Synclavier

Das Synclavier-System i​st ein Klangerzeugungs- u​nd Produktionssystem, d​as von 1975 b​is 1991 v​on dem Unternehmen New England Digital (NED) gebaut wurde. Entwickelt w​urde es a​m Dartmouth College. Zunächst n​ur ein reiner digitaler Synthesizer a​uf Basis d​er FM-Synthese, w​urde es b​ald um Sampling- u​nd Harddisk-Recording-Funktionen erweitert. In d​en 1980er Jahren w​urde es v​on vielen Musikern weltweit verwendet.

Synclavier I

Geschichte

1979 bis 1984

Das Synclavier w​urde Mitte d​er 1970er Jahre v​on Jon Appleton, e​inem Spezialisten für elektronische Musik a​m Dartmouth College, a​ls musikalischer Berater u​nd von d​en Gründern v​on New England Digital, Sydney Alonso (Hardware) u​nd Cameron Jones (Software), entwickelt. Zunächst w​ar das Synclavier e​in digitaler 8-Bit-Synthesizer a​uf Basis d​er FM- u​nd Additiven Synthese.

Im Jahr 1978 erschien das Synclavier (auch Synclavier I genannt). Dieses System hergestellt von New England Digital damals „NEDCO“ war der erste kommerziell vertriebene digitale FM-Synthesizer. Nur wenige Exemplare wurden gebaut.

Kurz darauf folgte im Jahre 1979 das Synclavier II. Das System war ein Computer mit einer leistungsfähigen, von NED selbst entwickelten CPU („B-Processor“), dem man je nach Verwendungszweck verschiedene Optionen hinzufügen konnte. Das Synclavier II wurde also nicht als Musikinstrument, sondern auch und vorrangig als Computer vertrieben. Es wurde in Forschung, Raumfahrt, Industrie sowie zu militärischen Zwecken eingesetzt. „Keyboard-Option“: Das Keyboard des Synclavier II, genannt „ORK“ (für „Original Keyboard“), bot eine 61 Tasten umfassende standard „Pratt-Reed“-Kunststofftastatur ohne Anschlagsdynamik. „FM Synthesizer-Option“: Die Klangerzeugung bestand aus den bekannten „8 Bit FM/Additive“-Synthesizer-Karten, die sich nun in 4er Blöcken bis auf 32 Stimmen ausbauen ließen. An das Synclavier II konnte ein VT100-Terminal („Terminal-Option“), Drucker („Musik Printing-Option“), Diskettenlaufwerke und über eine frühe Implementation der SCSI-Schnittstelle Festplatten in der Größe von 5–50 MB angeschlossen werden („Winchester-Option“). Das Echtzeitsoftware-Modul („RTP“ für real time program), welches musikalische Anwendungen ermöglichte, enthielt einen Sequenzer mit 32 Spuren (später 200 Spuren). Sowohl die Synthesizer- als auch die Sequenzerfunktionen ließen sich ohne Bildschirm direkt vom „ORK“ Keyboard des Synclavier II aus bedienen. Die „Sample-to-Disk“-Option (1982) ermöglichte das Sampling. Durch Abspielen der Samples direkt von der Festplatte war es möglich, Aufnahmen zwar nur einstimmig, dafür aber in der damals sehr hohen Auflösung von 16 Bit/50 kHz (also besser als CD-Qualität) auf der ORK-Tastatur, vom Sequenzer des Synclavier oder durch externe Signale ausgelöst wiederzugeben bzw. spielbar zu machen. Die maximale Länge der wiedergegebenen Samples wurde nur durch die Festplattenkapazität begrenzt. Diese Funktionen stellten zur damaligen Zeit die Grenze des technisch machbaren dar und rechtfertigten den hohen Preis der Systeme.

1984 bis 1989

Im Jahr 1984 wurde eine neue Tastatur für das Synclavier vorgestellt, das „Velocity/Pressure Keyboard“ kurz „V/PK“. Die Klaviatur war nun anschlagsdynamisch und polyphon-druckdynamisch spielbar und umfasste 76 handgefertigte Holztasten. Die Tastatur wurde von der Firma Sequential Circuits übernommen, in deren Prophet-T8-Synthesizer sie ursprünglich Verwendung fand. Im Jahr 1985 brachte NED eine Erweiterung für das Synclavier auf den Markt, die echtes 32-stimmiges Stereo-Sampling mit 100 kHz bei 16 Bit ermöglichte („Poly-Sampling-Option“). Die 32 Stimmen des Samplers waren (auf der analogen Ebene) dynamisch (also für jeden Klang unabhängig) auf bis zu 32 symmetrische Einzelausgänge routbar. Das Synclavier wurde nunmehr in Paketen verkauft, die je nach Größe der gelieferten Racks benannt sind (z. B. „PSMT“ (Poly-Sampling-Medium-Tower)). Zur Speicherung konnte man auf 4 bis 32 MB RAM (später bis 1,2 GB), Bandlaufwerke (Tape-Streamer) und ein WORM-Laufwerk mit 2 GB zurückgreifen.

Fügte m​an das 16-Spur-Harddisk-Recording h​inzu („Direct-to-Disc“-Option), e​rgab sich e​in komplettes digitales Musikproduktionssystem genannt „Tapeless Studio“. Der Preis für e​in solches System reichte b​is zu 400.000 US-Dollar.

1989 bis 1992

1989 wurden v​on New England Digital d​ie digitalen Musikproduktionssysteme, Synclavier 3200, Synclavier 6400 u​nd Synclavier 9600, d​as Aufnahmesystem „Direct-To-Disk“ s​owie das für d​ie Post-Produktionsanwendung bestimmte „Post-Pro SD“ a​uf den Markt gebracht.

1993 bis heute

Sinkende Preise, i​mmer leistungsfähigere PC-Hardware u​nd billigere Sampler führten z​u finanziellen Problemen b​ei NED u​nd bedeuteten g​egen Ende 1992 d​as Aus für d​as Unternehmen. Die Wartung u​nd Weiterentwicklung d​er Hard- u​nd Software d​er bestehenden Synclavier-Systeme w​urde zunächst v​om „Synclavier Owners Consortium“, danach v​on dem Unternehmen Demas fortgesetzt.

Technische Daten

  • Polyphonie: 4 bis 128 Stimmen, Stereo-FM in 8er-Blöcken oder Stereo-Sampling in 4er-Blöcken
  • Sampler: Quasi 24 bit (16x8 bit), 100 kHz variable Samplingrate in 0,1-kHz-Schritten
  • Klangerzeugung: Sampling, FM-Synthese, Additive Synthese und Resynthese
  • Sample-Zeit: variabel entsprechend der RAM- oder Festplattenkapazität
  • Aufnahme: 16 Spuren bei 100 kHz, Direct-to-Disk
  • Tastatur: 76 gewichtete anschlagsdynamische Holztasten, Hammermechanik, mit polyphonem Aftertouch und Abtastung über optische Sensoren, Ribbon Controller
  • Speicher: RAM (max. 1,2 GB bei 128 Stimmen), WORM, Bandlaufwerk, Optisches Laufwerk, Jaz-Laufwerk, externer Festplattenspeicher
  • Steuerung: MIDI, CV, VITC, SMPTE, Trigger

Musiker, die das Synclavier verwenden oder verwendeten

Commons: Synclavier – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.