The World Tomorrow
The World Tomorrow, auch The Julian Assange Show genannt, war eine 2012 von dem russischen Staatssender RT ausgestrahlte politische Talkshow. Sie bestand aus 26-minütigen Diskussionen, in denen der Gründer und Sprecher von WikiLeaks, Julian Assange, bekannte „Politiker, Revolutionäre, Intellektuelle, Künstler und Visionäre“ per Videokonferenz interviewte. Dieses Verfahren bot sich an, da sich Assange in England unter Hausarrest befand. Vor der Erstausstrahlung am 17. April 2012 wurden 12 Episoden im Voraus produziert. Die gesendeten Folgen sind im Internet verfügbar.[1]
Fernsehsendung | |
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Originaltitel | The World Tomorrow |
Produktionsland | Vereinigtes Königreich, Russland |
Originalsprache | Englisch |
Erscheinungsjahr | 2012 |
Produktions- unternehmen |
Quick Roll Productions Dartmouth Films |
Länge | 26 Minuten |
Episoden | 12 (davon 1 [Episode 8] als zweiteilige, ungeschnittene Version auf der Website verfügbar) in 1 Staffel |
Ausstrahlungs- turnus |
wöchentlich |
Genre | Talkshow (politisch; international) |
Titelmusik | M.I.A. |
Idee | Julian Assange |
Musik | M.I.A. |
Moderation | Julian Assange |
Erstausstrahlung | 17. April 2012 auf RT |
Als Begründung für die Erstausstrahlung seiner Sendung auf Russia Today erklärte Assange, dass er es bedauere, dass Al-Jazeera in einem Zielgebiet, den Vereinigten Staaten, im Gegensatz zu RT gezielt nicht angeboten wird und sich sonst kaum ein geeigneter Partner zwecks Ausstrahlung gefunden habe.[2]
Die Talkshow wurde von Assanges eigenem Unternehmen Quick Roll Productions in Zusammenarbeit mit Dartmouth Films produziert, die Musik stammte von der tamilisch-britischen Rapperin M.I.A.[1] Für die weitere Lizenzierung an andere Medien war Journeyman Pictures zuständig.[3]
Die Premiere der Sendung fiel mit dem fünfhundertsten Tag der finanziellen Blockade von WikiLeaks zusammen.[4] Sie ist in Englisch, Spanisch und Arabisch verfügbar,[5] spätere Folgen auch in italienischer und russischer Sprache.[6]
Liste der Einzelsendungen
Nr | Titel | Erstausstrahlung | Gäste | Ref. |
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1 | Nasrallah | 17. April 2012 | Hassan Nasrallah | [7] |
2 | Horowitz-Zizek | 24. April 2012 | Slavoj Žižek David Horowitz |
[8] |
3 | Marzouki | 1. Mai 2012 | Moncef Marzouki | [9] |
4 | Alaa-Nabeel | 8. Mai 2012 | Alaa Abd El-Fattah Nabeel Rajab |
[10] |
5 | Cageprisoners | 15. Mai 2012 | Moazzam Begg Asim Qureshi |
[11] |
6 | Correa | 22. Mai 2012 | Rafael Correa | [12] |
7 | Occupy | 29. Mai 2012 | David Graeber Marisa Holmes Alexa O'Brien Aaron Peters Naomi Colvin |
[13] |
8 | Cypherpunks 1 | 5. Juni 2012 | Andy Müller-Maguhn Jérémie Zimmermann Jacob Appelbaum |
[14] |
9 | Cypherpunks 2 | 12. Juni 2012 | Andy Müller-Maguhn Jérémie Zimmermann Jacob Appelbaum |
[15] |
10 | Khan | 19. Juni 2012 | Imran Khan | [16] |
11 | Chomsky-Ali | 26. Juni 2012 | Noam Chomsky Tariq Ali |
[17] |
12 | Anwar | 3. Juli 2012 | Anwar Ibrahim | [18] |
Gäste
Gast der ersten Episode war Hassan Nasrallah, der Generalsekretär der Hisbollah, von dem Interview wurde auch eine deutsche Synchronisation von Russia Today hergestellt.[19][20] Unter anderem bot Nasrallah im Verlauf des Gespräches seine Vermittlung im syrischen Bürgerkrieg an.[21]
In der zweiten Sendung traten der slowenische Intellektuelle Slavoj Žižek und der amerikanische Autor David Horowitz, zwei in ihren politischen Anschauungen recht unterschiedliche Personen, auf.[22] Die Diskussion verlief turbulent, aber auch humorvoll.[23]
