Tethys (Ozean)
Die Tethys, auch Tethysmeer, Tethyssee oder zur Unterscheidung vom Vorläufer Palaeotethys Neotethys genannt und vom Nachfolgemeer Paratethys zu unterscheiden, war in der Erdgeschichte ein Ozean (Weltmeer), der überwiegend im Mesozoikum und im älteren Känozoikum existierte. Sie verschwand zum größten Teil, als Afrika und Indien mit Eurasien kollidierten. Reste des Meeresbodens der Tethys finden sich nordwestlich von Australien, im östlichen Mittelmeer sowie im Schwarzen Meer.
Namensgebung
Der Name stammt aus der griechischen Mythologie. Dort ist Tethys die Schwester und Gemahlin des Titanen Okeanos. Eduard Suess schlug diesen Namen 1893 vor. Eine kurze Gasse bei Suess’ letztem Wohnhaus in Wien wurde daher anlässlich seines 100. Todestages Tethysgasse benannt.
Lage
Die Tethys war, wie ihr Vorläufer, die Palaeotethys, ein Ozean in einer riesigen Bucht im Osten des Superkontinents Pangaea. Ihre Ränder bildeten die heutigen Kontinente Asien, Europa, Afrika und Australien, wobei Indien kein Teil Asiens war, sondern sich am Südrand der Tethys befand. Dieser Ozean besaß entlang des Kontinentalrandes ausgedehnte flache Randmeere (Schelfe), insbesondere im europäischen Raum[1].
Entstehung und Entwicklung
Durch die Wanderung der sogenannten Kimmerischen Terrane vom Nordrand der Südostpangaeaa zum Südrand der Nordostpangaeaa entstand die Tethys über die Neotethys aus der Paläotethys. Während dieser Wanderung, die im Perm begann, öffnete sich an der Rückseite (südlich) der Terrankette die Neotethys, während die Paläotethys durch Subduktion am Südrand der Nordostpangaeaa schmaler wurde. Nach der Kollision der Kimmerischen Terrane mit Nordostpangaeaa an der Trias-Jura-Wende war die Bildung der Tethys abgeschlossen.
Mit dem Aufbrechen Pangaeas in Laurasia und Gondwana während des Jura (vor etwa 200–150 Mio. Jahren) weitete sich die Tethys nach Westen, und wo sich zuvor Flachwasserzonen oder gar Festland befunden hatte, entstanden nun Tiefseebecken. Im Laufe der Kreidezeit und des Tertiär schloss sich die Tethys zwischen den Resten Gondwanas – Afrika und Indien –, die gegen den Uhrzeigersinn nach Nordosten drifteten, und Eurasien, das im Uhrzeigersinn nach Süden und Südwesten trieb. Durch den Zusammenstoß von Afrika und Indien mit Eurasien entstanden die Alpidischen Ketten.
Die Meeresbecken des Mittelmeeres, des Schwarzen Meeres und des Kaspischen Meeres sind Überreste der Neotethys. Im Verlauf des Tertiärs teilten die sich in Südosteuropa und Vorderasien bildenden alpidischen Ketten die westliche Tethys zunehmend in einen nördlichen und einen südlichen Teil. Der nördliche Teil wird paläogeographisch als Paratethys bezeichnet und aus dem südlichen Teil ging das Mittelmeer hervor. Während die sogenannte westliche und zentrale Paratethys infolge der fortschreitenden Gebirgsbildung in Südosteuropa im Pliozän komplett verlandeten, ist die östliche Paratethys heute in Form des Schwarzen Meeres und des Kaspischen Meeres erhalten.
Weil sowohl der Teil Pangaeas, der heute Afrika ist, als auch der Teil, der heute Europa ist, deutlich weiter südlich lagen als Afrika und Europa heute und auch die durchschnittliche Welttemperatur höher war, herrschte im Bereich der Tethys ein überwiegend tropisches, im europäischen Bereich jedenfalls subtropisches Klima mit Korallenriffen und einer enormen Vielfalt weiterer Meerestiere.
Bedeutung
Aufgrund der Tatsache, dass zahlreiche Schelfregionen der Kontinente, welche die Tethys umgaben, später in Gebirgsbildungen einbezogen wurden, befinden sich die Sedimente dieser Schelfe heute in zahlreichen jungen Faltengebirgen in Europa und dem südlichen Asien. Dadurch sind sie leicht zugänglich für Geologen und Paläontologen und können u. a. Auskunft über das Leben in der Zeit ihrer Ablagerung geben.
So kann man aufgrund der Lebensspanne der Tethys vom Perm bis zum Tertiär in diesen Sedimenten die nach dem Massenaussterben am Ende des Perm einsetzende Entwicklung neuer Lebensformen gut nachvollziehen. Auch das am Ende der Kreidezeit beobachtete Massenaussterben ist in Tethyssedimenten dokumentiert.
Literatur
- Dorrik Stow: Vanished Ocean: How Tethys Reshaped the World. Oxford University Press (2012) ISBN 0-1992-1429-8
- H. Yin; J.M. Dickins; G.R. Shi; J. Tong (Hrsg.): Permian-Triassic Evolution of Tethys and Western Circum-Pacific. Elsevier Science (2000) ISBN 0-4445-3941-7
Siehe auch
Einzelnachweise
- TV-Doku: Fossilien in den Alpen: Das Urmeer Tethys, Quelle: Das Erste, ARD-Mediathek, W wie Wissen, 2. August 2017