St. Thaddäus (Augsburg-Kriegshaber)
Die katholische Pfarrkirche[1] St. Thaddäus befindet sich an der Ecke Reinöhl-/Ulmer Straße im Augsburger Stadtteil Kriegshaber (Neukriegshaber) am Bahnhof Augsburg-Oberhausen gegenüber von Keller & Knappich.
Die Kriegshaberer Kirche St. Thaddäus gehört zum Dekanat Augsburg II. Seit dem Jahr 2005 bildet sie zusammen mit der Kirche Heiligste Dreifaltigkeit die Pfarreiengemeinschaft Augsburg-Kriegshaber.[2]
Geschichte
1936 wurde Stadtkaplan Alois Vogg von St. Ulrich und Afra als Expositus von St. Thaddäus zum Seelsorger ernannt. Im gleichen Jahr wurde die Notkirche an der Tunnelstraße geweiht und ein erster Gottesdienst gefeiert. Im November wurde die Expositur St. Thaddäus zur selbstständigen Seelsorgegemeinde. 1938 erhielt der Architekt Thomas Wechs sen. in einem Kirchenbau-Wettbewerb den Kirchenbau-Auftrag. Am 8. März 1939 begann der Bau von St. Thaddäus nahe der damaligen Somme-Kaserne; am 19. Juli 1942 wurde die Unterkirche geweiht. Am 17. Oktober 1948 erfolgte die Kirchenweihe von St. Thaddäus durch Bischof Joseph Kumpfmüller.
In den nächsten Jahren folgten der Einbau der Orgel (1951) und des Taufbeckens, die Fertigstellung der Turmkapelle und des Glockenturmes, der Kreuzweg und die Vollendung der Innenausstattung. 1977 begann die Außenrenovierung, 1981 folgte die Innenrenovierung mit Installation des Glasfensterzyklus.
Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.
Beschreibung
Sie ist eine neun Achsen lange, geostete Saalkirche. Im Westen befindet sich eine Doppelturmfassade, deren nördlicher, 45 Meter hoher Turm die Uhr und das Geläut beherbergt. Im Osten endet der Kirchenraum in einen oktogonalen Chorraum, der sich turmartig über das Kirchenschiff erhebt. Die schwierigen äußeren Umstände der Nachkriegszeit spiegeln sich in der zurückhaltenden Gestaltung der Kirche wider. Der Architekt Thomas Wechs setzte stattdessen auf wirksame äußere Formen. Die Decke besteht aus schlichten Fichtenbrettern und bildet über der Mitte des Kirchenschiffes ein leichtes Tonnengewölbe. Im Kirchenboden sind Solnhofener Platten im römischen Verbund verlegt. Die Kirche ist seitlich durch Mauerblendwerk in Arkadenform gegliedert. Die Arkaden laufen in große Rundbogenfenster aus, die viel Licht in den Kirchenraum strömen lassen. Besonders beeindruckend ist das Raumerlebnis, da der Besucher die Kirche durch die niedrige, gewölbte Vorhalle betritt und sich der Kirchenraum vor dem Besucher öffnet. Der Blick fällt auf den achteckigen Altarraum, der durch zwei Rundbögen vom Schiff getrennt ist. Von der Vorhalle aus gelangt man durch eine Glastüre in die Turmkapelle.
Turmkapelle
Hinter einer zweiflügeligen Glastür befindet sich die 1953 fertiggestellte oktogone Turmkapelle. In den Ecken ragen pfeilerartige Mauervorsprünge hervor, die an der Decke in eine kuppelähnliche Auswölbung einmünden. Wände und Decke bestehen aus Sichtziegelwerk. Zwölf große Kerzen auf mattschwarz lackierten Metallschalen schmücken die Kapelle. Licht dringt durch vier kleine, farbige Rundbogenfenster in den stillen Raum. Der Fußboden ist mit Kleinpflaster-Mosaik von dunklen Basaltsteinen und drei konzentrisch angeordneten Kreisen aus hellem Jurakalk ausgelegt.
