Veronika Deseniška
Veronika von Deschenitz[1] (slowenisch Veronika Deseniška, kroatisch Veronika Desinićka; * zwischen 1380 und 1400; † 17. Oktober 1425[2] oder 18. Oktober 1428[3] in Ojstrica) war die zweite Ehegattin Friedrich II. von Cilli. Sie wurde auf der Burg Osterwitz im Sanntal ermordet.
Vorgeschichte
Friedrich II. von Cilli war zunächst mit Elizabeta Frankopanska (Elisabeth Frangipani) verheiratet. Aus dieser achtjährigen Ehe stammte ein Sohn Ulrich (geb. 1406 oder 1407).[4] Durch diese Ehe bestanden Beziehungen zu dem alten kroatischen Fürstengeschlecht Frankopan. Der Herrschaftsbereich dieser Familie war aber sowohl aus dem Osten von den Osmanen als auch aus dem Süden von den Venezianern bedroht. Die Grafen von Cilli galten als geschätzte Verbündete, diese hatten andererseits auch Interesse daran, einen sicheren Zugang zur Adria zu erhalten.
Der Vater Friedrich II., Hermann II. von Cilli war bereits um die 85 Jahre alt,[5] sein Sohn etwa 60-jährig.[6] Dennoch hielt der Vater die Zügel straff in der Hand, seinem Sohn werden Liederlichkeit,[7] Unzucht, Epicurerey[8] und ein „absonderliches Regiment“[9] nachgesagt. Die Gattin Friedrichs war 1373 geboren und wird als ältlich beschrieben.[7] Für die Ehe mit Friedrich II. ist publiziert, dass sie von König Sigismund, dem damaligen Herrscher in Ungarn und Kroatien, arrangiert worden sein könnte, um den Cilliern über die Beziehungen zu den Frankopanen den Weg zur Adria frei zu machen.[9]
Friedrich II. wurden allerdings (zumindest) Versuche nachgesagt, Burgen und Herrschaften im Einflussbereich der Cillier im Austausch für ein „Fluchtdomizil“ an Venedig überantworten zu wollen.[7] Venedig versuchte, die damals letzten ungarischen Einflussbereiche in Mitteldalmatien in seine Hand zu bekommen[10], stand damit im Gegensatz zu den Bestrebungen der Grafen von Cilli bzw. der Frankopanen und hatte Friedrich am 25. Juni 1425 bereits Schutz zugesagt.[11]
Die erste Gattin Friedrichs II., Elizabeta Frankopanska, starb 1422, plötzlich, noch nicht fünfzig Jahre alt. Es entstanden Gerüchte, in denen Friedrich II. vorgeworfen wurde, seine Gemahlin ermordet zu haben, um Platz für seine Geliebte Veronika Deseniška zu schaffen.[12]
Diese Gerüchte verstärkten sich, als Friedrich II. drei Jahre später diese Geliebte heiratete, ohne dazu seinen Vater oder König Sigismund gefragt zu haben. Ob damit tatsächlich (nur) eine heimliche Ehe[13] eingegangen wurde oder ob bloß die formelle Zustimmung des Familienoberhauptes zu einer öffentlichen Eheschließung nicht eingeholt wurde, ist nicht eindeutig belegt.
