Suzanne Clauser (Übersetzerin)
Suzanne Clauser (geb. von Adler, * 1898 in Wien; † 1980 in Paris) war eine österreichische Übersetzerin, die vor allem durch ihre innige Freundschaft und Zusammenarbeit mit Arthur Schnitzler in Erinnerung bleibt.
Leben
Clauser war die Tochter des Bankiers Wilhelm Ritter von Adler (1863–1928), mit dem sie bis 1918 in Paris lebte. Neben ihrer Ehe mit Clauser und der Erziehung ihrer zwei Kinder betätigte sie sich als Autorin und autodidaktisch als Übersetzerin, ohne zunächst zu veröffentlichen. Anfang November 1929 schrieb sie einen Brief an Schnitzler, in dem sie den Autor bat, ihm die Übersetzung seiner Erzählung „Blumen“ vorstellen zu dürfen. Aus der Begegnung entstand eine Freundschaft und Arbeitsbeziehung, die bis zu Schnitzlers Tod im Jahr 1931 anhielt.[1]
Clauser übersetzte zunächst seine Novellen, die in französischen Zeitschrift Gringoire erschienen. 1930 übersetzte sie Die Schwestern oder Casanova in Spa (1919) und Im Spiel der Sommerlüfte (1929), außerdem die Erzählungen „Die Hirtenflöte“ und „Die griechische Tänzerin“. Der von ihr übersetzte Novellenband La Pénombre des âmes erschien beim Pariser Verlag Stock,[2] der Einakter Die letzten Masken in der Revue d’Allemagne.[3]
Die Tatsache, dass Suzanne Clauser seine Übersetzerin war, gab der Beziehung nach außen hin so etwas wie einen offiziellen Anstrich, und einmal veranstaltet Schnitzler sogar ein Abendessen mit den Clausers.[4] So sind die letzten drei Lebensjahre von der Beziehung zu seiner Übersetzerin geprägt, der ersten weitgehend glücklichen Liebe Schnitzlers seit dreißig, vierzig Jahren.[5]
In Paris agierte Clauser auch als Schnitzlers Agentin bei Verhandlungen mit dortigen Verlegern und Theaterleuten.[6] Kurz vor Schnitzlers Tod übertrug sie noch die Novelle Flucht in die Finsternis; sie erschien unter dem Titel L'appel des ténèbres als Vorabdruck in La revue de France 1932.[7] In seinem Testament übertrug Schnitzler (in einem noch kurz vor seinem Tod hinzugefügten Teil) Suzanne Clauser das Exklusivrecht für die französischen Übersetzungen. In späteren Jahren veröffentlichte sie diese unter dem Pseudonym Dominique Auclère.[8]
Clausers Übersetzungen zeichnen sich generell durch einen sehr „freien Stil“ aus, schrieb Julia Rotter (2015). „Sie sind stark am französischen Publikum orientiert. Oft verändert sie die Syntax, fügt zusätzliche Erklärungen ein oder lässt teils sogar Passagen, die „unverständlich für das französische Publikum“ seien, aus. Diese Interventionen häufen sich in den Übersetzungen, die nach 1931 unter ihrem Pseudonym Dominique Auclères erschienen.“[9]
Suzanne Clauser war die wichtigste Vertraute des Schriftstellers in seinen letzten Jahren;[10] in seinen Tagebüchern hat Schnitzler seine „verworrenen erotischen Beziehungen“ in den letzten Lebensjahren dargestellt. Während ihn die schwierige Beziehung zu Clara Katharina Pollaczek (die ihn mit ihren Eifersuchtsszenen zur Verzweiflung brachte) depressiv gestimmt hat, war die Beziehung zu Suzanne Clauser ein „Lichtblick“, der ihn ein letztes Mal beflügelte.[11]
Schnitzlers Korrespondenz mit Suzanne Clauser wurde bei S. Fischer in dem Band Briefe 1913–1931 veröffentlicht.[12]
Publikationen (Auswahl)
Übersetzungen
- Der Ehrentag (L’apothéose, 1929)
- Ein Abschied (L’adieu 1930)
- Die letzten Masken (Les derniers masques, 1930)
- Die griechische Tänzerin (La danseuse grecque, 1930)
- Die Fremde (L’etrangere, 1930)
- Die Weissagung (La prédiction, 1931)
- Reigen (La ronde, 1931)
- Leutnant Gustl (Le lieutenant Gustel, 1932)
- Flucht in die Finsternis (L'appel des ténèbres; 1932)
- Die Hirtenflöte (La flûte dupâtre, 1932)
- Liebelei (Amourette, 1933)
Literatur
- Giuseppe Farese: Arthur Schnitzler. Ein Leben in Wien 1862–1931. C. H. Beck, München 1999, ISBN 3-406-45292-2.
- Dietmar Grieser: Das späte Glück: Große Lieben großer Künstler. Amalthea 2003
Weblinks
- Ulrich Weinzierl: In den 5. Akt gehören solche Dinge nicht. Die Welt, 6. Januar 2001, abgerufen am 1. August 2020 (englisch).
- Ulrich Weinzierl: Jede Nacht ein tiefrer Abgrund: Abschiedsreigen: Arthur Schnitzlers späte Tagebüche. FAZ, 19. Februar 1998, abgerufen am 1. August 2020 (englisch).
- Arthur Schnitzler und Suzanne Clauser (Fotografie) im Bildarchiv Austria
Einzelnachweise
- Fares, S. 310
- Farese, S. 319.
- Farese, S. 325.
- Renate Wagner: Wie ein weites Land: Arthur Schnitzler und seine Zeit. Amalthea, 2006
- Joachim Moras, Hans Paeschke (Hrsg.): Merkur: deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Band 56, Ausgaben 633–638. Deutsche Verlags-Anstalt., 2002
- Anmerkungen in Träume: Das Traumtagebuch 1875-1931 von Arthur Schnitzler
- Arthur Schnitzler, herausgegeben von Jacques Le Rider. 1994, S. 128
- Farese, S. 334.
- Julia Rotter: „Dich hau' ich zu Krenfleisch!“ – Österreichische Literatur in französischer Übersetzung – Eine exemplarische Übersetzungsanalyse von Arthur Schnitzlers Novelle Leutnant Gustl bei Murray Hall
- Volker Hage: Volker Hage: Des Lebens fünfter Akt. SWR 2, 28. Oktober 2018, abgerufen am 1. August 2020 (englisch).
- Arthur Schnitzler: Tagebuch 1931. In: Tagebücher 1879–1931, Band 10. Österreichische Akademie der Wissenschaften Verlag, Wien 2000. ISBN 978-3-7001-2121-3.
- Schnitzler: Briefe 1913-1931 bei S. Fischer Verlag