In das Mauerwerk über dem Altar eingelassen befindet sich ein Mosaik-Kruzifix von Elisabeth Hoffmann-Lacher aus München. Auf dem Altar ruht ein schwerer Tabernakel aus Stahl. Er trägt die Inschrift: „Wer dieses Brot isst, wird ewig leben.“ Die Schriftentwürfe für die Tabernakeltüren und die Altarsteinplatten stammen von Prof. Lisa Beck aus der Pfarrei St.Thaddäus. Die drei Marmorplatten am Altarsockel sind abnehmbar. Die dahinter befindliche Nische wird alljährlich in der Karwoche zum Heiligen Grab ausgestaltet.
Auf einem kleinen Tisch an der westlichen Seitenwand der Kapelle liegt das „Totenbuch der Pfarrei St.Thaddäus Augsburg-Neukriegshaber“, in dem alle Verstorbenen der Pfarrei seit der Gründung 1936 aufgelistet sind. Am 2. Mai 1999 wurde der neue Volksaltar geweiht. Ein Ambo folgte im Frühjahr 2001. Im Dezember 2001 konnte die Ausstattung durch eine geschnitzte Madonna von Schwester Bernardine Weber CJ aus München-Nymphenburg ergänzt werden. Da die Turmkapelle nicht beheizbar ist, finden nur im Sommerhalbjahr zwischen Ostern und Allerheiligen die Werktagsmessen hier statt.
Geläut
Die sechs Glocken der Pfarrkirche St. Thaddäus wurden 1956 von Glockengießermeister Friedrich Wilhelm Schilling in Heidelberg gegossen. Am 14. Oktober 1956 wurden sie von Abt Johannes Ruhland OSB (St. Stephan, Augsburg) geweiht. Im Pfarrbrief zum Advent 1956 schrieb Geistlicher Rat Vogg: „Unsere Gemeinde hat ein Geläut erhalten, das eine Klangfülle voller feierlicher Würde und innerer Wärme verströmt und in seiner strengen Melodie eine Reihe liturgischer Motive birgt (Te Deum, Gloria, Präfation, Pater noster, Pange lingua u. a.)“ Die Schriftbänder und die Motive der Glocken entwarf Prof. Lisa Beck.
Die St.-Ulrich-Glocke wiegt 2425 kg, Höhe und Durchmesser 152 cm, und ist auf den Ton c’ abgestimmt. Sie läutet an den Hochfesten und an sonstigen großen Feiertagen, wie zum Beispiel bei der Erstkommunion oder Firmung. Ihr Glockenbild zeigt den heiligen Ulrich zu Pferd, der um den Sieg bittet. Die Glockeninschrift lautet: „Streiter in Not, Helfer bei Gott, Bischof und Held, bitte für uns, St. Ulrich!“
Die St.-Thaddäus-Glocke wiegt 1620 kg, Höhe und Durchmesser 135 cm, und ist auf den Ton d’ abgestimmt. Sie ist die Ruferin an Sonntagen und sonstigen Festtagen und läutet zu Hochzeiten. Ihr Glockenbild zeigt St. Thaddäus mit der Keule. Sie trägt die Inschrift: „Geliebte! Baut euch auf eurem hochheiligen Glauben auf und bewahret euch in der Liebe Gottes!“
Die Muttergottes-Glocke wiegt 1050 kg, Höhe und Durchmesser 112 cm, und ist auf den Ton f’ abgestimmt. Sie trägt den Zusatznamen „Angelus-Glocke“. Sie erklingt beim täglichen 12-Uhr-Läuten sowie an Sonn- und Feiertagen zusammen mit den anderen „Festtagsglocken“. Das Glockenbild ist eine Schutzmantelmadonna. Ihre Inschrift lautet: „Maria, breit den Mantel aus …“ (1. Strophe).
