Systemdenken (Systemtheorie)

Systemdenken i​st die kognitive Arbeit, d​ie dafür anfällt, e​ine weitgehend beliebige Art v​on Phänomen z​u untersuchen u​nd gegebenenfalls z​u erklären, i​ndem der Versuch unternommen wird, d​as besagte Phänomen i​n einem Systemmodell z​u erfassen: e​in komplexes Set v​on Wechselwirkungen, o​ft unter Einbeziehung v​on Subsystemen, a​lle innerhalb e​ines Systems, werden modelliert (oder a​ls Subsystem i​m Modell angedacht, jedoch w​egen Irrelevanz wegreduziert). Voraussetzung dafür ist, d​as das besagte Phänomen überhaupt modellierbar ist. Andererseits i​st es a​ber auch möglich, m​it dem fertigen Modell e​ines Phänomens z​u beginnen, o​der auch n​ur ein Teilmodell z​u erarbeiten, u​nd darauf Systemdenken anzuwenden. In besonderen Szenarien k​ann Systemdenken d​as Erfordernis beinhalten, logische, mathematische, technische o​der philosophische Paradigmen u​nd Rahmen z​u entwickeln, i​n denen physikalische, technologische, biologische, soziale, kognitive o​der metaphysische Phänomene systemisch analysiert u​nd ihr Systemverhalten z​u deuten u​nd zu erklären versucht w​ird (insbesondere dann, w​enn Modellwissen dafür n​och nicht ausgearbeitet z​ur Verfügung steht).

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Grundlegendes

Systemdenken i​n der Systemtheorie f​asst die typischen Sichtweisen e​ines Systemikers zusammen:

  • Systeme bestehen aus einer Vielzahl von Einheiten unterschiedlichster Art, die als Ganzes bestimmte Eigenschaften realisieren und aufrechterhalten.
  • Systemgrößen nicht als starr ansehen, sondern als sich ständig verändernde Größen. Auch Stabilität einer Größe wird nur durch irgendeine Aktivität erreicht.
  • In Prozessen denken, nicht in Zuständen. Neben schwarz-weiß- bzw. ja-nein-Qualitäten existieren viele analoge Größen. Manche sind analytisch nicht beschreibbar.
  • Systemgrößen existieren nur in Abhängigkeit, als Produkt von anderen Größen, die fördernd oder hemmend bezüglich dieser sind.
  • Regelkreise, Produktkreise, Wirkungskreise, Prozesskreisläufe produzieren wiederkehrend bestimmte Eigenschaften.
  • Ein System ist ein Gebilde mit Eigenheit, mit inneren Gesetzmäßigkeiten, die beachtet werden müssen; lebendige Systeme haben eigene Bedürfnisse, eigene Ziele.
  • Ein System ist ein organisatorisch zusammengehörender, von anderen Beobachtungsobjekten unterscheidbarer Sachverhalt, dessen innere Ordnung (= Struktur) durch seine Komponenten (= Elemente) und deren Beziehungen (= Relationen, nicht Kausalitäten) hervorgerufen wird.
  • Die Vielgestaltigkeit und Innergesetzlichkeit macht Vorhersagbarkeit nur bedingt möglich, feststellbar sind eher Makro-Eigenschaften, die über größere Bereiche (zeitlich, räumlich oder strukturell) festzustellen sind: z. B. Stabilität, Wahrscheinlichkeit, Mittelwerte, Qualität durch Quantität; die Vielgestaltigkeit und Innergesetzlichkeit erlaubt (folgerichtig) keine punktuelle oder mechanisch zu denkende Einflussmöglichkeit; stattdessen sind Handlungen sinnvoll wie Bereitstellung, Energie, Kommunikation, Lehren & Lernen, Austausch, Formung, Gestalt, ganzheitliche bzw. kombinierte Herangehensweise, Resonanz.
  • Alle Systemteile sind selbst Systeme (oft Subsysteme genannt), die einen Teil ihrer Selbst, ihrer Aktivität, ihrer Struktur, ihrer Energie in das betrachtete System einbringen (und aber auch Bereiche haben, deren Steuerung nur diesen selbst obliegt).
  • Jeder Systemteil ist meistens Teil mehrerer Systeme, in denen er unterschiedlichste Funktionen ausführt.

Reduktion von Komplexität

Klassische und fachliche Sichtweisen können als Mittel zur Reduktion von Komplexität in größeren Systemen angesehen werden; dazu gehören: einfache Mechanik, einfache Regeln, lineares und kategorisches Denken (die durchaus für Teillösungen in sehr kleinen Bereichen verwendet und ggf. auch auf andere Systeme übertragen werden). In vielen Fällen ist jedoch eine vielgestaltigere, dynamischere Sichtweise angebracht, ohne dabei jedoch Effektivitätsprinzipien zu vernachlässigen.

Unterscheidung von Innen- und Außenwelt, Wiederverwendung

  • Innen und Außen. Die Unterscheidung zwischen dem Systeminnern und der Außenwelt und die Beziehung zwischen beiden ist ein wesentlicher Punkt.
  • Wiederverwendung ist ein zentrales Werkzeug von Systemen zur Bildung von Energieüberschüssen.

Siehe auch

  • Systems Engineering – interdisziplinärer Ansatz, um komplexe technische Systeme in großen Projekten zu entwickeln und zu realisieren.
  • System Dynamics – Methodik zur ganzheitlichen Analyse und (Modell-)Simulation komplexer und dynamischer Systeme.
  • Umgestaltung sozialer Systeme – Systemdesign komplexer sozialer Systeme basiert auf dem Systemdenken.

Literatur

  • Peter Checkland: Systems Thinking, Systems Practice. Wiley, Chichester 1981. ISBN 0-471-27911-0.
  • Werner Furrer: System-Denken, eine Anleitung mit Übungen. 3. vollst. überarbeitete und erweiterte Aufl., Rüegger, Chur/Zürich 2002. ISBN 3-7253-0711-3
  • Harald Schaub: Simulation als Entscheidungshilfe: Systemisches Denken als Werkzeug zur Beherrschung von Komplexität. In: Stefan. Strohschneider (Hrsg.) Entscheiden in kritischen Situationen. (Schriftenreihe der Plattform Menschen in komplexen Arbeitswelten e.V.) Verlag für Polizeiwissenschaft Lorei, Frankfurt a. M. 2003, ISBN 3-935979-14-2, S. 55–79
  • Josef Schurz: Systemdenken in der Naturwissenschaft: von der Thermodynamik zur allgemeinen Systemtheorie. (Rubrik: Philosophie / Systemtheorie / Gesellschaft) (Reihe: Systemische Forschung im Carl-Auer-Verlag) C. Auer Verl., Heidelberg 2006, ISBN 978-3-89670-364-4.
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