Tratsch im Treppenhaus
Tratsch im Treppenhaus ist ein Schwank in vier Akten von Jens Exler. Die Uraufführung fand am 24. April 1960 an der Niederdeutschen Bühne Flensburg unter dem plattdeutschen Originaltitel Sluderkraam in't Treppenhus statt.[1]
Deutschlandweite Bekanntheit erlangte das Stück seit den 1960er Jahren durch Fernsehaufzeichnungen der Inszenierungen des Hamburger Ohnsorg-Theaters.
Handlungsübersicht
Die Handlung des Stückes spielt im Treppenhaus einer Mietskaserne. Die beiden Wohnungen der im Bühnenbild gezeigten Etage werden von Herrn Brummer und Frau Knoop bewohnt. Zu jeder Wohnung gehört außerdem eine vom Hausflur aus zu betretende Kammer, die Raum für eine Schlafgelegenheit bietet. Durch einen nachbarlichen Streit zwischen Herrn Brummer und Frau Knoop um ebendiese beiden Kammern und den daraus folgenden wilden, hanebüchenen Spekulationen einer weiteren Mieterin im Haus, Frau Boldt, entsteht einiges an „Sluderee“ (von plattdeutsch sludern: tratschen, geschwätzig sein)[2] und kuriosen Missverständnissen.
Hintergrund
Der Autor des Stückes, Jens Exler, erklärte seinerzeit auf Anfrage zum Erfolg des Stückes: „Ich hatte täglich mit Mietern zu tun, denn ich war von 1945 bis 1976 bei der Wohnungsbau Flensburg tätig, und da habe ich natürlich einiges miterlebt und in dem Stück verarbeitet.“ Auf die Nachfrage, ob sich Flensburger Mieter im Stück wiedererkannt hätten, meinte er: „Wo denken Sie hin? Keiner hat sich wiedererkannt. Alle, an die ich beim Schreiben des Stücks gedacht hatte, waren der festen Überzeugung, nur die anderen könnten so sein ...“[3]
Die bekannte Fassung des Hamburger Ohnsorg-Theaters wurde unter dem leicht abgewandelten plattdeutschen Titel Sluderee op de Trepp am 1. Januar 1962 erstaufgeführt. Eine erste Fernsehausstrahlung des Stücks war von der ARD für den 18. Februar 1962, geplant, musste aber wegen der schweren Sturmflut an der Nordseeküste auf den 4. August 1962 verschoben werden.[4] Bundesweite Popularität erreichte das Stück in einer Live-Fernsehübertragung der ARD aus dem Ohnsorg-Theater am Silvesterabend des Jahres 1966. Weitere Fernsehinszenierungen folgten in den Jahren 1974[5] und 2016[6].
Die dritte Fernsehfassung aus dem Ohnsorg-Theater vom 14. September 1974 ist im Archiv des NDR nicht mehr vorhanden.[7] 2010 produzierte der NDR in Zusammenarbeit mit dem Ohnsorg-Theater fürs Fernsehen eine Fortsetzung mit drei Teilen. Das Theaterstück wird heute weiterhin zeitweise vom Ohnsorg-Theater gespielt. Aber auch andere Bühnen führen heutzutage noch das Stück auf.[8] Auch die Flensburger Niederdeutsche Bühne, wo das Stück einst seine Premiere hatte, spielt das Stück noch hin und wieder.[9]
Personen
- Ewald Brummer (Onkel Ewald/Herr Brummer): Pensionierter Steuerinspektor. Leicht cholerisch, aber mit weichem Kern. Vorsitzender des Kaninchenzuchtvereins „Cymbria“.
- Hanne Knoop: Herzensgute, aber durchaus nicht auf den Kopf und auf den Mund gefallene Witwe, die als Putzfrau bei Herrn Seefeldt arbeitet. Nachbarin von Herrn Brummer auf einer der oberen Etagen des Mietshauses.
- Meta Boldt: Bewohnerin aus einer der unteren Etagen. Tratschsüchtig; belauscht die anderen Mieter und hetzt diese zum eigenen Vorteil gegeneinander auf.
- Dieter Brummer: Junger Kfz-Meister, Neffe von Ewald Brummer. Ist nach einem Streit aus dem Elternhaus fortgegangen, nun auf der Suche nach einer Bleibe.
- Heike Seefeldt: Verließ ebenfalls nach einem Streit das Elternhaus. Wohnt illegal zur Untermiete bei Frau Knoop, die in der Autowerkstatt von Heikes Vater putzt.