Die Papst-Pius-X-Glocke wiegt 725 kg, Höhe und Durchmesser 100 cm, und ist auf den Ton g’ abgestimmt. Sie ist dem einzigen heiliggesprochenen Papst des 20. Jahrhunderts geweiht. Er lebte von 1835 bis 1914 und wurde schon 1954 heiliggesprochen. Diese Glocke ruft zu den Werktagsmessen. Ihr Glockenbild zeigt Bibel und Kelch. Als Inschrift: „Ihr Erlösten, kommt zum heiligen Werke Christi!“
Die Schutzengel-Glocke wiegt 600 kg, Höhe und Durchmesser 95 cm, und ist auf den Ton a’ abgestimmt. Als Taufglocke läutet sie zu jeder Taufe. Als Glockenbild zeigt sie Hirt und Herde. Ihre Inschrift lautet: „Mögen Hirt und Herde lebendige Glocken Gottes sein!“
Die St.-Michael-Glocke wiegt 500 kg, Höhe und Durchmesser 90 cm, und ist auf den Ton b’ abgestimmt. Als „Armeseelenglocke“ läutet sie zum Requiem. Ihr Glockenbild zeigt eine Seelen-Waage. Die Glockeninschrift lautet: „St. Michael, Fürst der Engel, Schirmer der Kirche, geleite die Seelen der Toten in das hl. Licht Gottes!“
Moderner Glasfensterzyklus
Mit seinem 1981 vollendeten siebenteiligen Glasfensterzyklus verlieh Prof. Georg Bernhard aus Kriegshaber der Apsis der St.-Thaddäus-Kirche eine starke künstlerische Aufwertung. Die Fenster dämpfen in ihrer farblichen Abstimmung das einfließende Licht und verleihen dem Raum eine besinnliche Stimmung. Die Apsis selbst ist im Grundriss neuneckig, allerdings fallen durch die Öffnungen zum Kirchenschiff hin zwei Segmente heraus.
Die Motive der Fenster von links nach rechts:
Die Taube als Vogel des Friedens nach der Sintflut im tiefen Blau der Lüfte – das Element der Luft.
Die Gesetzestafeln und das Auge Gottes. Der brennende Dornbusch des Moses als Element des Feuers.
Himmel und Erde; symbolisiert durch das vegetative Element auf der Erde verbunden mit den Kräften des Himmels.
Das Bild vom Lamm im Himmlischen Jerusalem nimmt eine zentrale Stellung im Fensterzyklus ein. In der Offenbarung des Johannes 23,2 ist zu lesen: „Und die heilige Stadt, das neue Jerusalem, sah ich herabsteigen aus dem Himmel von Gott her.“ Ein Rot-Akkord von Ocker und Siena bis hin zu Ochsenblut und Altrosa. Im oberen Auszug des Bildes sind die vier Winde dargestellt, die vier Paradiesströme (Pischon, Gihon, Tigris, Euphrat), hinweisend auf die vier Evangelisten.
Für das Element Erde erscheint der Spruch Christi von der falschen und rechten Sorge im Lukasevangelium 12,24: „… Sie säen nicht und ernten nicht, sie haben keinen Speicher und keine Scheune; denn Gott ernährt sie. Wie viel mehr seid ihr wert als die Vögel!“
Hirsche streben zur Quelle – das Element Wasser. Im Psalm 42 heißt es im zweiten Vers: „Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so lechzt meine Seele, Gott, nach dir. Meine Seele dürstet nach dem lebendigen Gott …“
Eine Zusammenschau der vier Elemente. Vom Künstler als schmückende Darstellung gestaltet.
Frühgotisches Hängekreuz
Das 1982 angeschaffte Kruzifix aus dem 14. Jahrhundert mit spanischen Gestaltungselementen beherrscht als Hängekreuz den Raum über dem Altar der Pfarrkirche und ist zugleich deren wertvollstes Kunstwerk. Das Kreuz stammt aus der Privatsammlung des Kunstliebhabers Dekan Georg Winterholler aus Dießen. Ursprünglich war das Kreuz an der Verbindungsstelle zwischen Korpus und Unterarmen mit einem beweglichen Mechanismus ausgestattet, denn am Karfreitag wurde Christus vom Kreuz genommen und in das Heilige Grab gelegt. Damit die Arme dabei seitlich angelegt werden konnten, mussten sie beweglich sein. Die Anweisung für eine derartige Karfreitagsliturgie ist z. B. aus dem Benediktinerkloster Prüfening bei Regensburg um das Jahr 1489 in schriftlicher Form überliefert. Anstelle des schwarzen und etwas zu kleinen Kreuzbalkens erhielt das Kreuz nach einer Idee von Prof. Erhard Hößle 1985 einen helleren und größeren Kreuzbaum. Dies entspricht der Auffassung der Frühgotik, die den Kreuzbaum als Lebensbaum sah, aus dem Knospen des immerwährenden Heils sprießen. Die Arbeit stammt von der Tochter Prof. Hößles, der Bildhauerin Sophia Hößle. Der Balken aus Fichtenholz entstammt einem 400 Jahre alten Getreidespeicher.