Die dritte Episode wurde mit Moncef Marzouki, dem Interimspräsidenten von Tunesien, bestritten.[24] Themen der Sendung waren Menschenrechte und die Folter sowie die von beiden erwähnte Doppelmoral des Westens zu diesen Komplexen.[25]
Gäste der vierten Sendung waren zwei Aktivisten des Arabischen Frühlings: der ägyptische politische Blogger Alaa Abd el-Fattah und Nabeel Rajab, der Präsident des Bahrain Centre for Human Rights, einer NGO.[26] Nabeel Rajab war am Wochenende vor der Ausstrahlung in Bahrain festgenommen worden.[27]
Weitere Gäste waren der malaysische Politiker Anwar Ibrahim,[28] Noam Chomsky und Tariq Ali.[29] Assange bedauerte, dass es nicht möglich sei, Interviews mit Ai Weiwei, der Repressionen des chinesischen Staates befürchtet, und dem in Haft befindlichen Michail Chodorkowski zu führen.[30]
Rezeption
Der Journalist und Blogger Robert Mackey kritisierte in seinem Blog in der New York Times, dass Assange sich ausgerechnet zur Zusammenarbeit mit einem regierungsnahen russischen Sender entschlossen habe. In Russland seien innerhalb der letzten 20 Jahre 52 regierungskritische Journalisten ermordet worden, unter ihnen Anna Politkowskaja.[31] Assange verteidigte seine Entscheidung mit dem Argument, die „wichtigste politische Konfrontation“ von WikiLeaks sei die „mit dem Westen“ und daher sei die Wahl auf Russia Today als Stimme Russlands gefallen.[32]
In einem Artikel für den englischen Guardian beschrieb der Journalist Luke Harding Assange als „nützlichen Idioten“ der Moskauer Propaganda.[33] Glenn Greenwald bei Salon.com und Mark Adomanis beim Forbes Magazine lobten die Talkshow und wandten sich gegen deren Kritiker bei der New York Times und dem Guardian.[34][35] Assange selbst veröffentlichte auf der Website von WikiLeaks einen Text, in dem er die Kritik an seiner Person und der Talkshow parodiert.[36]
Sowohl in der F.A.Z.[30] als auch bei Spiegel Online[20] wurde kritisiert, Assange habe sich gegenüber seinem ersten Gesprächspartner, dem Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah, zu unkritisch verhalten.[37] Nach Darstellung von Ole Reißmann (Spiegel Online) war die Sendung an Absurdität kaum zu übertreffen und habe sich damit nahtlos in das RT-Gesamtprogramm eingereiht.[38] Das Interview führte weltweit zu Schlagzeilen, da Nasrallah westlichen Medien selten Interviews gibt.[39] Kommentatoren beschrieben die Themenwahl des Sendes als "coup"[40][41] oder "scoop".[42] In den USA wurde die Sendung 2013 auf dem New York Festival World's Best TV & Films mit der Silbermedaille ausgezeichnet.[43] Der Independent nannte RT eine zu Assange passende Plattform für scharfe Kritik an der amerikanischen Politik. RT habe Assange mehrfach interviewt und ihn gegen die Anschuldigungen aus Schweden verteidigt, die aus Sicht von RT politisch motiviert seien.[44]
Weblinks
- The World Tomorrow in der Internet Movie Database (englisch)
- Website bei WikiLeaks
- The World Tomorrow Website der Sendung
Einzelnachweise
- Der Standard am 15. April 2012: Julian Assange startet eigene Fernsehsendung. Abgerufen am 4. Mai 2012.
- The World Tomorrow - Pre-Show interview revealed. Abgerufen am 1. September 2012.
- The World Tomorrow bei WikiLeaks. Abgerufen am 4. Mai 2012.
- Russia Today am 13. April 2012: Assange show premiere: Time to watch 'The World Tomorrow'. Abgerufen am 4. Mai 2012 (englisch).
- Die Presse.com am 16. April 2012: Wikileaks-Gründer startet Talkshow-Reihe. Abgerufen am 4. Mai 2012.
- The World Tomorrow bei WikiLeaks. Abgerufen am 4. Mai 2012.
- Episode 1. WikiLeaks. Abgerufen am 4. Mai 2012.
- Episode 2. WikiLeaks. Abgerufen am 4. Mai 2012.
- Episode 3. WikiLeaks. Abgerufen am 4. Mai 2012.
- Episode 4. WikiLeaks. Abgerufen am 14. Mai 2012.
- Episode 5: Cageprisoners. WikiLeaks. Abgerufen am 19. Mai 2012.