Person
Wer Veronika Deseniška war und wann bzw. wo sie geboren wurde, ist nicht eindeutig feststellbar. Das slowenische biographische Lexikon gibt als Geburtsort Hrvatsko Zagorje in Kroatien an. Es wurde aber auch angenommen, dass sie aus der Ortschaft Desinić bei der Burg Veliki Tabor stammte, es kommen aber auch andere Orte dieses Namens in Frage.[14] Ob sie aus einer adeligen Familie stammte, ist nicht belegbar: Eine Herkunft aus der Gegend um Veliki Tabor spricht dagegen (dort bei Desinić war kein entsprechendes Gut), wohl aber gibt es einen Ort Desnicze oder Dessnitz bei Bjelovar, nach dem sich ein Adelsgeschlecht genannt hatte.[15] Es wird auch zur Diskussion gestellt, ob es sich bei ihr um ein Hoffräulein, eine Kammerzofe von Elizabeta Frankopanska gehandelt haben könnte, die aus venezianischem Einflussgebiet im Quarnero stammte.[7]
Schicksal
Es wird davon ausgegangen, dass das Verhalten Friedrichs beim Altgrafen Hermann „Rachgier gegen Madame Veronica“ erweckt und auch bei König Sigismund „Verdruss“ hervorgerufen hatte. Sigismund war mit der Schwester Friedrich II., Barbara von Cilli, verheiratet. König Sigismund lud Friedrich II. zu sich nach Ungarn vor, ließ ihn verhaften und seinem Vater ausliefern.[9] Damit wurde auch ein nach damaligen Vorstellungen möglicher Zweikampf zwischen Friedrich II. und einem männlichen Verwandten der unter mysteriösen Umständen verstorbenen Gattin vermieden.[16][4] Friedrich war bereits von Hans Veglia-Modrusch, einem Neffen der Verstorbenen vorgeworfen worden, er sei als „Bettmörder“ eines Zweikampfes eigentlich unwürdig.[17]
Hermann ließ seinen Sohn zunächst auf der Burg Osterwitz gefangenhalten, sodann in dem nach diesem genannten Friedrichsturm auf Burg Obercilli/Celjski grad. Er zwang ihn weiters, alle bereits erhaltenen Burgen, Herrschaften und Städte wieder an den Vater zurückzugeben. Die als „Liebesnest“ geltende Burg Friedrichstein (Grad Fridrihštajn bei Dolga vas, Kočevje) ließ Hermann II. abreißen (sein Sohn baute sie später wieder auf).[18]
Veronika Deseniška wurde im Pettauer Feld ausgeforscht und gefangen genommen. Ihr wurde vorgeworfen, Friedrich II. verzaubert und auch seinem Vater Hermann II. mit Gift nach dem Leben getrachtet zu haben.[18] Der gegen sie eingeleitete Hexenprozess scheiterte jedoch. Sie wurde mangels an Beweisen von beiden Anklagepunkten freigesprochen, was dem Richter und seinen Schöffen in der Literatur hoch angerechnet wird.[10][19]
Dieser rechtliche Erfolg konnte sie jedoch nicht vor der Gewalt des Landesherrn schützen. Veronika wurde in die Burg Osterwitz gebracht und sollte dort langsam verhungern. Ein Ritter Hermanns, Jobst von Helfenberg, half dabei nach: Bei einem Bad ertränkte er die Gefangene.[18][20]
Dem Verhalten Hermanns II. wird aber auch Verständnis entgegengebracht: Nach den Anschauungen seiner Zeit hatte er nachvollziehbaren Anlass, im Verhalten seines Sohnes den Einfluss böser Mächte zu erkennen und dies zurückzudrängen – nach dem Tod von Veronika und nachdem damit „der Zauber gebrochen“[21] war, suchte er die Versöhnung mit seinem Sohn Friedrich.[22] Das Verhalten Hermanns II. wird auch mit enttäuschten Hoffnungen begründet: Hermann hatte Aussicht darauf, dass die Grafen von Cilli in den Reichsfürstenstand erhoben würden (was später durch Sigismund als Kaiser auch geschah), wozu es nicht passend war, dass sein Sohn ein „kleines Ritterfräulein“ geheiratet hatte. Sigismund wird mit der Aussage zitiert „so etwas liebt man, aber man führt es nicht zum Altar“.[2] Auch Sigismund zeigte sich in der Folge versöhnlich und hatte vorgesehen, Friedrich II. zu seinem Statthalter im Burzenland Siebenbürgens zu bestellen. Dazu kam es jedoch nicht, weil Friedrich zu dieser Verleihung zu spät eintraf. Am 29. April 1429 erhielt Friedrich jedenfalls „wegen seiner Verdienste um die Krone“ das Schloss Krupa in der Weißkrain zu Eigenbesitz.[23]