Orgel
Die Orgel der St. Thaddäuskirche wurde gründlich erneuert und im Frühjahr 1984 wieder geweiht. Sie hat mit der 1951 errichteten ersten Orgel der Kirche kaum noch Gemeinsamkeiten. Renovierung und Erweiterung der störanfälligen alten Orgel sind zum Großteil dem Engagement von Jochen Capelle zu verdanken. Über die wechselvolle Baugeschichte der St.-Thaddäus-Orgel schreibt er in einem Aufsatz u. a.: „Die 1951 von der Firma Zeilhuber in Altstädten aufgestellte Orgel hatte 30 klingende Register, die auf zwei Manuale und Pedal verteilt werden. (…) Im Jahre 1980 wurde mit dem Orgelsachverständigen der Diözese Augsburg, Prof. Anton Göttler, eine Disposition für eine Orgel erarbeitet, die den Größenverhältnissen der Thaddäuskirche entsprach. Auf der Basis dieser Disposition wurde dann nach der Kirchenrenovierung im Jahre 1981 zielstrebig der Ausbau der Orgel vorangetrieben. Als erstes konnte das zweite Manual mit acht Registern ausgebaut werden. Die Firma Max Offner hat es verstanden, die Neuerungen mit dem alten brauchbaren Material so zu verbinden, dass sich ein harmonisches Klangbild ergab. Die Tatsache, dass inzwischen international bekannte Organisten für Konzerte in unserer Kirche gewonnen werden konnten, bestätigt das gute Gelingen dieses Ausbaus. Nach Aussage von Fachleuten hat unsere heutige Orgel einen guten Klangcharakter und gehört in dieser Hinsicht zu den besten im weiten Umkreis.“
Die Firma Schmid aus Kaufbeuren renovierte von Sommer 1992 bis Februar 1993 die Orgel. Heute kümmert sich die Firma Orgelbau Andreas Offner aus Kissing um den Erhalt des Instruments, die 2014 einen neuen Spieltisch eingebaut hat.
Dank einer Spende von sehr gut erhaltenen Holz- und Metallpfeifen sowie einer Windlade mit Orgelmotor und weiteren finanziellen Spenden aus der Pfarrei konnte im Herbst 2015 die Idee einer Fernorgel im Hochchor der Pfarrkirche verwirklicht werden, die Orgelbaumeister Andreas Offner und Organist Werner Zuber gemeinsam entwickelten. Das Orgel-Fernwerk wurde im Dachboden des Pfarrhauses an der Südmauer der Apsis installiert; die Klangabstrahlung erfolgt durch ein Fenster, das der Architekt Thomas Wechs sen. schon beim Kirchenbau einsetzen ließ. So wird dieses Fernwerk wohl einmalig in Augsburg außerhalb des Kirchenraumes über eine Schallöffnung den Kirchenraum „zum Klingen bringen“.
Die an dem Instrument beteiligten Orgelbauer mit den jeweiligen Ausbaustufen des Instruments waren: 1951, Orgelbau Zeilhuber (II/P/30); 1984, Orgelbau Offner (III/P/44);
2014, Orgelbau Andreas Offner (neuer Spieltisch); 2015, Fernwerk im Hochchor, Orgelbau Andreas Offner (Martin Geßner, Intonation); 2021 konnte Dank großzügiger Spenden für das Pedalwerk eine englische Contra-Bombarde 32′ durch Orgelbau Andreas Offner realisiert werden (Lutger Wiemers, Intonation).
Die heutige Thaddäusorgel verfügt über 52 Register, die auf drei Manuale und Pedal verteilt sind. Die Disposition lautet wie folgt:
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- Koppeln:
- Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
- Suboktavkoppeln: I/I, II/I, II/II, III/I, III/II, III/III
- Superoktavkoppeln: I/I, II/I, III/I, III/III, III/III, III/P
- Fernwerk an I, II, III (als Schwellwerk im Dachboden/Apsis), Pedalquintkoppel
- Spielhilfen: Elektronische Setzeranlage mit 10000 Kombinationen, Campanelle (Glockenspiel) an I, II, III, Zimbelstern, Crescendotritt
Weblinks
Einzelnachweise
- Bistum Augsburg
- Über uns — Website. In: pg-kriegshaber.de. Abgerufen am 16. Januar 2018 (englisch).