechtschaffene Männer wurden mit der Weinbergwache beauftragt und diese Tätigkeit brachte gesellschaftliches Ansehen.
In Tirol schützten die Saltner von Mariä Himmelfahrt bis zur Weinlese die Trauben vor Tieren und Dieben. Das seit dem 16. Jahrhundert nachweisbare Amt erfuhr im 19. Jahrhundert neue Aufmerksamkeit durch den aufkommenden Tourismus. Die Schilderungen von furchterregenden, mit Tiertrophäen geschmückten Saltnern in den Reiseführern führte dazu, dass solche Kostüme tatsächlich etabliert und als Touristenattraktion zur Schau gestellt wurden.[3] Das Kostüm bestand in der Regel aus ledernen Bundhosen und einem breiten, bestickten Gürtel, einer Kette mit Eberzähnen oder Gebissen von Nagetieren und einem mit Hahnen-, Pfauen- und Spielhahnfedern geschmückten Hut.[4][5] Das Wort „Saltner“ entstammt dem mundartlateinischen Wort saltuarius (Verwalter).[6]
Arbeitsweise
Das Erzeugen von Geräuschen hat das Ziel, die Weinberge vor Vögeln (vor allem Stare, Amseln und Wacholderdrosseln) und anderen Tieren zu schützen. Auch Rehe und Dachse mögen die Trauben.
Aktuelle Situation
Früher wurden die Trauben mit Holzrätschen bewacht, heute sind es zunehmend Pistolenschüsse, mit denen die Tiere vertrieben werden. Die Weinberghüter erhalten dazu vom Bürgermeister eine spezielle Berechtigung, die Waffe, mit der sie Platzpatronen abschießen, tragen zu dürfen.
Immer öfter kommen für die Vertreibung der Vögel automatisierte Dauerbeschallung mit Schussapparaten und Vogelschreigeräten sowie in geringerem Maße andere Methoden (z. B. Netze) zum Einsatz (siehe auch Pflanzenschutz)[7]. Bei den automatisierten akustischen Methoden entstehen erhebliche Gewöhnungseffekte, die die Wirksamkeit stark relativieren. Als eingeschränktes Ziel gilt somit eher die Schadensverteilung in größere Flächen hinein. Eine echte Vertreibung der Vögel und Verhinderung/Verminderung von Vogelfraß kann durch automatisierte akustische Methoden im Unterschied zum Einsatz eines leibhaftigen Weinbergshüters nicht erreicht werden.[8] Allein das Erscheinen sich bewegender Personen in der Nähe von Weinbergen führt bereits zur Abschreckung fressgieriger Vogelschwärme oder auch kleiner Vogelgruppen.
Weinberghüter tragen heute teilweise nur noch zu Repräsentationszwecken den Namen[9] und ihre Rätschen sind bei Festen und Umzügen im Einsatz[10].
Situation in Österreich
Der Weingartenhüter, in Ostösterreich auch Hiata hatte während des Weinlesebanns über die Weingärten zu wachen.
Der Weinlesebann oder auch Herbstbann bezeichnete die von den Behörden verordnete Schließung der Weingärten zwischen dem Beginn der Traubenreife und der Lese. Die Überwachung erfolgte durch die Weingartenhüter. Sie sollten die Weingärten gegen Traubendiebstähle schützen. In der ersten österreichischen Weinbauordnung von Herzog Albrecht II: aus dem Jahr 1352 wurde darauf schon Bezug genommen. Diese beinhaltet unter anderem detaillierte Vorschriften zum Hüterwesen, die strenge Strafen vorsahen. So durfte jeder, der bewaffnet einen Weingarten betrat, getötet werden. Beim Diebstahl von nur 3 Weintrauben wurde man schon als schädlicher Mann bezeichnet. Wenn man sich einer Verhaftung widersetzte, konnte man als vogelfrei erklärt werden. In der Gegend um Gumpoldskirchen ist eine erste Hüterordnung bereits 1355 nachgewiesen. In der niederösterreichischen Hüterordnung von 1707 ist in Abhängigkeit vom Schadensausmaß eine Bestrafung bis zum Abschneiden eines Ohres oder einer Hand vorgesehen.
