Trigeminale Wahrnehmung
Unter Trigeminaler Wahrnehmung versteht man die Sinnesreize, die über den Nervus trigeminus vermittelt werden.
Hintergründe
Der Gesichtsnerv Nervus trigeminus vermittelt taktile Empfindungen der Gesichtsregion und ist an der Duftwahrnehmung beteiligt, deshalb spricht man von gustatorischer, olfaktorischer und trigeminaler Wahrnehmung. Es wird heute angenommen, dass man über den Nervus trigeminus hauptsächlich Eigenschaften wie brennend, scharf, adstringierend, prickelnd, beißend, brenzelig, stechend, kühlend (generell irritative Eigenschaften) wahrnimmt.[1]
Dem Nervus trigeminus sind keine spezifischen Sinneszellen zuzuordnen.[2] Die Reizaufnahme findet in den freien sensiblen Endbereichen des trigeminalen Neurons statt. Freie Nervenendigungen, die auf chemische Stimuli reagieren, finden sich im Auge und in den Schleimhäuten der Nasen- und Mundhöhle.[3] In den Pilzpapillen der Zungenoberfläche befinden sich dreimal mehr Verbindungen zum Trigeminus als zu Fasern des gustatorischen Systems.
Zwiebel bewirkt Tränensekretion über Nervus ophthalmicus, Ammoniak, Chlorwasserstoffsäure Irritationen über die Nase, Nervus maxillaris wird primär von scharf (Piperin, Capsaicin) gereizt. Die Reaktionen sind unterschiedlich: Tränensekretion, Speichelsekretion, reflektorische Unterbrechung des Atemrhythmus, Niesreflex. Nasale Trigeminus-Fasern reagieren auch auf die Mehrzahl olfaktorischer Riechsubstanzen, allerdings erst ab höheren (noch nicht irritierenden) Konzentrationen als das olfaktorische Nervensystem. Trigeminus trägt also maßgeblich zur Riechempfindungsintensität bei (30 %). Die hedonische Bewertung trigeminaler Reize ist ambivalent (Blut, Sperma), oder einerseits positiv (Blüten, Senf, Meerrettich, Menthol, Kohlensäure, Alkohol, Zwiebel), andererseits sehr negativ besetzt (Kot, Ammoniak, Rauch).
Das oral-trigeminale System ist weniger untersucht als das nasal-trigeminale. Nervenendigungen befinden sich im ganzen Mundraum, inklusive Pilzpapillen. Die reflektorische Aktivität beschränkt sich auf die Vermehrung des Speichelflusses. Es gibt keine Hinweise darauf, dass das oral-trigeminale System einen Beitrag zur gustatorischen Empfindung leistet. Oral-trigeminale Stimulationen halten einige Zeit nach der Stimulation noch an (sensorische Perseveration). Temperaturillusionen sind Wärme- und Kälteempfindungen, die durch chemische Reize ausgelöst werden (abgeschwächt auch im nasal-trigeminalen System vorhanden). Bei häufiger Reizung kommt es zu einer Sensibilitätsabnahme (Pfeffer, scharfe Gewürze). Lern- und Konditionierprozesse sind vermutlich verantwortlich für die Präferenz von scharfen Gewürzen (Endorphinproduktion, Speichelproduktion).
Siehe auch
Einzelnachweise
- Jennifer Spehr: Molekulare Mechanisemen der Chemorezeption trigeminaler Neurone von Säugetieren. Zugriff: 29. Oktober 2020 (Dissertation).
- Dennis Shusterman: Qualitative Effects in Nasal Trigeminal Chemoreception. In: Annals of the New York Academy of Sciences 2009, 1170, S. 196–201. PDF (Memento des Originals vom 21. Juli 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Thomas Hummel, Andrew Livermore: Intranasal chemosensory function of the trigeminal nerve and aspects of its relation to olfaction. In: International Archives of Occupational and Environmental Health 2002, Volume 75, Issue 5, S. 305–313. PDF