- Episode 6: Correa. WikiLeaks. Abgerufen am 22. Mai 2012.
- Episode 7: Occupy. WikiLeaks. Abgerufen am 5. Juni 2012.
- Episode 8. WikiLeaks. Abgerufen am 7. Juni 2012.
- Episode 9. WikiLeaks. Abgerufen am 11. Juni 2012.
- Episode 10. WikiLeaks.
- Episode 11. WikiLeaks.
- Episode 12. WikiLeaks.
- Julian Assange's The World Tomorrow: Hassan Nasrallah RT 18.4. - Teil1
- Spiegel online am 17. April 2012: Talkshow im russischen TV. Julian Assange scheitert an Hisbollah-Chef. Abgerufen am 4. Mai 2012.
- BBC News online am 17, April 2012: Hassan Nasrallah, Hezbollah chief, offers Syria mediation. Abgerufen am 4. Mai 2012 (englisch).
- Gulli.com am 32. April 2012: The World Tomorrow: Zweite Folge mit zwei Gästen. Abgerufen am 4. Mai 2012.
- Digital Journal am 24. April 2012: Assange — 'The World Tomorrow' — Ep. 2: Zizek & Horowitz (Video). Abgerufen am 4. Mai 2012 (englisch).
- Tunisialive am 2. Mai 2012: Wikileaks’ Julian Assange Interviews Tunisian President Moncef Marzouki. Archiviert vom Original am 3. Mai 2012; abgerufen am 4. Mai 2012 (englisch).
- Digital Journal am 1. Mai 2012: 'The World Tomorrow' — Ep 3: Assange & Tunisian president (video). Abgerufen am 4. Mai 2012 (englisch).
- Digital Journal am 8. Mai 2012: 'The World Tomorrow' Ep 4. Rajab & El-Fattah: Arab Spring (video). Abgerufen am 8. Mai 2012 (englisch).
- Deutschlandradio am 6. Mai 2012: Bahrain: Bekannter Menschenrechtsaktivist festgenommen. Abgerufen am 8. Mai 2012.
- Brisbane Times am 14. April 2012: Assange set to release TV talk show. Abgerufen am 4. Mai 2012 (englisch).
- WikiLeaks über Twitter am 1. Februar 2012: Assange interviews Chomsky & Taraq Ali on Friday. What questions do you want him to ask? Abgerufen am 4. Mai 2012.
- FAZ online am 17. April 2012: Julian Assange geht auf Sendung. Obskurantentreff im russischen Fernsehen. Abgerufen am 4. Mai 2012.
- Robert Mackey in der New York Times am 13. April 2012: Assange TV, Presented by the Kremlin. Abgerufen am 4. Mai 2012 (englisch).
- Welt Online am 17. April 2012: "Unser wichtigster Gegner ist der Westen". Abgerufen am 4. Mai 2012.
- The Guardian am 17. April 2012:. Abgerufen am 4. Mai 2012.
- Greenwald in Salon.com am 18. April 2012: Attacks on RT and Assange reveal much about the critics. Abgerufen am 4. Mai 2012 (englisch).
- Mark Adomanis bei Forbes.com am 18. April 2012: Julian Assange's Debut on Russia Today - The Serious People Say it Was Really Bad! Abgerufen am 4. Mai 2012 (englisch).
- Julian Assange: Smear and Enjoy. Abgerufen am 4. Mai 2012.
- Piece #1 – The Julian Assange Show with Hassan Nasrallah. In: New York Festivals. Abgerufen am 14. April 2014.
- Ole Reißmann: Talkshow im russischen TV: Julian Assange scheitert an Hisbollah-Chef. In: Spiegel Online. 17. April 2012 (spiegel.de [abgerufen am 23. April 2019]).
- Jerome Taylor, Hello, Good Evening and Welcome to My Country House Prison: Assange Makes His Talk Show Debut, The Independent, 18 April 2012.
- Raphael Satter, Assange interviews Hezbollah leader in TV premiere, Associated Press via Denver Post, 17 April 2012.
- Assange chats with terrorist, Agence France-Presse, 18 April 2012.
- Mark Adomanis, Julian Assange's Debut on Russia Today - The Serious People Say it Was Really Bad!, Forbes, 18 April 2012.
- New York Festivals - 2013 World's Best Television & Films™ Winners. Abgerufen am 23. April 2019.
- "Working for a Kremlin channel does not seem like an obvious choice for Mr Assange, who has devoted his life to fighting governmental opacity, but Russia Today has made a name for itself as a strident critic of US policy." – Assange takes chat-show job with state-funded Russian TV, 2012