Symphalangismus
Der Symphalangismus oder Symphangie (von altgriechisch σύν syn, deutsch ‚zusammen‘ und φάλαγξ phálanx, deutsch ‚Reihe‘) ist eine seltene (Ausnahme an der Kleinzehe) Fehlbildung mit angeborener oder erworbener Fusion von zwei benachbarten Phalangen.[1]
Klassifikation nach ICD-10 | |
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Q70.9 | Syndaktylie, nicht näher bezeichnet –
Symphalangie o.n.A. |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Im Gegensatz zur Syndaktylie, bei der die Trennung zwischen zwei Fingern oder Zehen fehlt oder unvollständig ist,[2] liegt bei der Symphalangie eine knöcherne Verschmelzung von zwei Phalangen eines Fingers oder einer Zehe vor, mit Fehlen des betroffenen proximalen oder distalen Finger- bzw. Zehengelenkes.[1]
Die Erstbeschreibung stammt aus dem Jahre 1900 durch Harvey Cushing.[3]
Verbreitung
Eine Symphalangie wird am häufigsten als anatomische Variante (Normvariante) an der Kleinzehe als Fusion von Mittel- und Endphalanx gefunden. Das Vorkommen wird hier mit 40–70 % der Bevölkerung angegeben.[4]
Häufig werden zusätzliche Fehlbildungen wie kürzere Mittelfuß- oder Mittelhandknochen oder karpale bzw. Tarsale Koalition gefunden.[4]
Es besteht eine Assoziation mit:[1][5]
- Apert-Syndrom
- Brachydaktylie in verschiedenen Formen
- Diastrophische Dysplasie
- Poland-Syndrom
Einteilung
Folgende Erkrankungen finden sich zu „Symphalangismus“ in den Datenbanken Orphanet bzw. OMIM:
- Sillence-Syndrom, Synonym: Symphalangismus-Brachydaktylie-Syndrom[6]
- Learman-Syndrom, Synonym: Symphalangismus mit multiplen Anomalien der Hände und Füße[7]
- Distaler Symphalangismus, Synonym: SYM2[8]
- Proximaler Symphalangismus, Synonym: Cushing-Symphalangie; Proximale Symphalangie Typ Cushing[9]
- Syndrom der multiplen Synostosen, Synonym Symphalangie – Brachydaktylie. Unter dieser Bezeichnung können das Sillence-Syndrom, der proximale Symphalangismus Typ 1A und 1B zusammengefasst werden
Ferner gibt es die
- Brachydaktylie Typ B, Synonym: Symphalangismus und Hypophalangie; apikale Dystrophie; Brachydaktylie mit Gelenkaplasie[12]
Klinische Erscheinungen
Klinische Kriterien sind:[5]
- Gelenksteifheit, Bewegungseinschränkung, fehlende Hautfalten über dem Gelenkaplasie
Häufig handelt es sich um einen Zufallsbefund im Röntgenbild
Je nach Ausmaß der Fusion kann zwischen fibröser, knorpeliger und knöcherner Symphalangie unterschieden werden.[13]
Literatur
- G. H. Baek, J. Kim, J. W. Park: Mobilization of Joints of the Hand with Symphalangism. In: Hand clinics. Band 33, Nummer 3, 08 2017, S. 551–560, doi:10.1016/j.hcl.2017.04.008, PMID 28673631 (Review).
- H. Chen: Symphalangism. In: Atlas of Genetic Diagnosis and Counseling. Springer, New York, NY, 2015 link.springer.com
- M. Letts, D. Davidson, P. Beaulé: Symphalangism in children. Case report and review of the literature. In: Clinical orthopaedics and related research. Nummer 366, September 1999, S. 178–185, PMID 10627733 (Review).
Einzelnachweise
- W. Schuster, D. Färber (Herausgeber): Kinderradiologie. Bildgebende Diagnostik. 2. Auflage. 1996, ISBN 3-540-60224-0, S. 111.
- F. Hefti: Kinderorthopädie in der Praxis. Springer 1998, ISBN 3-540-61480-X. S. 398
- H. Cushing: Hereditary Anchylosis of the Proximal Phalan-Geal Joints (Symphalangism). In: Genetics. Band 1, Nummer 1, Januar 1916, S. 90–106, PMID 17245852, PMC 1193655 (freier Volltext).
- T. Nakashima, T. Hojo, K. Suzuki, M. Ijichi: Symphalangism (two phalanges) in the digits of the Japanese foot. In: Annals of anatomy = Anatomischer Anzeiger: official organ of the Anatomische Gesellschaft. Band 177, Nummer 3, Mai 1995, S. 275–278, doi:10.1016/S0940-9602(11)80199-8, PMID 7598223.
- Radiopaedia
- Sillence-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
- Symphalangismus mit multiplen Anomalien der Hände und Füße. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
- Symphalangismus, distaler. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
- Symphalangismus, proximaler. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
- Symphalangism, proximal, 1A. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
- Symphalangism, proximal, 1B. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
- Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
- Epainassist