Transfusionsgesetz
Das Transfusionsgesetz (TFG) regelt seit 1998 in der Bundesrepublik Deutschland die Gewinnung von Blut, Blutbestandteilen und Blutprodukten sowie deren Anwendung am Menschen bei Bluttransfusionen. Es enthält außerdem umfassende Dokumentationspflichten. Das Transfusionsgesetz regelt damit einen Sonderfall der Gewebespende, für den das Transplantationsgesetz keine Anwendung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 TPG findet. Dies legt § 29 Satz 2 TFG ausdrücklich fest.
Basisdaten | |
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Titel: | Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens |
Kurztitel: | Transfusionsgesetz |
Abkürzung: | TFG |
Art: | Bundesgesetz |
Geltungsbereich: | Bundesrepublik Deutschland |
Rechtsmaterie: | Verwaltungsrecht |
Fundstellennachweis: | 2121-52 |
Ursprüngliche Fassung vom: | 1. Juli 1998 (BGBl. I S. 1752) |
Inkrafttreten am: | 7. Juli 1998 |
Neubekanntmachung vom: | 28. August 2007 (BGBl. I S. 2169) |
Letzte Änderung durch: | Art. 11 G vom 19. Mai 2020 (BGBl. I S. 1018, 1034) |
Inkrafttreten der letzten Änderung: |
23. Mai 2020 (Art. 18 G vom 19. Mai 2020) |
GESTA: | M040 |
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten. |
Entstehung des Gesetzes
Im Jahre 1993 wurde im sogenannten "Blutskandal" bekannt, dass sich in den 1980er Jahren in Deutschland mehrere hundert Personen durch Bluttransfusionen mit dem HI-Virus infiziert hatten. Daraufhin entwickelte sich eine lebhafte Debatte über die Notwendigkeit einer genauen rechtlichen Regelung des Blutspendewesens mit umfassenden Kontrollpflichten, die schließlich im Erlass des ersten Transfusionsgesetzes im Jahre 1998 mündete.
Das Gesetz wurde im Jahre 2005 umfassend geändert, um europäische Vorgaben in das nationale Recht umzusetzen. So verlängern sich beispielsweise die Dokumentationspflichten von bisher fünfzehn auf nun dreißig Jahre.
Regelungsmaterie
Rahmenbedingungen für die Blutspende
Das Gesetz betont die Relevanz von Blutspenden für die Gemeinschaft. Aus diesem Grunde sollen sie laut § 3 Abs. 3 TFG "besonders vertrauensvoll und verantwortungsvoll" betreut werden. Die Spendeeinrichtungen müssen personell, baulich, räumlich und technisch ausreichend ausgestattet sein und sollen sich bei Bedarf gegenseitig unterstützen. Die jüngste Änderung des Gesetzes stellt zudem klar, dass bei der Durchführung der Blutspende eine approbierte ärztliche Person vorhanden sein muss, unter deren Verantwortung die Blutspende stattfindet (§ 4 Nr. 3 und § 7 Abs. 2 TPG). Selbstverständlich hat dies gemäß dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik zu erfolgen (§ 7 Abs. 1 TPG).
Aufklärung und Einwilligung
Die spendende Person muss gemäß § 6 TFG über Wesen, Bedeutung und Risiken der Spendeentnahme, der Untersuchung des gespendeten Blutes sowie die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten aufgeklärt werden und in diese einwilligen (Informierte Einwilligung). Die Einwilligung muss schriftlich erfolgen.
Spenderimmunisierung und Gewinnung von Blutstammzellen
Das TFG regelt in § 8 den Sonderfall der Spenderimmunisierung, der einerseits notwendig ist, um Hyperimmunplasma zu gewinnen, andererseits aber mit Risiken für den Spender verbunden ist. § 9 TFG regelt die Gewinnung von Blutbestandteilen wie Blutstammzellen oder Blutplasma. Beide Paragrafen verweisen auf die zuständigen Landesbehörden und sehen umfassende Kontroll- und Dokumentationspflichten vor. So wurde für Blutstammzellen ein eigenes Register beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information eingerichtet.
Aufwandsentschädigung
Gemäß § 10 TFG soll die Entnahme der Spende unentgeltlich erfolgen. Der spendenden Person darf aber eine Aufwandsentschädigung gezahlt werden, die sich an dem unmittelbaren Aufwand der jeweiligen Spendeart orientieren soll.
Dokumentation
Die Spendeeinrichtungen treffen gemäß § 11 TFG umfassende Dokumentationspflichten. Nach der Neuregelung tritt an die bisherige Verpflichtung, die Unterlagen über Blutspenden fünfzehn Jahre lang aufzubewahren, nun eine Frist von 30 Jahren. Diese Rückverfolgbarkeit ist z. B. bei schweren Nebenwirkungen wichtig.