Friedrich II. unternahm danach 1431 eine Wallfahrt nach Rom.[21][24] Er heiratete nicht mehr, aber änderte sich angeblich nicht: Noch als 90-Jähriger soll er zur Buhlerei und anderer Leichtfertigkeit fähig gewesen sein.[25][26] Ob er allerdings tatsächlich ein Wüstling war, wie ihn manche Quellen schildern, bleibt zweifelhaft (die Quellen, z. B. die Berichte von Aeneas Sylvius Piccolomini, dürften zumindest teilweise aufgrund unterschiedlicher Standpunkte gefärbt sein).[2] Dass die hohen Schulden, die er eingegangen war, nicht auf den Lebenswandel, sondern darauf zurückzuführen waren, dass er auf der Rückkehr seiner Reise nach Rom durch den Markgrafen von Ferrara[27] gefangen genommen worden war und Lösegeld zurückzuzahlen hatte, wird in der Literatur zumindest zur Diskussion gestellt.[28]
Veronika Deseniška wurde in Braslovče (Fraßlau, nördlich von Osterwitz, bei der Burg Sanneck/Žovnek) begraben, einige Jahre später (1435, nach dem Tod des Grafen Hermann II.) wurden ihre Gebeine im Kartäuserkloster Geirach (Kartuzijanski samostan Jurklošter bei Laško, früher Tüffer) zur Ruhe gebettet und Stiftungen zu ihrem Seelenheil vorgenommen. Auch das von Hermann zerstörte Schloss Friedrichstein wurde in dieser Zeit wieder aufgebaut.[24]
Nachwirken
Das Andenken Veronika Deseniškas lebt im Gedächtnis der Bevölkerung Sloweniens[29] und in einer Reihe literarischer Werke fort, auch eine Oper[30] und ein Musical über ihr Schicksal wurden geschrieben. Der Veronika Award (Veronikina nagrada), ein slowenischer Literaturpreis, ist nach ihr benannt.[31]
Das Schicksal Veronika Deseniškas machte den Namen der Burg Osterwitz bekannt.
Veronika Deseniška hatte aus der Ehe mit Friedrich II. eine Tochter, die vor dem 2. März 1455 Vlatko heiratete, den Bruder von Katarina Kosača-Kotromanić, der vorletzten Königin von Bosnien.
Belletristische Darstellung, Bühnenwerke
- Hr. Frank (Pseudonym für Franz Krones): Veronika von Teschenitz und das Grafenhaus der Cillier. Original-Novelle aus den Jahren 1422-1429 der Geschichte Steiermarks. In Tagespost, Graz, 1863, Nr. 143 bis 215.
- Jožef Iskrač: Veronika Deseniška. Episches Gedicht in 15 Gesängen, 1863.
- Jean Litahorsky (oder Litahovsky) (Pseudonym für Franz Krones, siehe den Beitrag von Ingrid Roitner): Veronika von Ceschenik geschichtliches Trauerspiel in 4 Aufzügen, samozaložba, 1867
- Josip Jurčič: Veronika Deseniška. Drama, 1881.
- Oton Župančič: Veronika Deseniška Drama, 1924.
- Anton Novačan: Hermann von Cilley. Drama in fünf Akten. Ins Deutsche übersetzt von Anna Wambrechtsamer. München, Trofenik 1977. ISBN 3-87828-109-9.
- Musical 2016
Literatur
- Ingrid Roitner: Desinić (Desenik, Deschenitz, Teschnitz) Veronika von: Geliebte und zweite Frau Graf Friedrichs II. von Cilli († 1454). In: Ilse Korotin (Hrsg.): biografıA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 1: A–H. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2016, ISBN 978-3-205-79590-2, S. 578–579.
- Slowenisches Biographisches Lexikon: Beitrag von Bogo Grafenauer: Veronica Deseniška (mit weiterer Literatur und auf sie bezogenen Werken, abgerufen 4. Juli 2016).