Die Schließung der Weingärten erfolgte durch Zeichen aus Stroh oder Holz, die sogenannten Vermachkreuze und Dornen. Erst im 20. Jahrhundert kamen dann Plakate mit der Aufschrift Betreten verboten auf. Mit der Wacht über die Weingärten wurden nur rechtschaffene Männer in guter körperlicher Verfassung und Kenntnis der Gemarkung beauftragt. In der Frühzeit des Weinlesebanns wurden junge Männer beauftragt, für die jeweils eine vermögende Person die Bürgschaft für den Fall, dass der Hüter seinem Dienst nicht nachkam, übernehmen. Das Hüteramt war gut boniert und brachte gesellschaftliches Ansehen.[11]
Die Hiata wurden auf die Hüterordnung eingeschworen. Sie waren damit verpflichtet Tag und Nacht ihren Dienst zu versehen. Während ihrer Amtszeit lebten sie in einfachen Hütten in den Weingärten. Diese Hütten waren in den Anfangszeiten mit Rebbündeln und Stroh gebaute einfache Unterkünfte. Später wurden sie durch feste Hütten abgelöst. Diese wurden oft getarnt. Am Beginn des Weinlesebanns stellten sie den sogenannten Hiatabam, oder auch Hütersäule auf. In der Gegend südlich von Wien handelte es sich dabei meist um eine entastete Schwarzföhre. Sie wurde bunt mit Bändern geschmückt. In der Gegend um Mödling wurde auch ein Huetrad am oberen Ende des Stammes befestigt. Dies wurde im Werk Georgica curiosa von Wolf Helmhardt von Hohberg abgebildet. Es zeigt, dass die Räder als Aussichtsplattformen verwendet wurden. Ähnlich wie bei den Maibäumen wurden die Hütersäulen von den Burschen der Umgebung gerne umgeschnitten oder gestohlen.[11]
Zur Bewaffnung dienten den Weingartenhütern Hellebarden, Äxte (sogenannte Hiatahackl), Säbel und später auch Pistolen und Büchsen. Die beiden letzteren dienten aber hauptsächlich zur Abschreckung und wurden oft mit Schweineborsten geladen. Wurde ein Dieb erwischt, brachte ihn der Hüter zum Besitzer des Weingartens. In späterer Zeit wurden sie der Polizei übergeben. Den Hütern stand dann eine Ergreiferprämie zu, in Baden bei Wien und um Perchtoldsdorf wurde von den Dieben ein sogenanntes Stinglgeld gefordert. Zur Verständigung untereinander benutzte man Signalhörner auch Bühler. In der Umgebung von Traiskirchen und Klosterneuburg wurden sie als Hiatapfoazn bezeichnet. Dabei handelte es sich in der Regel um ein Rinderhorn. Im Weinviertel wurden stattdessen eine Peitsche, die Hiatagoassl, verwendet. Beide hatten auch die Funktion in den Weingärten einfallende Vögel zu vertreiben. In der Steiermark wurde dies durch den Klapotetz bewerkstelligt.[11]
Das Ende des Herbstbanns war in der Gegend südlich von Wien meist um den 10. Oktober. Zur Kundmachung, dass die Weingärten wieder aufgeschlossen waren, wurde ein Böller abgeschossen. Somit war die Hüterzeit für dieses Jahr vorbei. Dabei wurden die Hüter im Hütereinzug feierlich in den Ort geführt. Oft war dies auch mit dem Erntedank verbunden. Das Amt des Weingartenhüters hatte über Jahrhunderte große Bedeutung. Den Stellenwert verlor es in Österreich erst nach der Besatzungszeit. In den 1960er Jahren erließ Österreich die letzte Hüterverordnung. Zu Anfang der 1970er Jahre wurde das Hüteramt dann aufgrund des allgemeinen Wohlstandes überflüssig. Heute werden nur noch in Rust am See zwei Hüter bestellt. Ihre Aufgabe beschränkt sich hauptsächlich auf das Verscheuchen der Vögel. In Österreich sind die Hüterordnungen in den Flur-, Jagd- und Fischereigesetzen der Bundesländer aufgegangen, und die Hiata werden offiziell nun als öffentliche Landeskulturwachen bezeichnet.[11]
Gegen Ende der 1990er Jahre begann eine Rückbesinnung auf die alten Traditionen. So fingen in vielen Weinbaugemeinden die mit den Weingartenhütern verbundenen Bräuche wieder an aufzuleben. Beispielsweise wird in Gumpoldskirchen das Gebirgsaufschießen erneut durchgeführt. Etliche Orte feiern auch wieder den Hütereinzug und Besucher könne mancherorts eine renovierte Weingartenhüter-Hütte besichtigen.[11]
Literatur
- Matthias Ladurner-Parthanes: Vom Perglwerk zur Torggl. Arbeit und Gerät im Südtiroler Weinbau. Athesia, Bozen 1972, S. 137–139.
- Josef Psenner: Eine alte Saltner-Ordnung. In: Der Schlern, 2, 1921, S. 361–364. (online)
- Norbert Tischelmayer: Wein-Glossar. 2777 Begriffe rund um den Wein. Np Buchverlag, 2001, ISBN 3-85326-177-9.
- Johann Werfring: Die Trauben in Nachbars Garten. In: Vinaria. Österreichs Zeitschrift für Weinkultur. 8/2006, S. 50–52.
Weblinks
Einzelnachweise
- Von der Rebe ins Glas – Die Weinberghut im Wandel der Zeit auf www.vkz.de.
- Über den Ursprung des Meraner „Saltner“ (Unter Vermischtes: mittlere Spalte), in: Vossische Zeitung, 9. August 1905.
- Meraner Weinberghüter („Saltner“), Germanisches Nationalmuseum
- Der Saltner, Tourismusverein Kaltern am See
- Ludwig von Hörmann: Die Saltner. In: Eduard Amthor (Hrsg.): Der Alpenfreund, Monatshefte für Verbreitung von Alpenkunde unter Jung und Alt in populären Schilderungen aus dem Gesammtgebiet der Alpenwelt und mit praktischen Winken zur genußvollen Bereisung derselben. Band 5, Gera 1872, S. 41–47 (online)
- Provinz Bozen, Kulturgüter
- Starenabwehr.de
- Starenabwehr (2)
- @1 (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Schutz für die reife Frucht
- Johann Werfring: Die Trauben in Nachbars Garten. In: Vinaria. Österreichs Zeitschrift für Weinkultur. 8/2006, S. 50–52.