- Bernhard Tramsen: Schlachtermeister, Eigentümer des Mietshauses. Verschlampt geforderte Reparaturen. Ist verheiratet, stellt aber den ledigen Mieterinnen nach.
- Herr Seefeldt: Eigentümer einer Autowerkstatt, Vater von Heike Seefeldt, Arbeitgeber von Frau Knoop. Verliert durch Vernachlässigung fast seine Tochter.
Die Mitwirkenden der Fernsehübertragungen aus dem Ohnsorg-Theater waren:
Rolle | 1962 und 1966 | 1974 | 1996 | 2016[6] |
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Ewald Brummer | Henry Vahl | Heini Kaufeld | Jens Scheiblich | Horst Arenthold |
Hanne Knoop | Erna Raupach-Petersen | Hilde Sicks | Wiebke Weggemann | Sandra Keck |
Meta Boldt | Heidi Kabel | Heidi Kabel | Heidi Mahler | Heidi Mahler |
Dieter Brummer | Edgar Bessen | Jürgen Pooch | Oskar Ketelhut | Evangelos Sargantzo |
Heike Seefeldt | Gisela Wessel | Herma Koehn | Beate Kiupel | Eileen Weidel |
Bernhard Tramsen | Ernst Grabbe | Werner Riepel | Günther Kornas | Wolfgang Sommer |
Herr Seefeld | Heinz Lanker | Heinz Lanker | Jürgen Lederer | Dieter Schmitt |
Inszenierung: | Hans Mahler | Karl-Otto Ragotzky | Michael Koch | Michael Koch |
Fernsehregie: | Alfred Johst | Alfred Johst | Klaus Bertram |
Edgar Bessen, der in der ersten Hamburger Inszenierung den Neffen von Ewald Brummer, also die Rolle des Dieter Brummers spielte, war im Übrigen auch im wirklichen Leben der Neffe von Henry Vahl, der wie schon erwähnt den Onkel spielte.
Handlung
1. Akt
Durch Lärm gestört, stellt Herr Brummer seine Nachbarin Frau Knoop lautstark zur Rede. Dabei geht es nicht nur um die laute Musik, sondern auch um die Tatsache, dass Frau Knoop entgegen den Regeln im Mietvertrag seit kurzem einen Untermieter in ihrer Kammer beherbergt. Die beiden gehen unversöhnt wieder auseinander. Kurz darauf erscheint Frau Boldt. Sie hat den Streit mitangehört und möchte unbedingt mehr erfahren. Dabei wendet sie allerlei Tricks an, um Herrn Brummer und Frau Knoop auszuhorchen. Frau Knoop ist mit den Tratschereien von Frau Boldt schon vertraut und geht ihr nicht auf den Leim, doch der arglose Herr Brummer liefert ihr genau die Sensationen, nach denen sie giert. Anschließend stürmt sie davon, um den Hausbesitzer Herrn Tramsen von allem in Kenntnis zu setzen. Dabei läuft sie Dieter Brummer in die Arme, der nach einem Streit aus seinem Elternhaus ausgezogen ist und nun bei seinem Onkel Ewald Unterschlupf sucht. Unterdessen taucht der von Frau Boldt alarmierte Hauswirt Herr Tramsen auf, der Frau Knoop wegen des Untermieters zur Rede stellt. Doch diese lässt sich nicht beirren, worauf Herr Tramsen beschließt, ihr den Mietvertrag zu kündigen. Nach einem weiteren Streit zwischen Ewald Brummer und Frau Knoop versteht Dieter Brummer, dass es seinem Onkel als korrektem Beamten a. D. unmöglich ist, selbst einen Untermieter zu beherbergen, und Dieter sieht ein, dass er sich eine neue Bleibe suchen muss. Doch dann begegnet er Frau Knoops Untermieter, der sich als die hübsche Heike Seefeldt entpuppt, die selbst von zuhause ausgerissen ist. Dieter beschließt umgehend, trotz aller widrigen Umstände bei seinem Onkel zu bleiben. Als wenig später der von Frau Boldt weiter aufgestachelte Herr Tramsen die Kündigung des Mietvertrags an Frau Knoop überreichen will, öffnet ihm Heike Seefeldt die Tür, die es mit ihrem Charme schafft, Tramsen die Kündigung auszureden. Als Frau Boldt das erfährt, prophezeit sie stürmische Zeiten für das Haus.
