Vysotskit
Vysotskit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der chemischen Zusammensetzung (Pd,Ni)S[2] und damit chemisch gesehen Palladium(II)-sulfid. Bei diesem natürlichem Palladium(II)-sulfid ist allerdings allgemein ein geringer Teil des Palladiums durch Nickel vertreten (substituiert).
Vysotskit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
Wyssozkit[1] |
Chemische Formel | (Pd,Ni)S[2][3] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfide und Sulfosalze |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
2.CC.35a (8. Auflage: II/B.16) 02.08.05.03 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | tetragonal |
Kristallklasse; Symbol | tetragonal-dipyramidal; 4/m[4] |
Raumgruppe | P42/m (Nr. 84)[2] |
Gitterparameter | a = 6,43 Å; c = 6,61 Å[2] |
Formeleinheiten | Z = 8[2] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 6[5] (VHN100 = 715 bis 864, durchschnittlich 806 kg/mm2[6]) |
Dichte (g/cm3) | berechnet: 6,705[6] |
Spaltbarkeit | fehlt[6] |
Farbe | silbergrau,[5] im Auflicht grauweiß mit blauem Stich[7] |
Strichfarbe | nicht definiert |
Transparenz | undurchsichtig (opak)[6] |
Glanz | starker Metallglanz[6] |
Vysotskit kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem, entwickelt aber nur selten prismatische Kristalle bis etwa 0,07 mm Größe. Meist findet er sich in Form winziger, unregelmäßiger Körner. Das Mineral ist in jeder Form undurchsichtig (opak) und zeigt auf den Oberflächen der silbergrauen Körner einen starken metallischen Glanz. Im Auflicht erscheint Vysotskit allerdings eher grauweiß mit einem Stich ins Bläuliche. Eine Strichfarbe konnte bisher aufgrund der geringen Probengröße nicht ermittelt werden.
Etymologie und Geschichte
Entdeckt wurde Vysotskit erstmals in einer Platinerzlagerstätte bei Norilsk im Putorana-Gebirge (auch Putoran-Plateau), Taimyrhalbinsel in der russischen Region Krasnojarsk. Die Erstbeschreibung erfolgte durch Alexander Dmitrijewitsch Genkin (russisch: Александр Дмитриевич Генкин; 1919–2010)[8][9] und O. Je. Swjaginzew, die das Mineral nach dem sowjetischen Geologen Nikolai Konstantinowitsch Wyssozki (englisch: Nikolai Konstantinovich Vysotskii; russisch: Никола́й Константи́нович Высо́цкий; 1864–1932) benannten. Dieser entdeckte die Typlokalität des Minerals.
Genkin und Swjaginzew reichten ihre Untersuchungsergebnisse und den gewählten Namen zur Prüfung bei der International Mineralogical Association (IMA) ein, die den Vysotskit als eigenständige Mineralart anerkannte. Die Publikation der Erstbeschreibung erfolgte 1962 im russischen Fachmagazin Записки Всесоюзного Минералогического Общества [Sapiski Wsessojusnogo Mineralogitscheskogo Obschtschestwa] und ein Jahr später noch einmal als Kurzbeschreibung bei der Publikation der New Mineral Names im englischsprachigen Fachmagazin American Mineralogist.
Die Bestätigung der Anerkennung des Minerals durch die „Commission on New Minerals and Mineral Names“ der IMA erfolgte erst in einem 1967 erschienenen und 129 Erstbeschreibungen der Jahre 1961 bis 1964 zusammenfassenden Report.[10] Infolgedessen besitzt Vysotskit keine IMA-Nummer, sondern wird unter der Summenanerkennung „IMA 1967 s.p.“ (special procedure) geführt.[3]
Das Typmaterial des Minerals wird in der Mineralogischen Sammlung der Staatlichen Bergbau-Universität Sankt Petersburg (ehemals Staatliches Bergbauinstitut) in Sankt Petersburg unter der Sammlungs-Nr. 93a/1 und im Mineralogischen Museum, benannt nach A. J. Fersman der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau unter der Sammlungs-Nr. 64853 aufbewahrt.[6]
Klassifikation
In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Vysotskit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide mit [dem Stoffmengenverhältnis] M : S = 1 : 1“, wo er zusammen mit Braggit und Cooperit die „Braggit-Cooperit-Gruppe“ mit der System-Nr. II/B.16 bildete.
Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/C.25-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“, dort allerdings der Abteilung „Sulfide mit [dem Stoffmengenverhältnis] Metall : S,Se,Te ≈ 1 : 1“, wo Vysotskit zusammen mit Braggit und Cooperit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[5]
Die seit 2001 gültige und von der IMA bis 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Vysotskit ebenfalls in die Abteilung der „Metallsulfide, M : S = 1 : 1 (und ähnliche)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Nickel (Ni), Eisen (Fe), Cobalt (Co) usw.“ zu finden ist, wo es ebenfalls zusammen mit Braggit und Cooperit die „Braggitgruppe“ mit der System-Nr. 2.CC.35a bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Vysotskit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er in der „Cooperitgruppe“ mit der System-Nr. 02.08.05 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n) : p = 1 : 1“ zu finden.
Chemismus
In der theoretisch idealen, das heißt stoffreinen Verbindung von Vysotskit (PdS), die allerdings bisher nur als synthetische Verbindung bekannt ist, besteht das Mineral aus Palladium (Pd) und Schwefel (S) im Stoffmengenverhältnis von 1 : 1. Dies entspricht einem Massenanteil (Gewichts-%) von 76,85 Gew.-% Pd und 23,15 Gew.-% S.
Mikrosondenanalysen an natürlichen Mineralproben aus der Typlokalität Norilsk ergaben dagegen eine abweichende durchschnittliche Zusammensetzung von 57,6 Gew.-% Pd und 21,4 Gew.-% S sowie zusätzliche Gehalte von 16,6 Gew.-% Nickel (Ni) und 4,4 Gew.-% Platin (Pt). Zwei weitere Analysen an ähnlichen Mineralproben aus dem Stillwater-Komplex im US-Bundesstaat Montana ergaben durchschnittliche Gehalte von 67,6 bzw. 60,8 Gew.-% Pd und 24,1 bzw. 22,1 Gew.-% S sowie zusätzlich 2,2 bzw. 13,5 Gew.-% Pt und 5,9 bzw. 4,1 Gew.-% Ni.[6]
Da Vysotskit und Braggit (PtS) eine Mischkristallreihe bilden,[6] ist der gemessene Anteil von Platin darauf zurückzuführen. Die Endgliedformel für Vysotskit entspräche damit der oben genannten Idealformel. Allerdings wurden in allen Messungen auch signifikante Gehalte an Nickel ermittelt, weshalb die auch von der IMA akzeptierten Formel für Vysotskit mit (Pd,Ni)S angegeben wird.[3]
Kristallstruktur
Vysotskit kristallisiert in der tetragonalen Raumgruppe P42/m (Raumgruppen-Nr. 84) mit den Gitterparametern a = 6,43 Å und c = 6,61 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]
Kristallstruktur von Vysotskit[12] |
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Farbtabelle: __ Pt __ S |
Bildung und Fundorte
Vysotskit bildet sich in Andesin-Diabasen sowie in ultramafischen, geschichteten Intrusionen. An seiner Typlokalität, der Platinerzlagerstätte bei Norilsk, fand sich das Mineral in Paragenese mit Chalkopyrit, Cooperit, Linneit, Millerit und nickelhaltigem Pyrit. Als weitere Begleitminerale kamen im Stillwater-Komplex im US-Bundesstaat Montana neben Braggit noch Pentlandit, Pyrrhotin, Chalkopyrit, Cubanit, nickelhaltiger Mackinawit, gediegen Gold, Moncheit, Isoferroplatin, Kotulskit, Keithconnit, palladiumhaltiger Tulameenit hinzu.[6]
Als seltene Mineralbildung konnte Vysotskit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei weltweit bisher etwas mehr als 60 Fundorte dokumentiert sind (Stand 2020).[13] An seiner Typlokalität in der Umgebung von Norilsk in der nordsibirischen Region Krasnojarsk konnte Vysotskit in der Severniy-Mine (auch Severnaya-Mine) und der Komsomol'skii Mine (auch Komsomolsk Mine) bei Talnach sowie der Medvezhyi Ruchei Mine gefunden werden. Daneben trat das Mineral in Russland noch an vielen Stellen auf der Halbinsel Kola in der Oblast Murmansk, in der Palladium-Gold-Lagerstätte Baronskoe-Kluevsky bei Nischni Tagil (engl. Nizhnii Tagil) in der Oblast Swerdlowsk, am Fluss Pustaja auf der Halbinsel Kamtschatka und in der Lagerstätte Vikshozero bei Kondopozhsky sowie im Kaalamo-Massiv und im plutonischen Lukkulaisvaara-Massiv am Fluss Oulankajoki (auch Olanga oder Olanka) in der Republik Karelien auf.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Bulgarien, China, Finnland, Griechenland, Grönland, Indien, Kanada, Kasachstan, der Demokratischen Republik Kongo, auf der zu den Philippinen gehörenden Insel Luzon, in Sierra Leone, Simbabwe, Spanien, Südafrika, Tansania und den weiteren US-Bundesstaaten Kalifornien, Nevada und Pennsylvania.[14]
