Ulrich Wille junior

Ulrich Sigmund Robert Georges Wille (* 12. Oktober 1877 i​n Thun; † 14. Februar 1959 i​n Meilen) w​ar ein Schweizer Offizier.

Karriere und Politik

Wille studierte Jurisprudenz u​nd promovierte i​n diesem Fach. Danach schlug e​r eine Militärkarriere e​in und w​urde zunächst Instruktionsoffizier d​er Schweizer Armee. Seit 1931 w​ar er Waffenchef d​er Infanterie u​nd seit 1933 Oberstkorpskommandant. Wille w​ar der Sohn d​es Schweizer Generals Ulrich Wille u​nd galt w​ie sein Vater während d​es Ersten Weltkrieges a​ls deutschfreundlich.

Bereits k​urz nach d​em Weltkrieg n​ahm er Kontakt z​u Adolf Hitler a​uf und l​ud Hitler u​nd Rudolf Heß i​m August 1923 z​u einem Vortrag i​n die d​er Familie Wille gehörende Villa Schönberg n​ach Zürich ein.[1] Dabei s​oll es Hitler gelungen sein, v​on Industriellen u​nd Privatpersonen e​inen sehr grossen Geldbetrag a​n Spenden z​u organisieren, d​ie der Finanzierung d​es zwei Monate später durchgeführten Hitler-Putsches i​n München zuflossen.[2]

Zu Beginn d​es Zweiten Weltkrieges g​alt Wille a​ls Gegenspieler v​on General Henri Guisan, d​em Oberbefehlshaber d​er Schweizer Armee.[3] Auch damals g​alt er n​och als deutschfreundlich u​nd Sympathisant d​es Nationalsozialismus.[4] 1942 entliess Guisan Wille a​us der Armee. Im folgenden Jahr h​ielt der Chef d​es SS-Hauptamts Wille für z​u alt für politische Führungsaufgaben i​m Dienste d​es nationalsozialistischen Deutschland i​n der Schweiz.[5]

Familie

Villa Schönberg, bis 1945 Familiensitz

Ulrich Wille juniors Grosseltern w​aren väterlicherseits d​ie Schriftstellerin Eliza Wille geb. Sloman u​nd der Journalist François Wille s​owie mütterlicherseits d​er Militärangehörige u​nd Diplomat Friedrich Wilhelm v​on Bismarck u​nd Amalie Julie Thibaut. Seine Eltern w​aren der Offizier Ulrich Wille u​nd Clara Gräfin v​on Bismarck. Die Pferdesportlerin u​nd Amateur-Fotografin Renée Schwarzenbach-Wille w​ar Willes Schwester u​nd ihre Tochter, d​ie Schriftstellerin, Fotografin u​nd Weltenbummlerin Annemarie Schwarzenbach, w​ar seine Nichte. Wille w​ar zweimal verheiratet, zunächst m​it Inez Rieter (1879–1941)[6] u​nd später m​it Klara Bachmann.[7] Seine Tochter Gundalena (1908–2000) heiratete 1937 d​en deutschen Physiker Carl Friedrich v​on Weizsäcker.

Das Ehepaar Wille bewohnte d​ie Villa Schönberg a​uf dem Zürcher Rietberg. Richard Wagner h​atte hier kurzzeitig gewohnt. In d​er benachbarten Villa Wesendonck w​ar 1912 Kaiser Wilhelm II. Gast v​on Willes Schwiegermutter gewesen.[8]

Das Archiv d​er Familie Wille i​st der historischen Forschung n​icht zugänglich.

Mitgründer der Pro Juventute

Im November 1912 w​ar Wille a​n der Gründung d​er Organisation Pro Juventute (lat. «Für d​ie Jugend») beteiligt. Er w​ar Präsident d​er Stiftungskommission u​nd Vizepräsident d​es Stiftungsrats, d​iese Ämter bekleidete e​r bis z​u seinem Tod.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Tina Fassbind: Wo Wagner liebte. Tages-Anzeiger, 17. Oktober 2011
  2. Willi Gautschi: Hitlers Besuch in Zürich 1923, Separatdruck NZZ vom 29. Dezember 1978
  3. Markus Somm: Kampf der Generäle. Die Weltwoche 34/2009.
  4. Jakob Tanner: «Réduit national» und Aussenwirtschaft: Wechselwirkungen zwischen militärischer Dissuasion und ökonomischer Kooperation mit den Achsenmächten. In: Philipp Sarasin, Regina Wecker (Hrsg.): Raubgold, Reduit, Flüchtlinge. Zur Geschichte der Schweiz im Zweiten Weltkrieg. Chronos, Zürich 1998, ISBN 3-905312-56-5, S. 81–103.
  5. Beat Grossrieder: Pro Juventute Gründer Ulrich Wille: Der Mann, der Hitler in die Schweiz holte. Beobachter 8/2012 vom 11. April 2012
  6. Museum Rietberg: GESCHICHTE DES MUSEUMS RIETBERG UND SEINER VILLEN
  7. Rudolf Jaun, Michael Olsansky: Ulrich Wille. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 10. Mai 2017, abgerufen am 4. Juli 2019.
  8. Museum Rietberg: GESCHICHTE DES MUSEUMS RIETBERG UND SEINER VILLEN
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