2. Akt
Am Morgen des Silvestertages spinnt Frau Boldt ihr Lügengeflecht weiter. So spielt sie vor, für Herrn Brummer die Treppenwoche übernommen zu haben, obwohl Frau Knoop selber die Reinigung vorgenommen hat. Und auch die frischen Berliner, die Frau Knoop Herrn Brummer heimlich vor die Tür stellt, gibt Frau Boldt als die ihren aus. Unterdessen spinnt Heike Seefeldt ihre eigenen Fäden, um den Hausfrieden wiederherzustellen. So nimmt sie Einladungen von Herrn Brummer und Herrn Tramsen zum Silvesterball des Kaninchenzuchtvereins Cymbria an, verschenkt die Eintrittskarten aber an Frau Knoop und Frau Boldt weiter. Für sich selbst nimmt Heike die Einladung von Dieter an. Wenig später taucht ein Mann im Haus auf, der sich als Heikes Vater entpuppt. Er hat herausgefunden, dass Heike bei Frau Knoop untergekommen ist. Er kündigt Frau Knoop die Stellung als seine Putzfrau und versucht, Heike zur Heimkehr zu bewegen. Diese weigert sich – auch noch, als ihr Vater sie auf familiäre Pflichten hinweist. Genau diesen Teil hat Frau Boldt, die wieder mal gelauscht hat, völlig falsch verstanden und verbreitet nun das Gerücht, dass Heike die Geliebte des ihr Fremden ist und ein Kind mit ihm hat. Als Frau Boldt Heike dazu aushorchen will, nutzt Heike die Chance und behauptet, der Mann sei ein Kriminalbeamter, der einer Anzeige wegen Tratsch und übler Nachrede nachgeht. Doch Frau Boldts Schock darüber ist nur von kurzer Dauer – am Ende brüstet sie sich wieder damit, mit dem ganzen „Sluderkram“ im Haus nichts zu tun zu haben.
3. Akt
In den frühen Stunden des Neujahrsmorgens kehren Heike und Dieter vom Silvesterball zurück. Nachdem sie ein wenig geflirtet haben und sich in ihre jeweiligen Kammern zurückziehen wollen, stellt Heike fest, dass ihr Kammerschlüssel von Onkel Ewald verwahrt wird, der noch auf dem Ball ist. Die beiden beschließen, dass Heike für eine Nacht in Dieters Kammer schläft, während dieser im Treppenhaus auf Onkel Ewalds Rückkehr wartet, um dann in Heikes Kammer zu übernachten. Onkel Ewald und Frau Knoop kehren bald darauf in sehr guter Stimmung heim. Zwischen den beiden ist jeder Streit vergessen, es hat sich sogar eine zarte Freundschaft entwickelt. Nachdem Dieter den Schlüssel in Empfang genommen hat und in Heikes Kammer verschwunden ist, lädt Frau Knoop ihren Nachbarn zu einer Tasse Kaffee ein. Dabei lässt Onkel Ewald eine Bemerkung fallen, die Frau Boldts Lügen der letzten Tage aufdeckt. Beim Kaffee will Frau Knoop sich von Herrn Brummer genauer informieren lassen. Nachdem sich die Wohnungstür hinter den beiden geschlossen hat, taucht Frau Boldt auf, welche die Heimkehr und vor allem Herrn Brummers entlarvende Bemerkung mitbekommen hat. Sie sieht ihre Felle davonschwimmen und will an Frau Knoops Tür lauschen, um sich mit dem Erfahrenen retten zu können. Doch unverhofft taucht Herr Tramsen auf, und Frau Boldt muss auf den Wäscheboden flüchten. In der Annahme, an der richtigen Tür zu klopfen, will Tramsen mit Heike anbandeln. Doch Dieter reagiert geistesgegenwärtig mit verstellter Stimme und wimmelt Tramsen ab. In diesem Moment will Onkel Ewald in seine eigene Wohnung hinübergehen, und Herr Tramsen muss ebenfalls auf den Wäscheboden flüchten. Nachdem Ruhe im Hausflur eingekehrt ist, stellen sich Frau Boldt und Herr Tramsen gegenseitig zur Rede. Nachdem Herr Tramsen eine deutliche Warnung ausgesprochen hat, besser nicht zu tratschen, zieht Frau Boldt wieder einmal ihre ganz eigenen Schlüsse und stellt empört fest, dass das neue Jahr ja gut anfängt.