Siehe auch
Literatur
- А. Д. Генкин, О. Е. Звягинцев: Высоцкит – Новый сульфид палладия и никеля. In: Записки Всесоюзного Минералогического Общества. Band 91, Nr. 6, 1962, S. 718–725 (russisch, rruff.info [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 19. Dezember 2020] englische Transkription: A. D. Genkin, O. E. Zvygintsev: Vysotskite, a new sulfide of palladium and nickel. In: Zapiski Vsesoyuznogo Mineralogicheskogo Obshchestva).
- Michael Fleischer: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 48, 1963, S. 708–712 (englisch, rruff.info [PDF; 391 kB; abgerufen am 19. Dezember 2020]).
- N. E. Brese, P. J. Squattrito, J. A. Ibers: Reinvestigation of the structure of PdS. In: Acta Crystallographica Section C. Band 41, Nr. 12, 1985, S. 1829–1830, doi:10.1107/S0108270185009623 (englisch).
- Igor V. Pekov: Minerals first discovered on the territory of the former Soviet Union. 1. Auflage. Ocean Pictures, Moscow 1998, ISBN 5-900395-16-2, S. 235.
Weblinks
- Vysotskit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 19. Dezember 2020.
- Vysotskite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 19. Dezember 2020 (englisch).
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Vysotskite. In: rruff.geo.arizona.edu. Abgerufen am 19. Dezember 2020 (englisch).
Einzelnachweise
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3.
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 88 (englisch).
- Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2020. (PDF; 3,4 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2020, abgerufen am 19. Dezember 2020 (englisch).
- David Barthelmy: Vysotskit Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 19. Dezember 2020 (englisch).
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- Vysotskite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 98 kB; abgerufen am 19. Dezember 2020]).
- Michael Fleischer: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 48, 1963, S. 708–712 (englisch, rruff.info [PDF; 391 kB; abgerufen am 19. Dezember 2020]).
- Louis J. Cabri: Alexandr Dimitrievich Genkin (1920–2010). In: The Canadian Mineralogist. Band 48, Nr. 5, 2010, S. 1317, doi:10.3749/canmin.48.5.1317 (englisch, researchgate.net [PDF; 392 kB; abgerufen am 19. Dezember 2020] Nachruf für Aleksandr Dmitrievich Genkin (1919-2010) bei mindat.org).
- Книга нашей памяти – Генкин, Александр Дмитриевич. Institut für Geologie der Erzlagerstätten, Petrographie, Mineralogie und Geochemie (IGEM), 10. Oktober 2017, abgerufen am 19. Dezember 2020 (russisch, deutsch: Buch unserer Erinnerung – Genkin, Alexander Dmitrijewitsch).
- International Mineralogical Association : Commission on new minerals and mineral names: Ohne. In: Mineralogical Magazine. Band 36, Nr. 1, 1967, S. 131–136 (englisch, rruff.info [PDF; 210 kB; abgerufen am 19. Dezember 2020]).
- Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 19. Dezember 2020 (englisch).
- N. E. Brese, P. J. Squattrito, J. A. Ibers: Reinvestigation of the structure of PdS. In: Acta Crystallographica Section C. Band 41, Nr. 12, 1985, S. 1829–1830, doi:10.1107/S0108270185009623 (englisch).
- Localities for Vysotskite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 19. Dezember 2020 (englisch).
- Fundortliste für Vysotskit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 19. Dezember 2020.