Uttumer Kirche
Die evangelisch-reformierte Uttumer Kirche wurde im ostfriesischen Uttum Mitte des 13. Jahrhunderts auf einer Warft errichtet.
Geschichte
Die Backstein-Kirche wurde um 1250 im sogenannten Übergangsstil der Romano-Gotik errichtet. 1255 tritt ein namentlich nicht genannter „decanus de Uttum“ in Erscheinung.[1] Die stattliche Kirche weist auf die hohe Bedeutung Uttums hin, das im Mittelalter Sitz des Häuptlings war, über zwei Burgen verfügte und zugleich Propsteisitz im Bistum Münster war.[2] Im 15. Jahrhundert treten verschiedene Repräsentanten in ihrer Doppelfunktion als „Propst und Häuptling“ urkundlich auf, so zwischen 1450 und 1493 ein gewisser Beno, der mit Etta von Nordorp verheiratet war. Im 16. Jahrhundert wurde die Kirche für den angebauten Westturm um ein Joch gekürzt.[3] Um 1535 wechselte die Kirchengemeinde zum reformierten Bekenntnis über und berief Hinricus Grimerius als ersten protestantischen Prediger. Seit der Reformation dient der Chorraum als Grablege der lokalen Häuptlinge. Mindestens bis 1584 versorgten zwei Geistliche die Gemeinde, von denen einer zugleich Organist und Schulmeister war.[1] 1828 trennte man den Chor vom Kirchenschiff ab und gestaltete ihn in einen Eingangsbereich um. In diesem Zuge wurde auch die Ostempore eingebaut und die Orgel hierher versetzt.[4] Aufgrund von Baufälligkeit und einer seitlichen Absenkung musste der Kirchturm 1930 gestutzt werden, nachdem ein Sturm den oberen Teil des Turms zerstört hatte. Hierbei wurde ein Geschoss abgetragen, sodass jetzt noch zwei Geschosse vorhanden sind.[5]
Im Jahre 1719 wurde die Kirche eingepfarrt. Heute teilt sich die Kirchengemeinde eine Pfarrstelle mit Cirkwehrum.
Baubeschreibung
In der rechteckigen Kirche befanden sich einmal drei Rundbogen-Portale, von denen zwei, das Nord- und Südportal, vermauert wurden. Heute wird das Gotteshaus durch den Eingang in der Ostmauer hinter einem klassizistisch verzierten Portal betreten. Zwei der drei rundbogigen Doppelfenster mit schrägen Leibungen in der Südwand wurden später etwas vergrößert. Auch die Nordwand wird durch entsprechende paarige Fenster durchbrochen. Die Mauern werden durch Lisenenfelder gegliedert. In der Ostwand mit einer gestaffelten Dreifenstergruppe sind die Ecklisenen erhalten, während der Giebel erneuert wurde.[6]
Der spätgotische Westturm aus dem Jahr 1527 weist Spitzbogenfenster mit Maßwerkfüllungen und Blendfenster auf und trägt an der Südwand neben der Jahreszahl die Inschrift des Häuptlings Omko Ripperda („hoeflink to Uttum“).[7] Der 1930 erniedrigte Turm wird seitdem von einem Zeltdach abgeschlossen. Die älteste Glocke datiert von 1444 und ist der heiligen Katharina gewidmet. Im Jahr 1465 wurde die Marienglocke von Ghert Klinghe gegossen, auf der die Namen des Häuptlings Beno und seiner Frau verewigt sind. Godfried Baulard Lotharingius schmolz im Jahr 1659 eine Glocke aus dem Jahr 1318 für eine neue ein. 1959 wurde eine vierte Glocke aus Eisen als Ersatz für die Glocke von 1876 gegossen, die im Ersten Weltkrieg an die Rüstungsindustrie abgegeben werden musste. Sie ist beschädigt und gegenwärtig stillgelegt.[8]
Die Vorsprünge an den Wänden weisen noch auf die ursprünglichen Gewölbe mit nahezu quadratischen Joch-Grundrissen hin.[9] Im Jahr 1804 wurden sie durch eine Holzdecke ersetzt.