Blutdepots sowie Anwendung, Lagerung und Transport
§ 11a stellt klar, dass die strengen Vorschriften des Transfusionsgesetzes nicht nur für Spendeeinrichtungen, sondern auch für Blutdepots gelten. Weitere Vorschriften betreffen die Anwendung von Blutprodukten (§ 13 TFG) und die genaue Dokumentation dieser Anwendung (§ 14 TFG). Auch der Transport und die Lagerung sowie die Entsorgung nicht angewendeter Blutprodukte (§ 17 TFG) sind genau geregelt.
Rückverfolgung
Für den Fall, dass ein Spender mit HIV, Hepatitis-Viren oder anderen Krankheitserregern infiziert ist, sieht § 19 TFG ein Verdachtprüfungs- und Rückverfolgungsverfahren vor. Infizierte Spenden sollen auf diese Weise möglichst schnell aus dem Verkehr gezogen werden können.
Weitere Vorschriften
Die weiteren Vorschriften des TFG betreffen ein koordiniertes Meldewesen, die Erhebung epidemiologischer Daten, einen Arbeitskreis von Sachverständigen (Arbeitskreis Blut), Mitteilungspflichten von Behörden und weitere Nebenbestimmungen.
Anwendbarkeit auf Eigenbluttherapie
Im Rahmen der Konkretisierung von § 28 TFG ist strittig, ob auch für die verschiedenen Varianten der Eigenbluttherapie das Transfusionsgesetz anwendbar ist.[1]
Kritik
Nach den Transfusionsrichtlinien der Bundesärztekammer, den Richtlinien für die Hämotherapie, die als „Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie) (RiliBÄK-Blut)“[2] im Einvernehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde, dem Paul-Ehrlich-Institut beschlossen wurde, kommen homo- und bisexuelle Männer neben Angehörigen anderer Risikogruppen (genannt werden ausdrücklich auch Drogenabhängige, männliche und weibliche Prostituierte sowie Häftlinge) als Blutspender nicht in Frage.[3] Diese Regelung trifft bei Homosexuellenverbänden auf Kritik, die darauf hinweisen, dass es diskriminierend ist, Homosexuellen grundsätzlich einen unreflektierten Lebenswandel und die billigende Gefährdung der Empfänger durch potentiell infektiöses Blut zu unterstellen. Mögliche Spender sollten daher nicht mehr nach ihrer sexuellen Orientierung, sondern der Häufigkeit wechselnder Sexualkontakte gefragt werden.[4]
Literatur
- H. Blaius: Der "Blutskandal". in: Deutsche Apothekerzeitung. 12/1999, S. 52–63.
- M. Böck: Novellierung des Transfusionsgesetzes: Konsequenzen für die praktische Arbeit. in: Bayerisches Ärzteblatt. 2005, S. 390–392.
- H.-D. Lippert, W.A. Flegel: Kommentar zum Transfusionsgesetz (TFG) und den Hämotherapie-Richtlinien. Berlin 2002.
- A. Preuß: Zum Ausschluß schwuler Männer von der Blutspende lt. Transfusionsgesetz vom 1. Juli 1998. Magisterarbeit. Leipzig 2003.
- M. Schmidt: Blut und Paragrafen. Neues vom Transfusionsgesetz. in: Deutsche Apothekerzeitung. 35/2005, S. 63–67.
- S. Schreiber: Das Transfusionsgesetz vom 1. Juli 1998: rechtliche Grundfragen. Jur. Diss., Göttingen 2000, Frankfurt am Main 2001.
- Reinhard Latza: Internationale Qualitätsstandards für humane Blutprodukte. Habilitationsschrift, Freie Universität Berlin 2006
Weblinks
Einzelnachweise
- Spickhoff, Medizinrecht, 3. Auflage 2018, § 28 TFG Rn. 3.
- Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie). Aufgestellt gemäß §§ 12a u. 18 Transfusionsgesetz von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut. Zweite Richtlinienanpassung 2010 in der vom Vorstand der Bundesärztekammer am 16. April 2010 verabschiedeten Fassung. Das Einvernehmen des Paul-Ehrlich-Instituts wurde am 4. Mai 2010 hergestellt.
- Bundesärztekammer.de (Memento vom 14. Dezember 2010 im Internet Archive) (PDF; 82 kB): Bundesärztekammer, Erläuterungen zum Blutspende-Ausschluss von Männern, die Sexualverkehr mit Männern haben (MSM).
- Böses Blut. In: Süddeutsche Zeitung. 23. Februar 2009, abgerufen am 19. September 2012.