- Mojca Kovačič: Veronika Deseniška – nesrečne ljubezni in prepovedane poroke v srednjem veku./Veronika of Desinic – unfortunate love and forbidden marriages in the Middle Ages. In: Katarina Keber, Katarina Šter, Milojka Žalik Huzjan: Historični Seminar 6. Ljubljana 2008. ISBN 978-961-254-059-3 (slowenisch mit englischer Zusammenfassung und eingehendem Quellen- und Literaturverzeichnis).
- Franz Theuer: Der Raub der Stephanskrone: der Kampf der Luxemburger, Habsburger, Jagiellonen, Cillier und Hunyaden um die Vorherrschaft im pannonischen Raum. Eisenstadt 1994, Ed. Roetzer.ISBN 3-85374-242-4.
- Franz Otto Roth: Die „Hexe“ Veronika. Liebeszauber, Adelspolitik und „Renaissance“-Menschen im steirischen frühen 15. Jahrhundert. In: Mitteilungen des steiermärkischen Landesarchivs. Band 37, Graz 1987. ZDB-ID 510427-0
- Heinz Dopsch: Die Grafen von Cilli – Ein Forschungsproblem? In: Südostdeutsches Archiv. Band 17./18, 1974/1975. Oldenburg, München ISSN 0081-9085 ZDB-ID 508-3 S. 9–49.
- Hans Pirchegger: Die untersteirische Agnes Bernauer. In: Historischer Verein für Steiermark (Hrsg.): Ausgewählte Aufsätze: zum 75. Geburtstage Hans Pircheggers Graz 1950. Im Selbstverlag des Historischen Vereins für Steiermark. S. 187–194.
- Franz Krones: Graf Hermann II. von Cilli. Eine geschichtliche Lebensskizze. In: Mitteilungen des historischen Vereins für Steiermark. 21. Heft 1873. S. 106–136.
Einzelnachweise
- Schreibvarianten des Familiennamens in der Literatur sind: Teschnitz, Desenice, Desinićka, Dessnitz, Dessenitz, Desnicze, Teschenitz, Dessewitz, Desinić, Desenik
- Pirchegger: untersteirische Bernauer, S. 193.
- Pirchegger: untersteirische Bernauer, S. 189 und 193 (nach Pirchegger Todestag feststehend, aber zweifelhafte Jahresangabe, laut Totenbuch des Kartäuserklosters Geirach/Kartuzijanski samostan Jurklošter).
- Pirchegger: untersteirische Bernauer, S. 188.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 66.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 58, 65.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 58.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 58 unter Zitierung einer Stelle bei Valvasor, Die Ehre des Herzogthums Krain.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 60.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 62.
- Pirchegger: untersteirische Bernauer, S. 191.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 58–61.
- Roitner: Desinić. S. 879.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 57.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 69, mit Literaturhinweisen.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 60–61.
- Krones: Graf Hermann. S. 127.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 61.
- Pirchegger: untersteirische Bernauer. S. 194.
- Albert Muchar: Geschichte des Herzogthums Steiermark. 7. Geschichte der Steiermark unter vom Lande Österreich getrennter Beherrschung von H. Leopold dem Frommen (Probus) 1373 bis zur Wiedervereinigung mit Österreich 1457 unter K. Friedrich IV. Grätz: Leuschner & Lubensky. 1864. S. 183–184.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 67.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 62–63.
- Krones: Graf Hermann. S. 130.
- Pirchegger: untersteirische Bernauer, S. 190.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 63.
- Pirchegger: untersteirische Bernauer, S. 189.
- Krones: Graf Hermann. S. 131.
- Pirchegger: untersteirische Bernauer, S. 192.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 57 Fußnote 3, S. 63, 67.
- Roth: „Hexe“ Veronika. S. 64 Fußnote 10.
- Veronika Literaturpreis (abgerufen 4. Juli 2016).