Ausstattung
Der Innenraum wird durch eine Segmentbogendecke abgeschlossen. An Einrichtungsgegenständen stammt aus vorreformatorischer Zeit nur das Bronzetaufbecken, das im Jahr 1474 von Hinrich Klinghe gegossen wurde und auf vier Füßen in Gestalt von Diakonen ruht. Die Wandungen zeigen Taufe und Kreuzigung Christi sowie die zwölf Apostel.
Das bemalte Mobiliar der Kirche stammt größtenteils aus dem 16. Jahrhundert; die Kanzel datiert von 1580 (Schalldeckel von 1830), die dreisitzige Kirchenratsbank von 1584 und die Altartafel von 1588.[9]
Ein Grabstein von 1513 zeigt die Symbole des verstorbenen Priesters Henricus de Bra: Wappen und Kelch. Zwei Grabplatten aus belgischem Syenit stellen die 1542 und 1584 verstorbenen Junker zu Uttum auf einem Relief dar; eine Platte stammt aus der Werkstatt von Vincent Lukas.[10] Der „Schulstein“ ist ein Giebelstein von 1580 und gilt als eines der ältesten Zeugnisse ostfriesischer Schulgeschichte.[1]
Um 1660 baute ein unbekannter Orgelmeister die bedeutende Orgel der Uttumer Kirche unter Verwendung älteren Pfeifenmaterials. Das weitgehend erhaltene Renaissance-Instrument weist einen altniederländischen Einfluss auf und ist von europäischer Bedeutung.
Zu den Vasa Sacra gehören ein Kelch aus dem Jahr 1584 eines Emder Meisters, ein Silberteller von 1856, eine Kanne und eine Geldbüchse.[1]
Literatur
- Hans-Bernd Rödiger, Heinz Ramm: Friesische Kirchen im Auricherland, Norderland, Brokmerland und im Krummhörn, Band 2. Verlag C. L. Mettcker & Söhne, Jever (2. Auflage) 1983, S. 63.
- Hermann Haiduck: Die Architektur der mittelalterlichen Kirchen im ostfriesischen Küstenraum. Verlag Ostfriesische Landschaft, Aurich 1986, ISBN 3-925365-07-9.
- Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3.
Weblinks
- Homepage der Kirchengemeinde
- Genealogie-Forum: Uttumer Kirche
- ostfriesland.de: Ev.-ref. Kirche Uttum
- Uttum Evangelisch-Reformierte Kirche Orgel
- Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft: Uttum (PDF-Datei; 83 kB)
Einzelnachweise
- Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft: Uttum (PDF-Datei; 83 kB), gesehen 12. Mai 2011.
- Menno Smid: Ostfriesische Kirchengeschichte. Selbstverlag, Pewsum 1974, S. 44 (Ostfriesland im Schutze des Deiches, Bd. 6).
- Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3, S. 107.
- Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Keweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5, S. 125.
- Hermann Haiduck: Die Architektur der mittelalterlichen Kirchen im ostfriesischen Küstenraum. Verlag Ostfriesische Landschaft, Aurich 1986, ISBN 3-925365-07-9, S. 179.
- Hermann Haiduck: Die Architektur der mittelalterlichen Kirchen im ostfriesischen Küstenraum. Verlag Ostfriesische Landschaft, Aurich 1986, ISBN 3-925365-07-9, S. 70.
- Harald Vogel, Reinhard Ruge, Robert Noah, Martin Stromann: Orgellandschaft Ostfriesland. Soltau-Kurier-Norden, Norden 1995, ISBN 3-928327-19-4, S. 22.
- Heimatblatt der Emder Zeitung vom 3. Juni 2009, gesehen 24. Februar 2013.
- Homepage der Kirchengemeinde, gesehen 12. Mai 2011.
- Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3, S. 108.