4. Akt
Immer noch aufgestachelt von den Ereignissen der letzten Nacht, versucht Frau Boldt wieder einmal, ihre Nachbarn auszuspionieren, doch diesmal beißt sie bei Frau Knoop und Herrn Brummer erheblich auf Granit – die beiden weisen sie gehörig in die Schranken und drohen, Frau Boldt wegen Verleumdung anzuzeigen. Vollends empört, will Frau Boldt sich bei Herrn Tramsen beschweren, doch da taucht Herr Seefeldt wieder auf, den Frau Boldt immer noch für einen Kriminalbeamten hält, und sie zieht sich unauffällig zurück. Herr Seefeldt muss sich unterdessen von Frau Knoop eine gehörige Standpauke anhören, weil er seine Tochter so vernachlässigt hat, und er sieht seinen Fehler ein. Darauf kommt es zur großen Versöhnung zwischen Vater und Tochter, und Dieter bekommt eine Chance, das Geschäft von Herrn Seefeldt zu übernehmen. Frau Boldt ist unterdessen immer noch nicht bereit, die Waffen zu strecken, doch nachdem endlich einmal alle Beteiligten zusammen sind, werden sämtliche von Frau Boldts Missdeutungen und Gerüchten ins rechte Licht gerückt. Frau Boldt steht geläutert da, und alle stoßen auf den Hausfrieden und ein gesundes neues Jahr an.
Fortsetzung: Tratsch im Treppenhaus... es geht weiter!
Das NDR Fernsehen und das Ohnsorg-Theater schrieben 2010 die Geschichte des populären Klassikers "Tratsch im Treppenhaus" weiter. Produziert wurden drei Folgen, die Ende 2010 im TV zu sehen waren. Dafür wurden sogar Original-Kulissen und Requisiten wieder herausgesucht. Was man im Archiv nicht mehr fand, wurde detailgetreu und mit viel Liebe nachgebaut. Prominente Darsteller hatten kleine Gastauftritte. Jede Folge geht etwa 45 Minuten und das ganze ähnelt einer Comedy-Show.
- Die Folgentitel der Fortsetzung „Tratsch im Treppenhaus... es geht weiter!“ lauten:
- (1/3) Eigentum verpflichtet
- (2/3) Unter Strom
- (3/3) Hausbesetzung
Medien
- Tratsch im Treppenhaus ist als DVD (1966, s/w, 103 Min., Specials: Mit einer Kopie des Programmheftes aus dem Jahre 1961/62) seit 2007 in der Ohnsorg-Theater-Kollektion erhältlich
- Tratsch im Treppenhaus, Hörfassung, ungekürzte Originaltonspur der Fernsehaufführung von 1966. Hinstorff Verlag. Rostock 2008 ISBN 978-3-356-01276-7
Weblinks
- Tratsch im Treppenhaus (1962) in der Internet Movie Database (englisch)
- Tratsch im Treppenhaus (1974) in der Internet Movie Database (englisch)
Einzelnachweise
- Kleine Bühne. Daten, abgerufen am: 31. Dezember 2018
- Peter Schmachthagen: Sprechen Sie Hamburgisch – Band 2, Hamburger Abendblatt Edition, Hamburg 2010, ISBN 978-3-939716-31-0
- Wiederholungstournee. Ohnsorg-Theater. Tratsch im Treppenhaus (Memento des Originals vom 21. Oktober 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. ; abgerufen am: 31. Dezember 2016
- NDR.de und Fernsehserien.de.
- Gerd Spiekermann: 100 Jahre Ohnsorg Theater, Die Hanse – Sabine Groenewold Verlage, Hamburg 2002, ISBN 3-434-52600-5
- Homepage des NDR mit Details zur Sendung, abgerufen am 31. Dezember 2016
- Quelle: Nachfrage beim Mitschnittservice von NDR-Media am 5. Januar 2017
- Vgl. beispielsweise Nordwest-Zeitung: Premiere. Mächtig Dampf in der Gerüchteküche (Artikel zu einer Oldenburger-Inszenierung), vom: 23. Oktober 2018; abgerufen am: 31. Dezember 2018 sowie Westfälische Nachrichten: Premiere, die zweite: „Tratsch im Treppenhaus“ an der Freilichtbühne (Reckenfeld), vom: 9. Juli 2018; abgerufen am: 31. Dezember 2018
- Vgl. Sluderkraam in’t Treppenhuus. Lustspiel von Jens Exler, abgerufen am: 31. Dezember 2018